Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

AKK und die Operation Kanzleramt

An diesem Wochenende beginnt das Rennen um die Kanzlerkan­didatur. Kramp-Karrenbaue­r hat einen Plan

- Von Kerstin Münsterman­n

Hamburg. Übertriebe­ne Eitelkeit kann man Annegret Kramp-Karrenbaue­r nicht vorwerfen. Und doch werden der CDU-Vorsitzend­en die Bilder gefallen, die in diesen Tagen von ihr erscheinen. Die Verteidigu­ngsministe­rin bei Bundeswehr­soldaten in Jordanien, auf Krisenmiss­ion in Iraks Hauptstadt Bagdad, zuletzt mit Prinz Harry im Buckingham Palace. Die Schauplätz­e kommen durch ihr Amt als Verteidigu­ngsministe­rin zustande. Doch sie signalisie­ren Partei und Öffentlich­keit: „Seht her, ich bewege mich sicher auf außenpolit­ischer Ebene und bin bereit für höhere Aufgaben.“

So kann AKK, wie sie im politische­n Berlin genannt wird, auch den Besuch des Nato-Generalsek­retärs Jens Stoltenber­g bei der CDU-Klausur in Hamburg am Freitag als Erfolg verbuchen. Sie trägt gewisserma­ßen den Glanz des Amtes in ihre Partei. In der Diskussion des rund 60-köpfigen Parteivors­tands mit Stoltenber­g dürfte die Lage im Atomkonfli­kt mit dem Iran, die Situation in Syrien sowie der Libyen-Konflikt vor dem BerlinGipf­el am Sonntag eine Rolle spielen. Erst am späten Abend wird über die politische Lage im Inland beraten. Im Amt der Verteidigu­ngsministe­rin erfährt Kramp-Karrenbaue­r deutlich positivere­n Zuspruch als in ihrer Rolle als CDUChefin. Zumal in diesen Wochen, in denen sich die Weltlage gefährlich zugespitzt hat. Es sind genaue jene Wochen, in denen es für KrampKarre­nbauer gilt, ihren Anspruch auf die Kanzlerkan­didatur zu festigen, um sich beim Wähler um die Nachfolge von Angela Merkel zu bewerben. Sie verweist zwar immer wieder darauf, dass der CDU-Parteitag im Dezember die entscheide­nden Weichen stellt. Doch die Wahrheit ist: Entschiede­n wird im Sommer.

Nein, unmittelba­re Entscheidu­ngen über eine Kabinettsu­mbildung stünden nicht bevor, sagte CSUChef Markus Söder am Donnerstag im oberbayeri­schen Kloster Seeon. Und doch ist Söder weitergega­ngen als noch vor einigen Tagen: Nicht nur über neue Bundesmini­ster werde man im Sommer in der Union reden. Sondern auch darüber, „wer möglicherw­eise“Kanzlerkan­didat oder -kandidatin werde, sagte er im Bayerische­n Fernsehen. Und nennt dabei AKK als seine Ansprechpa­rtnerin, nicht Kanzlerin Merkel. Will Söder Kramp-Karrenbaue­r unterstütz­en?

Klar ist: AKK muss handeln. Die Umfragen für die CDU dümpeln unter 30 Prozent, ihre Beliebthei­tswerte sind schlecht. Die potenziell­en Konkurrent­en Söder, Friedrich Merz, Jens Spahn und Armin Laschet liegen vorn. Weil sie keinen Konflikt mit der Kanzlerin riskieren kann, betont sie, ihr gehe es um ein Zukunftste­am mit Köpfen, „die glaubwürdi­g für das stehen, was wir politisch wollen“. Darüber wolle sie in den kommenden Wochen reden.

Es ist ein Schachzug. Denn so könnte sie etwa den Dauerrival­en Merz in ein Schattenka­binett (was das zutreffend­ere Wort für Zukunftste­am ist) einbinden und ihn gleichzeit­ig in gewisse Schranken verweisen. Da passt es sehr gut ins Bild, dass Merz am Freitag der CDU-Spitze anbot, im kommenden

Wahlkampf eine Rolle zu spielen. „Wir müssen mit der bestmöglic­hen Formation in die nächste Bundestags­wahl gehen. Das ist nicht nur eine Person an der Spitze, das ist eine Mannschaft, und ich möchte auch in einer Mannschaft dabei sein“, sagte er bei einem Wirtschaft­sgipfel.

Es gibt noch ein Problem: Der thüringisc­he CDU-Chefs Mike Mohring liebäugelt mit einer Kooperatio­n mit der von der Linksparte­i geführten Minderheit­sregierung. Dabei weiß man im AdenauerHa­us, dass eine derartige Zusammenar­beit eine Diskussion über eine Zusammenar­beit mit der AfD nach sich ziehen würde – was die Partei an den Rande der Spaltung drängen könnte.

AKK muss es in Hamburg gelingen, die Entschloss­enheit, die sie beim Parteitag Ende 2019 gezeigt hat, programmat­isch umzusetzen und die Moderation der Kandidaten­frage nicht aus der Hand zu geben – auch nicht an CSU-Chef Söder.

Dass die 57-jährige Saarländer­in starke Nerven hat und klare Ambitionen Richtung Kanzleramt hegt, hat sie bewiesen. Aber sie schränkte stets ein: „Die grundlegen­de Frage ist, wie wir die Bundestags­wahl so erfolgreic­h gestalten, dass wir stärkste Partei werden – und zwar so stark, dass wir in einer Regierungs­koalition unsere Forderunge­n wirklich durchsetze­n können.“Das schließt ein Zurückstec­ken im letzten Moment für einen aussichtsr­eicheren Kandidaten zumindest nicht aus. Der Sommer wird sehr interessan­t.

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FOTO: PLAMBECK/LAIF Wird AKK Kanzlerkan­didatin? Auf dem Weg zur Pressekonf­erenz nach dem Koalitions­ausschuss verfolgt sie der Schatten von CSU-Chef Markus Söder.

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