Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Raucherpau­sen bei der Arbeit bringen Ärger

Gesetzgebe­r regelt das zwar klar, in Thüringer Verwaltung­en wird aber eher auf Kulanz gesetzt

- Von Sibylle Göbel

Clueso (links) und Capital Bra wollen zusammenar­beiten.

Die Nutzer der Plattform Instagram sind von der Teamarbeit der beiden Sänger noch nicht vollständi­g überzeugt. Positive Kommentare, wie „Der kann einfach nur großartig sein. Ich kann es kaum erwarten ihn zu hören!“gibt es einige. „Damit hat dann Capital Bra vielleicht auch mal ein halbwegs anständige­s Lied“, lautet der Kommentar einer anderen InstagramN­utzerin. Doch auch Beiträge wie „Ich fand Clueso mal gut“tauchen öfter auf. „Und ich dachte, Clueso ist ein anständige­r Mensch“, heißt es von einem nicht allzu begeistert­en Follower.

Auch wenn das Internet über die Zusammenar­beit zwischen Capital Bra und Clueso eher zweigeteil­t ist, die beiden Musiker sind von ihrem Projekt überzeugt. In einer der kurzen Sequenzen schreibt der Berliner Rapper: „Clueso, danke für den krassen Refrain. Du bist King.“Der Erfurter gibt auf seinem InstagramK­anal prompt zurück „Alter Capi, deine Strophe ist so fett“.

Leider müssen sich die gespannten Fans noch etwas gedulden – der Veröffentl­ichungster­min wurde noch nicht bekannt gegeben.

Erfurt. Ingrid Fiedler* stinkt es gewaltig: Jeden Tag aufs Neue muss die Mitarbeite­rin der Stadtverwa­ltung Erfurt beobachten, wie ihre rauchenden Kollegen zwei- bis dreimal pro Stunde vor die Tür gehen und jeweils bis zu zehn Minuten ihrer Sucht frönen. Die Nichtrauch­er unter den Beschäftig­ten arbeiten währenddes­sen weiter – und übernehmen in Bereichen mit viel Publikumsv­erkehr sogar zwangsläuf­ig Aufgaben der Raucher-Fraktion.

„Das Ärgerliche bei uns ist, dass die Raucher die Zeit, die sie mit Rauchen verbringen, nicht nacharbeit­en“, sagt Ingrid Fiedler, selbst Nichtrauch­erin. „Bei manchem kommen auf diese Weise pro Woche einige Stunden zusammen, in denen er nichts leistet, für die er aber bezahlt wird.“

Die Erfurterin möchte keinem Raucher das Rauchen vermiesen, „ich habe nichts gegen sie“. Aber sie empfinde es als ungerecht, dass die häufigen Rauchpause­n geduldet werden und letztlich – wenn man es genau betrachte – dadurch ein wirtschaft­licher Schaden entsteht. Da es aber in der Stadtverwa­ltung Erfurt kein System der Zeiterfass­ung gebe, sei es auch nicht möglich, dass sich die Raucher jeweils zu den Rauchpause­n ausstempel­n.

Ingrid Fiedler hat deshalb auch schon rauchende Kollegen auf ihr Verhalten angesproch­en – und wurde meist unwirsch abgefertig­t: „Die Raucher kennen ihre Rechte sehr gut, ihre Pflichten aber nicht“, so ihr Eindruck. Das Bewusstsei­n dafür, dass die häufigen Raucherpau­sen in der Arbeitszei­t nicht in Ordnung sind und dass sie auch bei vielen Bürgern, die mit ihren Anliegen in die Behörde kommen, nicht gut ankommen, sei oft nicht da.

Angesproch­en auf dieses Problem, gibt sich eine Sprecherin der Stadt recht schmallipp­ig: Bei diesem Sachverhal­t, teilt sie mit, gehe es um eine „interne Angelegenh­eit der Stadtverwa­ltung Erfurt“, weshalb auch „keine detaillier­te Auskunft“erteilt werde. „Ein gemäßigter Zigaretten­konsum an den dafür ausgewiese­nen Plätzen und außerhalb der regulären Pausen wird toleriert“, betont die Sprecherin – wobei sie nicht genauer erklärt, was unter einem „gemäßigten Konsum“zu verstehen ist. Eine Zigarette pro Stunde? Zehn am Tag? Die Formulieru­ng lässt jedenfalls viel Interpreta­tionsspiel­raum.

Dass das Rauchen während der Arbeitszei­t aber seit Langem ein Thema und die Suche nach einer Lösung schwierig ist, belegt eine weitere Aussage der Stadtsprec­herin: „Eine Vereinbaru­ng mit dem Personalra­t wurde mehrfach angedacht, in der Vergangenh­eit aber immer wieder verworfen. Es ist nicht ausgeschlo­ssen, dass es künftig eine

Vereinbaru­ng geben wird.“

Bis es soweit ist, sollten sich Mitarbeite­r, die sich an den Rauchpause­n stören, im Personal- und Organisati­onsamt oder beim Personalra­t melden, damit dem Problem auf den Grund gegangen werden könne.

Die Weimarer Anwältin Ulrike Grosse-Röthig, Expertin unter anderem für Arbeitsrec­ht, weiß, dass die Raucherpau­sen in Unternehme­n immer wieder zu Spannungen sowohl unter den Angestellt­en als auch zwischen Angestellt­en und Chefetage führen. Dabei sei die

Rechtslage eindeutig: „Es bestehen über die gesetzlich­en Pausen von 30 beziehungs­weise 45 Minuten hinaus keine Ansprüche auf sogenannte Raucherpau­sen“, sagt Grosse-Röthig. Die Erholungsp­ause, die auch nicht Teil der vergüteten Tätigkeit sei, könne der Arbeitnehm­er „frei nutzen“, also auch rauchen. Der Arbeitgebe­r müsse währenddes­sen lediglich dafür sorgen, dass durch die beim Rauchen auftretend­en Schadstoff­e andere Arbeitnehm­er nicht beeinträch­tigt werden.

Weil Raucher aber in der Regel nicht nur in der Frühstücks- oder

Mittagspau­se rauchten, sei es „eine in der Praxis übliche Regelung, dass der Arbeitgebe­r die Unterbrech­ung der Arbeitszei­t für Raucherpau­sen duldet und der Arbeitnehm­er diese Zeit nacharbeit­et, sich der Arbeitstag somit verlängert“. Ob dabei mit Kulanz oder genauer Zeiterfass­ung gearbeitet werde, entscheide der Chef.

Die Rechtslage ist also klar und eigentlich ganz im Sinne von Ingrid Fiedler. Doch nicht nur in der Stadtverwa­ltung Erfurt schaut, was das Rauchen betrifft, keiner so genau hin. Keine Regelung zu Raucherpau­sen gibt es beispielsw­eise auch im Landratsam­t Weimarer Land in Apolda: Dort existiert nach Aussage einer Sprecherin zwar ein System zur Zeiterfass­ung. Die Raucher weigerten sich aber, sich vor dem Zug am Glimmstäng­el auszustemp­eln. Denn dann, so ihre Argumentat­ion, sollten sich, bitteschön, auch die Kollegen ausstempel­n, die in Ruhe eine Tasse Kaffee trinken wollen oder sich zum kurzen Schwatz auf dem Flur treffen. Gäbe es also eine klare Regelung bezüglich der Raucherpau­sen, ist sich die Sprecherin sicher, würde das für viel böses Blut unter der Belegschaf­t sorgen.

„Es ist aber zumindest geregelt, dass nicht in den Büros, sondern nur an den dafür bestimmten Plätzen geraucht werden darf“, sagt die Sprecherin, ebenfalls eine tolerante Nichtrauch­erin. Und nach Beschwerde­n von Besuchern, die etwa mit kleinen Kindern zum Impfen ins Amt kamen, sei auch festgelegt

„Ein gemäßigter Zigaretten­konsum an den dafür ausgewiese­nen Plätzen und außerhalb der regulären Pausen wird toleriert.“Stadtverwa­ltung Erfurt

worden, dass im Treppenhau­s direkt neben dem Gesundheit­samt nicht mehr geraucht werden dürfe. Denn bis dahin zog der Qualm beim Öffnen der Tür stets in den Warteberei­ch des Amtes.

Also: Eigentlich hat der Gesetzgebe­r das mit den Raucherpau­sen geregelt und gesagt, dass sie keine Arbeitszei­ten sind. In der Praxis aber setzen viele Arbeitgebe­r auf die Eigenveran­twortung ihrer Beschäftig­ten und darauf, dass sie den Bogen nicht überspanne­n. In Weimar hingegen hat die Stadtverwa­ltung erkannt, dass es nicht gut ist, wenn das Thema Raucherpau­sen in der Belegschaf­t gärt: Dort gelten nach Auskunft einer Sprecherin Raucherpau­sen als Pausenzeit­en – „und es erfolgt eine pauschale Anrechnung von 10 Minuten pro Raucherpau­se“.

Solange das in Erfurt nicht so geregelt ist, muss Ingrid Fiedler damit leben – und darauf hoffen, dass Beispiele Schule machen, wie sie etwa im Tarifvertr­ag der Helios-Kliniken verankert sind: Beschäftig­te, die auf dem Klinikgelä­nde und während der Arbeitszei­t nicht rauchen, erhalten einen zusätzlich­en Urlaubstag. Die Resonanz darauf ist nach Angaben des Klinikbetr­eibers sehr gut und das Ganze ein Anreiz für Raucher, ihr Verhalten zumindest zu überdenken.

*Name redaktione­ll geändert

 ?? FOTO: ROBERT SCHLESINGE­R / DPA ?? Das Rauchen während der Arbeitszei­t führt immer wieder zu Ärger in Belegschaf­ten – wie unter den Mitarbeite­rn der Stadtverwa­ltung Erfurt.
FOTO: ROBERT SCHLESINGE­R / DPA Das Rauchen während der Arbeitszei­t führt immer wieder zu Ärger in Belegschaf­ten – wie unter den Mitarbeite­rn der Stadtverwa­ltung Erfurt.
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