Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Maier will mehr Entscheidungen für Kommunen
Thüringens Innenminister möchte mit seinen Kollegen die Basis-Politik voranbringen
Erfurt. Entscheidungen für die Kommunen in Deutschland in den Fokus zu rücken, das hat sich Thüringens geschäftsführender Innenminister Georg Maier (SPD) vorgenommen. Seit Jahresbeginn repräsentiert er den Freistaat offiziell als Vorsitzender der Innenministerkonferenz
der Bundesländer. „Im kommunalen Bereich ist man besonders nah dran an den Menschen und deren Problemen“, sagt Maier und appelliert an seine Länderkollegen: „Wir sind deshalb aufgerufen, die Kommunalpolitik zu unterstützen.“Maier sieht in einer stärkeren Fokussierung der Innenminister auf das Kommunale auch eine Chance,
Menschen, die den Eindruck haben, dass politisch vieles schief lauf, wieder für die Politik zu gewinnen. Dafür aber brauche es die Gespräch an der Basis und mit der Basis.
Schleswig-Holsteins Innenminister Hans-Joachim Grothe (CDU) begrüßt den Plan seines SPD-Kollegen. Denn: „Die Bürger sind zuallererst Bürger ihrer Gemeinde“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. Thüringen wird 2020 Gastgeber für zwei turnusmäßige Innenministerkonferenzen sein. Die erste finde im Juni in Erfurt, die zweite im Dezember in Weimar statt. Zuletzt stellte Thüringen 2003 mit dem damaligen CDU-Innenminister Andreas Trautvetter den Chef des Gremiums.
Erfurt. Georg Maier (SPD) übernimmt als geschäftsführender Thüringer Innenminister in einer besonderen Situation turnusmäßig den Vorsitz der wichtigen Innenministerkonferenz (IMK). Die Parteispitzen von Linke, SPD und Grüne haben da am Freitag gerade die Verhandlungen über den künftigen Zuschnitt der Ressorts vorerst abgebrochen. Damit bleibt unklar, ob Maier auch im Juni Innenminister sein wird, wenn die Länderressortchefs in Erfurt zu einer von zwei turnusmäßigen Versammlungen zusammenkommen. Am Freitag im „Dompalais“lässt er allerdings keinerlei Unsicherheit erkennen, was auch daran liegen dürfte, dass in der SPD vieles klarer scheint als bei Grünen und Linken.
Maier hat Hans-Joachim Grothe (CDU) eingeladen, der ihm offiziell das Staffelholz übergibt. Ein schlichter Stab mit der Inschrift „Innenministerkonferenz–Vorsitz“. Der CDU-Politiker führte die IMK in einem Jahr, in dem rechter Terror stärker in den Blick gerückt ist. Den Anschlag auf die Synagoge in Halle und den Mord am hessischen CDUPolitiker Walter Lübcke spricht Grothe auch an, als er auf zwei Sondersitzungen zurückschaut. Die wünscht er seinem Nachfolger nicht. Denn immer dann, wenn die Innenminister nicht zu Sondersitzungen zusammenkommen müssen, gibt es sicherheitspolitisch zumindest keine gravierenden Ausnahmesituationen.
Maier sprüht vor Tatendrang, als er vor Journalisten über seine Vorhaben spricht und deutlich macht, dass es er gewillt ist, das Thema Kommunen deutlicher in den Fokus zu rücken. In der Regel verantworten die 16 Länderminister auch das Kommunale, was bei vielen sicherheitspolitischen Fragen oft untergeht. „Wir sind deshalb aufgerufen, die Kommunalpolitik besonders zu unterstützen“, sagt er und will den Spagat schaffen, das eine stärker zu betonen, ohne das andere zu vernachlässigen. Grothe begrüßt den Plan und pflichtet ihm später im Gespräch mit dieser Zeitung bei. „Die Bürger sind zuallererst Bürger ihrer Gemeinde.“
Ohne die drängenden sicherheitspolitischen Fragen wird es dennoch nicht gehen. „Rechtsextremismus ist die größte Gefahr“, betont der 52-jährige Maier. Gerade vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus Halle – dort hatte sich der Synagogenattentäter im Internet radikalisiert – fordert er eine schnelle Koordination, um zeitig Feststellungen treffen zu können. Gleichwohl der Rechtsextremismus im Fokus stehe, betont Maier, dass „andere Ausprägungen des Extremismus“immer im Auge behalten werden müssen.
Über all diesen Vorhaben liegt der Wunsch, die Sicherheitsbehörden der Länder enger zu koordinieren. Das brauche „vor allem die digitalen Netzwerke der Sicherheitsbehörden“, sagt Maier.
Wie lang die Umsetzungswege sein können, wurde bei der vergangenen Innenministerkonferenz deutlich. Erst im Dezember 2019 unterzeichneten die Ressortchefs eine Verwaltungsvereinbarung zur Einrichtung eines Polizei-IT-Fonds, dessen Kernelement es ist, die Schaffung einer „gemeinsamen, modernen, einheitlichen Informationsarchitektur“für die Polizei in Deutschland zu realisieren. Der Beschluss zu dieser „Saarbrücker Agenda“war da schon drei Jahre alt.
Ähnlich liegt der Fall bei der Aufnahme von Messerattacken in die Kriminalstatistik. Im November 2018 hatten sich die Innenminister darauf verständigt. Seitdem werden die Leitlinien für die Umsetzung durch das Bundeskriminalamt erarbeitet. Maier sichert auf Nachfrage zu, man wolle bei dem Thema ein Stück weiterkommen.
Dass er gerne derjenige sein möchte, der Thüringen 2020 eine gewichtige Stimme in der Sicherheitsund Kommunalpolitik gibt, daran lässt er keinen Zweifel. Auch wenn die Lage ob der rot-rot-grünen Verhandlungen zu Ressortzuschnitten und -besetzungen unklar bleibt.