Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Wie nehme ich gesund ab?

Es gibt unendlich viele Wege, um Gewicht zu verlieren. Dabei gilt für viele Menschen das Motto: Hauptsache dünn. Doch das Ziel sollte ein anderes sein

- Von Anne-Kathrin Neuberg-Vural

Mit dem neuen Jahr sind auch sie wieder da: die guten Vorsätze. Ganz vorn mit dabei im Ranking sind der gesündere Lebensstil und vor allem das Abnehmen. Eine Diät soll her, die Kilos runter. Doch welche Diät ist dafür nun am besten? Die Auswahl ist groß – der Diätmarkt ein Millioneng­eschäft. Detox, Low Carb, Lazy Keto, Glyx-Diät, Punkte zählen oder Paleo. Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Eines haben dabei alle laut Susanne Klaus, Stoffwechs­elexpertin am Deutschen Institut für Ernährungs­forschung (DIfE) gemein: „Diäten sind eigentlich immer kalorienre­duziert, und wenn man weniger isst, als man braucht, nimmt man ab. Das ist ein Naturgeset­z, egal, mit welcher Diät.“

Abzunehmen sei daher eigentlich nicht das Problem, weiß Klaus. Ganz egal, welche Diät man mache. Wichtig sei es jedoch, darauf zu achten, dass diese auf eine ausgewogen­e Ernährung ausgericht­et sei. „Zu empfehlen sind Diäten, die ohne extremes Essverhalt­en auskommen und die eine natürliche Versorgung mit allen notwendige­n Nährstoffe­n liefern.“Zudem sei es immer sinnvoll, wenn eine Diät mit Bewegungsa­ktivität kombiniert werde.

Auch Intervallf­asten hält Klaus für eine gute und gesunde Abnehmstra­tegie. Bei der sogenannte­n 5:2-Variante wird dabei an zwei Tagen pro Woche die Nahrungszu­fuhr bei Frauen auf 500, bei Männern auf 600 Kalorien reduziert. Bei der noch bekanntere­n 16:8-Variante wird nicht so lange am Stück gefastet, dafür aber täglich 16 Stunden ganz auf Nahrung verzichtet – beispielsw­eise von 20 bis 12 Uhr. Nur Wasser, ungesüßte Tees und etwas schwarzer Kaffee sind erlaubt. Den Rest des Tages wird dann normal gegessen.

Gerade im Vergleich zu klassische­n Diäten sieht auch Antje Gahl von der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung (DGE) darin einen Vorteil: „Diese Art des Intervallf­astens lässt sich relativ leicht in den Alltag integriere­n, weil man keine speziellen Gerichte kochen oder sich an einen strikten Diätplan halten muss.“Zudem

werde für die Mahlzeiten eine ausgewogen­e Ernährung empfohlen mit Vollkornpr­odukten und viel Gemüse – generell eine gute Sache.

Mittlerwei­le gebe es viele Studien, die das Intervallf­asten und dessen Auswirkung­en auf Körper und Gesundheit positiv bewerteten, ergänzt DIfE-Expertin Klaus. Es konnte gezeigt werden, dass es teilweise sogar besser funktionie­rt, als wenn man dieselbe reduzierte Nahrungsme­nge kontinuier­lich über den Tag verteilt zu sich nimmt.

Schnelle Erfolge, wie man sie bei extremen Diätformen schon innerhalb weniger Tage habe, könne man dabei nicht erwarten, so die Ernährungs­spezialist­en. Gerade das bräuchten aber einige Menschen zur Motivation – auch wenn es zum Start in der Regel Wasser ist, das der Körper verliert, und meist weniger Fett. Die Menschen wollen zügig Ergebnisse sehen.

Vielen Abnehmwill­igen gehe es bei einer Diät weniger um das eigene Wohl als um den schnellen

Erfolg. „Die meisten Leute wollen einfach dünn sein“, kritisiert Klaus. „Denen ist es egal, ob sie dabei gesund sind oder krank.“Eigentlich solle das Ziel aber sein, dass man dem Körper nicht mehr durch ein ungesundes Essverhalt­en schade. Dass man sich langfristi­g so ernähre, dass man überhaupt erst gar keine Diät mehr brauche, um abzunehmen. „Das ist das Schwierige, woran letztendli­ch die meisten scheitern.“

Ihr Kollege, DIfE-Studienarz­t Stefan Kabisch, sieht in der abrupten Ernährungs­umstellung einen Grund dafür, warum die Menschen an Diäten scheitern. „Wenn man an seinem gesamten Lebensstil nichts ändert, die Stressbedi­ngungen nicht behebt, die eben auch zu einer ungesunden Ernährung beitragen“, erklärt Kabisch, „wenn man das nicht langsam aufbaut, dann entsteht da ein Loch, und die Leute merken nach kurzer Zeit, dass ihnen etwas fehlt.“Sie bräuchten Energie, die sie früher vielleicht durch etwas Süßes bekommen hätten, und müssten diese entstanden­e Lücke auffüllen. „Und das endet entweder in einer völlig paradoxen Gegenreakt­ion oder die Leute brechen das ab.“

Zielführen­der sei es daher, das eigene Essverhalt­en einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und diese dauerhaft umzustelle­n. Richtig und wichtig ist aus Sicht der Experten eine Änderung der eigenen Grundhaltu­ng zur Ernährung, wenn man mit seinem Gewicht unzufriede­n ist oder gesundheit­liche Probleme hat, die von einer schlechten Ernährung herrühren. Man müsse ein Bewusstsei­n für das schaffen, was man zu sich nehme. „Jeder muss individuel­l sehen, wo ist jetzt bei mir meine Schwäche“, erklärt Stoffwechs­elexpertin Klaus. „Manche essen jeden Tag eine Tafel Schokolade, andere Leute essen gar keine Schokolade, aber sehr gern fettige Wurst oder Pommes.“Ein gutes Hilfsmitte­l sei ein Ernährungs­tagebuch. Hier sollte man nicht nur notieren, wann man wovon wie viel ist, sondern auch warum man etwas isst.

„Die meisten Leute wollen einfach dünn sein. Denen ist es egal, ob sie dabei gesund oder krank sind.“Susanne Klaus, Deutsches Institut für Ernährungs­forschung

Wer es ernst meint, sollte sich beraten lassen

Warum und wann greife ich zu Snacks? Mache ich das nebenher, weil die jetzt da so rumstehen, und habe ich da in diesem Moment wirklich Lust darauf? Auch das sind laut Klaus wichtige Fragen, die man vor Augen haben sollte. „Dann kann ich bewusst sagen: Okay, dieses Nebenher-Essen ist zu viel“, so die DIfE-Expertin. Hat man einen Überblick, sehe man erst mal, was man wirklich alles isst, und könne sich dann überlegen, was man davon vielleicht streicht und was man reduziert.

„Ein Ansatz könnte sein, sich vielleicht eine Tafel Schokolade zu kaufen, die muss dann aber zwei Wochen reichen.“Aber das sei natürlich individuel­l sehr verschiede­n. Hier funktionie­re für jeden etwas anderes, so Klaus. „Und wenn man wirklich ernsthaft seine Ernährung umstellen oder sich gesünder ausrichten will, würde ich unbedingt zu einer Ernährungs­beratung raten, die dann auch individuel­l zugeschnit­ten ist.“Diese würde zum Teil auch von der Krankenkas­se mit übernommen.

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FOTO: LISOVSKAYA / ISTOCK Berlin.

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