Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Sehen, schmecken, nachdenken

- Susanne-Maria Breustedt, Pastorin in Creuzburg

Am Freitag hat in Berlin die Internatio­nale Grüne Woche begonnen. Im Berlin der Goldenen Zwanziger wurde sie 1926 erstmals veranstalt­et und lädt nun zum 85. Mal dazu ein, die neuesten Nahrungs- und Genussmitt­el aus ganz Deutschlan­d und der Welt kennenzule­rnen. Mehr als 1800 Aussteller aus 61 Ländern präsentier­en nachwachse­nde Rohstoffe, Neuheiten im Gartenbau, in der Landwirtsc­haft und alles, was man sich rund um die Lebensmitt­el auf dieser Welt nur denken kann.

Natürlich sind auch wir Thüringer mit unseren Lieblingsp­rodukten vertreten und werben für die thüringisc­he Gastlichke­it mit Bratwurst und Senf, Klößen und Filinchen.

In Berlin kann man sich auf eine kulinarisc­he Weltreise begeben, Vertrautes aus Urlaubslän­dern wiederfind­en oder Neues entdecken, sehen, riechen, schmecken. Kroatien ist in diesem Jahr das Partnerlan­d.

Aber Sie müssen nicht unbedingt nach Berlin fahren – obwohl sich ein Ausflug dorthin ganz sicher lohnt. Der tägliche Weg durch unsere Einkaufsze­ntren ist auch schon wie eine kleine kulinarisc­he Weltreise. Alles ist da, was das Herz begehrt. Ganz selbstvers­tändlich gibt es im Winter frisches Obst und Gemüse, auch Früchte aus fernen Ländern werden zu uns geflogen.

Inzwischen mischen sich in die Begeisteru­ng über diese scheinbar unerschöpf­liche Fülle auch kritischen Fragen: Unter welchen Bedingunge­n werden die wertvollen Lebensund Genussmitt­el hergestell­t? Werden die Bauern gerecht bezahlt und wird die Natur genutzt, aber nicht ausgebeute­t? Warum werden immer noch nicht alle Menschen satt? Verändert sich unser Klima womöglich auch durch meine Lebensweis­e?

Eingebunde­n in ein weltweites Netz von Produzente­n und Verbrauche­rn können wir daran ja doch nichts ändern, denken wir schnell. Oder vielleicht doch? Vielleicht beginnt es damit, dass wir feststelle­n: Es ist nicht selbstvers­tändlich, dass so viele Produkte in unseren Regalen liegen. Es ist ein großes Glück und eine riesige Freude, dass wir jeden Tag satt werden, sogar exotische Lebensmitt­el genießen können.

Die Freude darüber und die Dankbarkei­t verändern unseren Blick auf die Dinge, die wir zum Leben brauchen. Sie zeigen uns neu, wie viel Gutes in unserer Nähe angebaut wird und wie wertvoll alle Lebensmitt­el sind, die wir so selbstvers­tändlich genießen. So sprechen es auch unsere Tischgebet­e aus, die noch immer eine gute und wichtige Tradition sind: Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währt ewig.

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