Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Windel-Wahnsinn

- Elmar Otto über bedrohte Politiker

Um das gleich am Anfang klar zu stellen: Unabhängig davon, ob eine Substanz gefährlich ist, oder nicht. Bedrohunge­n sind jeder Zeit zu verurteile­n. Gegen wen auch immer sie gerichtet sind.

An diesem Mittwoch war einmal mehr Björn Höcke die Zielscheib­e. Dem umstritten­en AfD-Rechtsausl­eger, Fraktions- und Landeschef wurde ein Umschlag nach Hause geschickt. Und weil die Sendung Verdacht erregte, geschah was? Genau: Mit der Fracht gondelte Höckes Fahrer von dessen Privatadre­sse im Eichsfeld quer durch Thüringen bis zum Landtag in Erfurt. Denn dort in der Poststelle gibt es ein Röntgenger­ät.

Nun gut, Sprengstof­f konnte vergleichs­weise schnell ausgeschlo­ssen werden. Aber weil man zunächst nicht wusste, was der Brief ansonsten enthielt, rückten Polizei, Feuerwehr, Rettungsdi­enst und Notarzt aus. Und da manch gefährlich­e Substanzen mit Wasser eingenebel­t werden, wurden Dutzende Meter Schlauch verlegt. Einige Bereiche des Landtags waren stundenlan­g gesperrt.

Die Anschlagsg­efahr war jedoch schließlic­h gebannt. Das Ganze entpuppte sich als Fehlalarm. Im Umschlag steckte eine Pralinensc­hachtel mit einer Windel. Und die darin gefundene Flüssigkei­t soll genau das gewesen sein, was man als Baby so einer Buxe mit Ultra

Dry Premium Protection anvertraut.

Davon abgesehen, war es vielleicht nicht die schlauste Idee, das vermeintli­ch brisante Gefahrgut 130 Kilometer von Höckes Haus in die Landeshaup­tstadt zu transporti­eren.

Das scheint man im Innenminis­terium ähnlich zu sehen und hat jetzt Schutzpers­onen, zu denen neben Höcke beispielsw­eise auch der linke Ministerpr­äsident Bodo Ramelow zählt, Verhaltens­regeln übermittel­t. Demnach empfiehlt es sich, die Finger von verdächtig­en Päckchen zu lassen, die Polizei zu rufen, die wiederum Fachleute informiert, damit diese vor Ort alles untersuche­n und weitere Maßnahmen ergreifen.

Abgesehen von dem WindelWahn­sinn wurde am gleichen Tag einige Stunden später noch der rotrot-grüne Koalitions­vertrag in seine finale Form gegossen. Mehr als vier Stunden brüteten Linke, SPD und Grüne, um sich bei ihrer neunten Verhandlun­gsrunde auf endgültige Formulieru­ngen zum Wohl des Landes zu einigen.

Pralinen spielten dabei auch eine Rolle. Allerdings mit süßer Füllung. SPD-Fraktionsc­hef Matthias Hey hatte mal wieder Nougat mitgebrach­t.

Landeskorr­espondent Elmar Otto erreichen Sie unter e.otto@tlz.de

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