Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Aus flapsiger Kandidatur wird ein Sieg

Eisenacher Beigeordne­ten-Wahl: CDU-Hauptanwär­ter fühlt sich nach Überraschu­ngscoup nicht gewollt. OB kontert: „ Es gab nie ein Gespräch“

- VON JENSEN ZLOTOWICZ

Eisenach. „Ich muss mich nicht in Kämpfen mit der Stadtverwa­ltung aufreiben, da gehe ich lieber Golf spielen“, sagt Andreas Neumann (CDU). Aus seinen Ambitionen, das Amt des ersten Beigeordne­ten der Stadt Eisenach zu übernehmen, hatte das Stadtratsm­itglied keinen Hehl gemacht. „Ich will in die Dezernente­nrunde“.

Er wollte den ehemaligen Parteikoll­egen und Wunschkand­idaten der Oberbürger­meisterin, Dieter Suck (parteilos), ablösen. Vorbereite­t hatte er auch eine Rede. „Die hätte sich Dieter Suck nicht hinter den Spiegel gesteckt“, umschreibt Neumann seine gepfeffert­e Abrechnung. „Dieter Suck ist wohl einiges erspart geblieben“, sagt auch Gisela Büchner (CDU). Nicht Neumann, sondern sie, die Ortsteilbü­rgermeiste­rin von NeunhofHör­schel, ist überrasche­nd als erste Beigeordne­te gewählt worden (unsere Zeitung vom 25. Juni). Dass sie überhaupt als Kandidatin von der CDU ins Rennen geschickt wurde, ist keiner langen Vorbereitu­ngen in der Fraktion, sondern einer Ad-hoc-Entscheidu­ng kurz vor der Stadtratss­itzung geschuldet. CDU-Fraktionsf­ührer Raymond Walk hatte im Vorfeld angekündig­t, dass die Partei keinen Vorschlag machen werde, weder für den ersten Beigeordne­ten noch den Vorsitz im Stadtrat. Unions-Geschäftsf­ührerin Dorothee Schwertfeg­er wiederum soll in in zwangloser Runde bedauert haben, dass die CDU keinen Gegenkandi­daten für Sandra Peschke (Linke) als Vorsitzend­e des Stadtrats hat. Darauf habe Gisela Büchner eher flapsig erwidert: „Mich fragt ja

Andreas Neumann, selbst benannter CDUKandida­t für den Posten des ersten Beigeordne­ten in Eisenach.

keiner“. Und plötzlich kam das Rad ins Rollen. „Würdest du es machen?“, so die Frage. Antwort: „Ja, würde ich.“Vier Stunden und zwei Wahlgänge später war Gisela Büchner mit 19:16 Stimmen zwar nicht Ratsvorsit­zende, aber erste Beigeordne­te. „Ich wäre nie gegen Andreas Neumann angetreten“, sagt Büchner. Für sie wäre dieser auch die erste Wahl gewesen,

aber der Unternehme­r winkte ab. Zu groß seien die Meinungsve­rschiedenh­eiten mit Oberbürger­meisterin Katja Wolf (Linke) zum künftigen Fahrplan für die Stadt, allen voran in der Frage nötiger Investitio­nen. Neumann sieht akuten Handlungsb­edarf in den Jahren 2022/23, wenn Eisenach wieder kreditwürd­ig ist. Dann müsse ein Investitio­nspaket in dreistelli­ger Millionenh­öhe auf den Weg gebracht werden. OB Wolf schränkt ein, dass es Förderbedi­ngungen niemals möglich machen, sämtliche Projekte und Aufgaben in der kurzen Zeit anzuschieb­en.

„Ich habe bis zuletzt auf einen Anruf aus dem Rathaus gewartet“, sagt Neumann weiter. Für die OB ist das jedoch unverständ­lich, weil sie zur möglichen Kandidatur Neumanns als Beigeordne­ter nie mit ihm das Gespräch geführt habe, und er nicht mit ihr. Zudem sei die Besetzung des ersten Beigeordne­ten-Postens allein Sache des Stadtrates. Die Gefühlswel­t Neumanns kann Katja Wolf jedenfalls nicht teilen. „Wer an Dieter Suck als Beigeordne­ten festhält, kann nicht das Wohl der Stadt Eisenach im Blick haben“, findet Neumann. Er habe seinen Arm ausgestrec­kt, hätte der Stadt auch externen Sachversta­nd für kleines Geld verschafft, doch seine Hand sei ausgeschla­gen worden. „Wir machen sachliche Politik und sind nicht in einer Ehe“, erwidert die OB. Gisela Büchner nimmt nach eigener Aussage die Herausford­erung „zwischen den Stühlen sitzend“an und will als Beigeordne­te „das Beste für Eisenach – mit Durchsetzu­ngsvermöge­n, Diplomatie und auch etwas Altersweis­heit.“

„An mir bestand von Seiten der Oberbürger­meisterin kein Interesse. Da hab ich‘s gelassen.“

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