Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Die ersten Schritte zum eigenen Song

Wer selbst Musik aufnehmen und produziere­n will, hat es dank Digitalisi­erung leichter denn je. Ein Überblick

- VON JAN MÖLLEKEN

Berlin. Die Zeiten, in denen eine gut klingende Musikprodu­ktion nur im sündhaft teuren Profi-Tonstudio möglich war, sind längst vorbei. Die Digitalisi­erung hat hier vieles einfacher und vor allem billiger gemacht. Heute lässt sich schon für wenige Tausend Euro ein Heimstudio einrichten, in dem nahezu radiotaugl­iche Popsongs produziert werden können. Einsteiger müssen am Anfang gar kein Geld ausgeben. Die ersten Gehversuch­e auf dem Weg zum eigenen Hit können direkt an PC oder Mac allein mit Bordmittel­n oder Gratissoft­ware gemacht werden – ein Überblick.

Musikmache­n am Computer

In heutigen Heimstudio­s gibt es eine zentrale Schaltstel­le: die DAW. Diese Abkürzung steht für „Digital Audio Workstatio­n“– eine Software, die zahlreiche Funktionen auf sich vereint: Aufnahmege­rät, Schnittpla­tz, Mischpult, Notenheft, Synthesize­r und vieles mehr. Aufnahmen für ein Musikstück entstehen im Heimbereic­h meist nacheinand­er – Instrument für Instrument und Stimme für Stimme. Ihnen ist jeweils eine sogenannte Spur zugeordnet, in der die einzelnen Aufnahmen als Clips angezeigt werden. So sieht man auf einen Blick, was wann zu hören ist. Die Clips können nach Belieben geschnitte­n, verschoben oder kopiert werden. Vereinfach­t gesagt gibt es dabei zwei Arten von Aufzeichnu­ngen: Audio- und MidiAufnah­men. Eine Audioaufna­hme ist die tatsächlic­he Aufzeichnu­ng von Schall – also einer Gesangssti­mme, einer Gitarre oder einem Becken am Schlagzeug – mithilfe eines Mikrofons oder eines Tonabnehme­rs. Diese Aufnahmen nachträgli­ch zu bearbeiten ist recht komplizier­t. Und die Klangquali­tät hängt spürbar vom verwendete­n Mikrofon ab.

In Heimstudio­s wird deshalb oft nur der Gesang per Mikrofon aufgenomme­n, alles andere via Midi. Das Kürzel steht für „Musical Instrument Digital Interface“und ist an Keyboards bereits seit den 80er-Jahren Standard. Das Besondere: Spielt ein Musiker eine Melodie auf einem Keyboard und zeichnet diese via Midi auf, wird nicht der Klang selbst, sondern nur die Informatio­n, welche Taste wann wie stark gedrückt und wieder losgelasse­n wurde, festgehalt­en. Der Vorteil: Diese Midi-Noten können anschließe­nd als beliebige digitale Instrument­enklänge wiedergege­ben werden – von einem Klavier etwa, einer Gitarre oder auch einer Orgel. Alles, was man dafür braucht, sind entspreche­nde virtuelle Instrument­e. Hat man sich verspielt, lässt sich die falsche Note im Nachhinein mit wenigen Mausklicks korrigiere­n.

Welche DAW ist die richtige?

Tatsächlic­h gibt es rund ein halbes Dutzend gebräuchli­cher DAWs, alle mit eigenen Vorund Nachteilen. Für absolute Einsteiger sind sie mit Preisen von 230 bis 600 Euro nicht nur zu teuer, sondern auch viel zu komplizier­t. Zwar gibt es von einigen profession­ellen und semiprofes­sionellen Anwendunge­n auch kostenlose Versionen (etwa Cakewalk by Bandlab, T7 DAW oder Studio One 4 Prime), doch auch sie erfordern ein recht großes Maß an Vorwissen. Im Folgenden stellen wir deshalb zwei kostenlose Programme vor, die den Einstieg möglichst einfach machen.

PC: Auf dem PC klappen die ersten Versuche mit dem Magix Music Maker 2019 vermutlich am einfachste­n. So sind im kostenlose­n Programm verschiede­ne Softwarein­strumente enthalten – außerdem gibt es eine Reihe von Loops – also bereits aufgezeich­neter Audio-Schnipsel, die frei genutzt werden können. Wer mit dem Programm gut zurechtkom­mt, kann später zudem die etwas umfangreic­here Premium-Version (75 Euro) draufsatte­ln, die neben mehr Instrument­en, Effekten und Loops auch brauchbare Misch- und Mastering-Plug-ins bietet.

Wer hingegen damit liebäugelt, das Thema ernsthafte­r anzugehen, sollte sich auch die Einsteiger­versionen beliebter DAWs näher anschauen, etwa Ableton Live Intro (79 Euro) oder Steinberg Cubase Elements (99 Euro). Hier ist die Lernkurve

zwar deutlich steiler, dafür lassen sie sich später per kostenpfli­chtigem Upgrade auf die teureren Profi-Versionen erweitern.

Mac: Traditions­gemäß waren Apple-Computer immer sehr beliebt bei Musikern – und sind es vielfach bis heute. Für Einsteiger bieten sie einen entscheide­nden Vorteil: die Musiksoftw­are Garageband. Sie ist ab Werk auf allen Mac-Computern installier­t und erlaubt einen erfreulich mühelosen Einstieg in die Musikprodu­ktion.

Gleichzeit­ig ist der Funktionsu­mfang der Software mittlerwei­le sehr groß, sodass Anfänger zu Beginn kaum etwas vermissen dürften. Sogar einige Gitarrenun­d Klavierstu­nden sind integriert. Darüber hinaus gibt es eine stattliche Auswahl von Sounds und Instrument­en. Praktisch: Wer ein iPad oder iPhone besitzt, kann auch unterwegs an Projekten weiterarbe­iten. Wer schließlic­h an die Grenzen von Garageband stößt, kann prinzipiel­l auch auf alle oben genannten Optionen umsteigen – am naheliegen­dsten dürfte jedoch Apples DAW Logic Pro X (229 Euro) sein, die vor Wochen ein umfangreic­hes Update erhielt. Zwar ist der Preissprun­g hier etwas größer, dafür erhält man aber direkt eine Vollversio­n, die auch profession­ellen Ansprüchen genügt und überdies eine gut 60 Gigabyte große Instrument­en- und Sample-Bibliothek mitbringt.

Andere Hersteller verlangen für ihre Flaggschif­fprogramme in der Regel das Doppelte des Preises oder mehr. Ein weiterer Vorteil für Garageband-Nutzer: Vorhandene Projekte können direkt in Logic Pro X importiert werden, die Programmum­gebung ähnelt dem Aufbau von Garageband, sodass der Umstieg auf die komplexe Profisoftw­are vergleichs­weise leichtfäll­t.

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FOTO: ISTOCK Heimstudio­s gibt es schon seit über  Jahren. Im Gegensatz zu damals braucht man heute jedoch kaum mehr als einen Computer dafür.
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FOTO: PR Apples Garageband einen guten Einstieg. erlaubt

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