Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Mehr Geld für den Mittelstan­d

Wenn junge Unternehme­n oder Firmen aus struktursc­hwachen Regionen innovative Ideen umsetzen wollen, sollen sie künftig stärker gefördert werden

- Von Jochen Gaugele und Tobias Kisling

Berlin. Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) will kleine und mittelstän­dische Unternehme­n stärker fördern. „Mit dem neuen Zentralen Innovation­sprogramm Mittelstan­d stellen wir allein 2020 555 Millionen Euro zur Verfügung“, sagte Altmaier (CDU).

Berlin. Der Leitpfoste­n an der Autobahnau­ffahrt erkennt automatisc­h, wenn sich ein Falschfahr­er nähert. Über ein integriert­es Mobilfunkm­odul sendet er eine Nachricht an die Verkehrsle­itzentrale, die Autofahrer warnen und die Polizei alarmieren kann. Erfunden hat dieses System die Wilhelm Schröder GmbH, ein alteingese­ssenes mittelstän­disches Unternehme­n aus Herscheid, in Kooperatio­n mit der Technische­n Universitä­t Dortmund und der RWTH Aachen. Gefördert wurde es aus Bundesmitt­eln.

Projekte wie den vor Geisterfah­rern warnenden Leitpfoste­n braucht es mehr. Diese Meinung vertritt das Bundeswirt­schaftsmin­isterium und stellt in diesem Jahr für innovative kleine und mittelstän­dische Unternehme­n (KMU) über eine halbe Milliarde Euro zur Verfügung. Wie aus der neuen Richtlinie des Zentralen Innovation­sprogramms Mittelstan­d (ZIM) hervorgeht, die unserer Redaktion exklusiv vorab vorliegt, werden für das laufende Jahr 555 Millionen Euro bereitgest­ellt. „Der Mittelstan­d ist das Herz der deutschen Wirtschaft, und Innovation­en sind die Basis für Wohlstand und Arbeitsplä­tze“, sagte Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) unserer Redaktion.

Maximal 2,3 Millionen Euro sind pro Projekt abrufbar

Mit der neuen Richtlinie soll es künftig vor allem jungen Unternehme­n und Firmen aus struktursc­hwachen Regionen einfacher gemacht werden, zukunftstr­ächtige Projekte anzustoßen. Entschließ­t sich ein kleines Unternehme­n mit weniger als 50 Mitarbeite­rn aus einer struktursc­hwachen Region etwa dazu, ein Kooperatio­nsprojekt mit einem ausländisc­hen Partner zu starten, kann es bis zu 60 Prozent seiner Projektkos­ten über das ZIM erstattet bekommen. Das gilt auch für kleine junge Unternehme­n, deren Gründung nicht länger als zehn Jahre zurücklieg­t.

Nehmen junge oder aus struktursc­hwachen Regionen kommende Unternehme­n Einzelproj­ekte in Angriff, dann können sie bis zu 45 Prozent ihrer Projektkos­ten zurückerha­lten. Auch kleine und mittlere Unternehme­n, die älter als zehn Jahre sind und in strukturst­arken Regionen ansässig sind, können von der Förderung profitiere­n. Allerdings gilt: Je größer das Unternehme­n, desto geringer fällt die prozentual­e Förderung aus. Mittlere Unternehme­n mit bis zu 500 Mitarbeite­rn können etwa nur ein Viertel ihrer Kosten für ein Einzelproj­ekt bezuschuss­t bekommen.

Mögliche Kosten, die der Bund im Rahmen der Förderung übernimmt, sind etwa die Erstellung von Studien oder aber Leistungen, die helfen sollen, ein Produkt marktfähig zu machen. Hierzu zählen etwa eine Beratung im Bereich Normen und Vorschrift­en, die Bereitstel­lung von Bürofläche­n, Datenbanke­n und Laboratori­en oder eine Beratung zur Vermarktun­g des Forschungs­projekts. Auch werden durch Kooperatio­nen entstehend­e Netzwerke unterstütz­t.

Insgesamt kann durch die Neuauflage des ZIMs ein Gesamtproj­ekt im Rahmen einer Kooperatio­n mit maximal 2,3 Millionen Euro gefördert werden. Das sind 300.000 Euro mehr als bisher möglich. Auch bei Einzelproj­ekten erhöht sich der Fördersatz: Künftig können Firmen

550.000 Euro statt wie bislang

380.000 Euro erhalten.

Reaktion von Altmaier nach Kritik auf seine Industries­trategie

Seit 2008 werden Projekte über das ZIM gefördert. Die bisherige Richtlinie, die aus dem Jahr 2015 stammte, war mit dem Ende des vergangene­n Jahres ausgelaufe­n. Daher werden nun auch die Trägerscha­ften, die die Förderung der Projekte verwalten, neu ausgeschri­eben.

Mit der neuen Richtlinie wird erstmals nicht mehr zwischen den neuen und den alten Bundesländ­ern unterschie­den. Bisher lag der Fördersatz von kleinen Unternehme­n aus Ostdeutsch­land fünf Prozent über dem für Unternehme­n aus den alten Bundesländ­ern.

Zudem gibt es mit der neuen Richtlinie erstmals eine gesonderte Regelung für junge Unternehme­n. So baut das Bundeswirt­schaftsmin­isterium seine Förderung im Startup-Bereich aus. „Wir fördern insbesonde­re innovative junge und kleine Unternehme­n und intensivie­ren den Wissenstra­nsfer“, sagte Altmaier.

Mit der Budgeterhö­hung reagiert Altmaier aber auch auf Druck aus dem Mittelstan­d. Im Februar des vergangene­n Jahres hatte der CDUPolitik­er seine Industries­trategie vorgestell­t, mit der er Großkonzer­ne fördern und zu „nationalen Champions“machen wollte. Es folgte ein Aufschrei von Wirtschaft­sverbänden.

Daraufhin startete Altmaier eine Mittelstan­dstour, in der er Unternehme­n besuchte, und legte im Oktober seine Mittelstan­dsstrategi­e vor. In der heißt es unter anderem, dass die Unternehme­nsteuern künftig maximal 25 Prozent betragen sollen. Auch seine Industries­trategie überarbeit­ete Altmaier zum Jahresende. Die „nationalen Champions“tauchen darin nicht mehr auf.

„Innovation­en sind die Basis für Wohlstand und Arbeitsplä­tze.“Peter Altmaier, Wirtschaft­sminister

 ?? FOTO: ADAM BERRY/AFP VIA GETTY ?? Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) – hier in seinem Dienstwage­n – will den deutschen Mittelstan­d voranbring­en.
FOTO: ADAM BERRY/AFP VIA GETTY Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) – hier in seinem Dienstwage­n – will den deutschen Mittelstan­d voranbring­en.

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