Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Über die Jugend
Ha!“ruft Dickie, als er in unsere Küche gestürmt kommt. „Hat der Joe die Luisa doch ganz schön düpiert!“– „Mooooment“, sage ich. „Was habe ich? Und welche Luisa?“– „Nicht du“, klärt unser Feuerkopf auf. „Ich meine den Joe vom Siemens. Und die Luisa kennt doch jeder. Das ist die deutsche Greta.“Jack hilft ein, Dick meine wohl jene Freidäys-for-fjutscher-Aktivistin, die jetzt einen Aufsichtsratsposten bei dem Elektro-Konzern abgelehnt habe.
Dick schnallt die Sporen ab und pflanzt sich breitbeinig zu uns an den Tisch. Dann sagt er: Damit sei doch klar, dass diese Klima-Protestanten gar keine Verantwortung übernehmen, sondern bloß protestieren wollten. „Von der wirklichen Wirtschaft haben die nicht die Spur einer Ahnung!“Jack wendet ein, es sei das Recht der Jugend, immer idealistisch bewegt und immer total kompromisslos zu sein.
Unser Graukopf gerät ins Dozieren: „Was haben wir nicht alles erreicht seit ‘68. Der Vietnamkrieg wurde beendet, das Waldsterben verhindert und das Pörsching-Arsenal wieder abgebaut. Schwulsein ist nicht mehr strafbar, und Frauen sind richtige Menschen.“Vorsichtig wendet Bill ein, der Nato-Doppelbeschluss sei vielleicht trotzdem richtig gewesen, und gegen Pol Pot in Kambodscha habe kein Mensch demonstriert. „Wer was gegen die Kohle hat, muss in Warschau bunte Schilder hochhalten“, meint er.
Jack räuspert sich. „Am Ende ist man immer klüger. Wie schon Hegel erkannte: Die Eule der Minerva fliegt erst in der Dämmerung.“– Da guckt Dick ratlos; ich erklär’s: Minerva, die antike Göttin der Weisheit, hatte immer eine Eule, eigentlich einen Kauz, lateinisch Athene noctua, bei sich. Und die Dämmerung ist eine Metapher für den Lebensabend des Menschen.
„Aha“, sagt Dick, der vielleicht schon einen Bushfire zu viel intus hat. „Aber was hat unsere Minavere gegen indische Konzerne, die in Australien Kohle schürfen?“– „Nix“, flötet es da. Wie aufs Stichwort erscheint unser jesidischer Hausgeist. „Besser jetzt kochen für euch.“