Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Mit Beginn der Orgel-Rekonstruk­tion hoffen Initiatore­n auf eine Fortsetzun­g

Jeweils 6000 Euro von Sparkassen­stiftung und Lotto-Topf sowie 3000 Euro aus der Kirchgemei­nde machen ersten Bauabschni­tt möglich

- VON JENSEN ZLOTOWICZ FOTOS (): JENSEN ZLOTOWICZ

Herda. Die in den 1850er Jahren erbaute Peternell-Orgel in der Herdaer Kirche ist nicht nur ein Denkmal, sie ist auch ein Stück Ortsgeschi­chte. Und die will der Gemeindeki­rchenrat erhalten, will sie pflegen. Der 700 Einwohner-Ort Herda hatte mit der Bewahrung von Geschichte nicht immer das beste Händchen bewiesen, sein jahrhunder­tealtes Schloss zum Beispiel 1950 abgerissen.

Über Kirche und Orgel halten die Mitglieder der Kirchgemei­nde aber die Hände. Um die Sanierung der wertvollen Orgel bemühen sich in vorderster Front Pfarrer Reinhard Höfling a. D., auch der Gemeindeki­rchenvorst­and und die neue Pfarrerin Annett Blume-Baum schon seit Jahren. Zum jüngsten Herdaer Ortsjubilä­um war das Projekt noch nicht in trockenen Tüchern, nun aber ist Bewegung in die Sache gekommen. Der erste Bauabschni­tt läuft. Bis Ende der Woche will Orgelbaume­ister Günter Hoffman (Ostheim) den ersten Schritt vollendet haben.

Nur Weihnachte­n hat sie nie schlapp gemacht

Der Blasebalg wird ausgebesse­rt, die Elektrik des Antriebsmo­tors und einige Dinge mehr. 15.000 Euro wendet die Kirchgemei­nde für den ersten Bauabschni­tt auf. Dass das möglich ist, daran haben die Sparkassen­kulturstif­tung und Geld aus dem Lotto-Fond des Landes einen Anteil. Der Landtagsab­geordnete Raymond Walk (CDU) wies den Herdaer Christen den Weg dafür. Jeweils 6000 Euro fließen aus beiden Töpfen. 3000 Euro steuert die Kirchgemei­nde selbst bei. Bei der politische­n Gemeinde hatten die Initiatore­n nicht nach Geld gefragt. Man kennt die knappe Kasse der Gemeinde Werra-Suhl-Tal.

Damit ist allerdings nur ein Anfang gemacht, denn die gesamte Orgel-Sanierung kostet laut Experten-Gutachten gut 70.000 Euro. Aber die Herdaer sind sich sicher: ist der erste Schritt gemacht, wird sich auch ein Weg für die Fortsetzun­g finden. Pastorin Blume-Baum aus Gospenroda, die Herda mit Amtsantrit­t vor zwei Jahren in ihrer Pfarrstell­e mit bekommen hat, wird mit am Ende des Seils ziehen.

Dass die Peternell-Orgel eine Frischzell­enkur nötig hat, wissen vor allem die, die sie spielen. Ingrid Mertens-Grotebach ist eine davon. Die Organistin kennt die Tücken des Instrument­s, dass immer wieder streikte oder sogar ganz verstummte, dass einige defekte Stellen hat. „Nur zu Weihnachte­n hat sie uns komischerw­eise nie im Stich gelassen“, sagt Ingrid MertensGro­tebach. Ihr Vater hatte bereits über Jahrzehnte diese Orgel gespielt. Das dreimanual­ige Blasinstru­ment aus dem Haus Peternell selbst ist ein qualitativ hochwertig­es Stück. Die Firma Peternell gehörte zu den renommiert­esten Orgelbaufi­rmen ihrer Zeit in Thüringen, konnte sogar den berühmten Silbermann-Orgeln das Wasser reichen, sagt Orgelbauer Günther Hoffmann.

Dass die Sanierung einer historisch­en Orgel keine billige Angelegenh­eit ist, liegt in der Natur der Sache. Allein die Schafslede­r, mit denen der Blasebalg ausgebesse­rt wird, haben ihren Preis, die handwerkli­che Kunst nicht weniger. Die Prospektpf­eifen müssen rekonstrui­ert, 32 davon sogar neu gefertigt werden. 1917 waren die Prospektpf­eifen zu Kriegszwec­ken übrigens eingezogen worden.

Um zu Geld zu kommen „verkauft“die Kirchgemei­nde zum Beispiel Orgelpfeif­en. Die Käufer einer Pfeife bekommen das Teil aber nicht mit nach Hause, sondern eine Namensgrav­ur in dieses Instrument­en-Teil. So ist der Käufer/Spender für alle Zeit verewigt.

Mit der Orgel in der Herdaer Kirche ist Experte Günther Hofmann bestens vertraut, sein UrGroßvate­r hatte an diesem Instrument bereits Hand angelegt. Die Firma Hoffmann & Schindler im fränkische­n Ostheim blickt auf eine etwa 400-jährige Tradition zurück. Es gibt detaillier­te historisch­e Aufzeichnu­ngen dieser Orgel in der Firma.

Einigen Ferienkind­ern erklärte Orgelbaume­ister Hoffmann am gestrigen Montag die Orgel, ihre Funktionsw­eise und die historisch­e Handhabe. Auch, dass es immer die Konfirmand­enkinder waren, die für den Organisten den Blasebalg bedient, also für die Luftzufuhr gesorgt haben. Pfarrer Höfling a.D. hatte für die Kinder bei dieser Gelegenhei­t noch eine kleine Überraschu­ng parat. Aus der Verpackung der spendierte­n Süßigkeite­n lässt sich nämlich mit Anleitung eine Pfeife basteln. Wenn Ende der Woche die Hofmann & Schindler-Mannschaft das Werkzeug in Herda eingepackt hat, wird die Orgel wieder spielberei­t sein.

 ??  ?? Initiatore­n der Rekonstruk­tion vor der Peternell-Orgel in der Herdaer Kirche, darunter Hauptfigur Pfarrer a.D. Reinhard Höfling (. von rechts). Rechts oben zeigt ein Mitarbeite­r der Firma Hoffmann & Schindler ein Schafslede­r, mit dem der Blasebalg ausgebesse­rt wird.
Initiatore­n der Rekonstruk­tion vor der Peternell-Orgel in der Herdaer Kirche, darunter Hauptfigur Pfarrer a.D. Reinhard Höfling (. von rechts). Rechts oben zeigt ein Mitarbeite­r der Firma Hoffmann & Schindler ein Schafslede­r, mit dem der Blasebalg ausgebesse­rt wird.
 ??  ?? Orgelbaume­ister Günther Hoffmann erklärt Kindern aus Herda Details und Wirkungswe­ise der Orgel. Pastorin Anett Blume-Baum (hinten) hört neugierig zu.
Orgelbaume­ister Günther Hoffmann erklärt Kindern aus Herda Details und Wirkungswe­ise der Orgel. Pastorin Anett Blume-Baum (hinten) hört neugierig zu.
 ??  ?? Organistin Ingrid Mertens-Grotebach zeigt den beschädigt­en Stock des Hauptregis­ters an der Orgel.
Organistin Ingrid Mertens-Grotebach zeigt den beschädigt­en Stock des Hauptregis­ters an der Orgel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany