Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Die ersten Schritte zum eigenen Song
Wer selbst Musik aufnehmen und produzieren will, hat es dank Digitalisierung leichter denn je. Ein Überblick
Berlin. Die Zeiten, in denen eine gut klingende Musikproduktion nur im sündhaft teuren Profi-Tonstudio möglich war, sind längst vorbei. Die Digitalisierung hat hier vieles einfacher und vor allem billiger gemacht. Heute lässt sich schon für wenige Tausend Euro ein Heimstudio einrichten, in dem nahezu radiotaugliche Popsongs produziert werden können. Einsteiger müssen am Anfang gar kein Geld ausgeben. Die ersten Gehversuche auf dem Weg zum eigenen Hit können direkt an PC oder Mac allein mit Bordmitteln oder Gratissoftware gemacht werden – ein Überblick.
Musikmachen am Computer
In heutigen Heimstudios gibt es eine zentrale Schaltstelle: die DAW. Diese Abkürzung steht für „Digital Audio Workstation“– eine Software, die zahlreiche Funktionen auf sich vereint: Aufnahmegerät, Schnittplatz, Mischpult, Notenheft, Synthesizer und vieles mehr. Aufnahmen für ein Musikstück entstehen im Heimbereich meist nacheinander – Instrument für Instrument und Stimme für Stimme. Ihnen ist jeweils eine sogenannte Spur zugeordnet, in der die einzelnen Aufnahmen als Clips angezeigt werden. So sieht man auf einen Blick, was wann zu hören ist. Die Clips können nach Belieben geschnitten, verschoben oder kopiert werden. Vereinfacht gesagt gibt es dabei zwei Arten von Aufzeichnungen: Audio- und MidiAufnahmen. Eine Audioaufnahme ist die tatsächliche Aufzeichnung von Schall – also einer Gesangsstimme, einer Gitarre oder einem Becken am Schlagzeug – mithilfe eines Mikrofons oder eines Tonabnehmers. Diese Aufnahmen nachträglich zu bearbeiten ist recht kompliziert. Und die Klangqualität hängt spürbar vom verwendeten Mikrofon ab.
In Heimstudios wird deshalb oft nur der Gesang per Mikrofon aufgenommen, alles andere via Midi. Das Kürzel steht für „Musical Instrument Digital Interface“und ist an Keyboards bereits seit den 80er-Jahren Standard. Das Besondere: Spielt ein Musiker eine Melodie auf einem Keyboard und zeichnet diese via Midi auf, wird nicht der Klang selbst, sondern nur die Information, welche Taste wann wie stark gedrückt und wieder losgelassen wurde, festgehalten. Der Vorteil: Diese Midi-Noten können anschließend als beliebige digitale Instrumentenklänge wiedergegeben werden – von einem Klavier etwa, einer Gitarre oder auch einer Orgel. Alles, was man dafür braucht, sind entsprechende virtuelle Instrumente. Hat man sich verspielt, lässt sich die falsche Note im Nachhinein mit wenigen Mausklicks korrigieren.
Welche DAW ist die richtige?
Tatsächlich gibt es rund ein halbes Dutzend gebräuchlicher DAWs, alle mit eigenen Vorund Nachteilen. Für absolute Einsteiger sind sie mit Preisen von 230 bis 600 Euro nicht nur zu teuer, sondern auch viel zu kompliziert. Zwar gibt es von einigen professionellen und semiprofessionellen Anwendungen auch kostenlose Versionen (etwa Cakewalk by Bandlab, T7 DAW oder Studio One 4 Prime), doch auch sie erfordern ein recht großes Maß an Vorwissen. Im Folgenden stellen wir deshalb zwei kostenlose Programme vor, die den Einstieg möglichst einfach machen.
PC: Auf dem PC klappen die ersten Versuche mit dem Magix Music Maker 2019 vermutlich am einfachsten. So sind im kostenlosen Programm verschiedene Softwareinstrumente enthalten – außerdem gibt es eine Reihe von Loops – also bereits aufgezeichneter Audio-Schnipsel, die frei genutzt werden können. Wer mit dem Programm gut zurechtkommt, kann später zudem die etwas umfangreichere Premium-Version (75 Euro) draufsatteln, die neben mehr Instrumenten, Effekten und Loops auch brauchbare Misch- und Mastering-Plug-ins bietet.
Wer hingegen damit liebäugelt, das Thema ernsthafter anzugehen, sollte sich auch die Einsteigerversionen beliebter DAWs näher anschauen, etwa Ableton Live Intro (79 Euro) oder Steinberg Cubase Elements (99 Euro). Hier ist die Lernkurve
zwar deutlich steiler, dafür lassen sie sich später per kostenpflichtigem Upgrade auf die teureren Profi-Versionen erweitern.
Mac: Traditionsgemäß waren Apple-Computer immer sehr beliebt bei Musikern – und sind es vielfach bis heute. Für Einsteiger bieten sie einen entscheidenden Vorteil: die Musiksoftware Garageband. Sie ist ab Werk auf allen Mac-Computern installiert und erlaubt einen erfreulich mühelosen Einstieg in die Musikproduktion.
Gleichzeitig ist der Funktionsumfang der Software mittlerweile sehr groß, sodass Anfänger zu Beginn kaum etwas vermissen dürften. Sogar einige Gitarrenund Klavierstunden sind integriert. Darüber hinaus gibt es eine stattliche Auswahl von Sounds und Instrumenten. Praktisch: Wer ein iPad oder iPhone besitzt, kann auch unterwegs an Projekten weiterarbeiten. Wer schließlich an die Grenzen von Garageband stößt, kann prinzipiell auch auf alle oben genannten Optionen umsteigen – am naheliegendsten dürfte jedoch Apples DAW Logic Pro X (229 Euro) sein, die vor Wochen ein umfangreiches Update erhielt. Zwar ist der Preissprung hier etwas größer, dafür erhält man aber direkt eine Vollversion, die auch professionellen Ansprüchen genügt und überdies eine gut 60 Gigabyte große Instrumenten- und Sample-Bibliothek mitbringt.
Andere Hersteller verlangen für ihre Flaggschiffprogramme in der Regel das Doppelte des Preises oder mehr. Ein weiterer Vorteil für Garageband-Nutzer: Vorhandene Projekte können direkt in Logic Pro X importiert werden, die Programmumgebung ähnelt dem Aufbau von Garageband, sodass der Umstieg auf die komplexe Profisoftware vergleichsweise leichtfällt.