Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Der immer lacht
Deutsche Handballer bei EM am Samstag gegen Kroatien
Wien. Timo Kastening (Foto) lächelte. Wenige Minuten zuvor war der Charterflieger aus dem norwegischen Trondheim in Wien gelandet, die Spieler der deutschen und der spanischen Handball-Nationalmannschaft standen gemeinsam im Bus, der sie vom Rollfeld zum Terminal brachte. Kastening war in dem überfüllten Gefährt eingeklemmt zwischen den Spaniern Gedeon Guardiola und Viran Morros, der eine zwei, der andere 1,99 Meter groß. Mit seinen 1,80 Metern wirkte der Deutsche wie ein Zwerg zwischen zwei Riesen. Er sah nach links, blickte nach rechts und lächelte verschmitzt.
Viel ist geschehen seit dieser Busfahrt am Dienstag und dem nun kommenden zweiten Hauptrundenspiel der EM am Samstag gegen Kroatien (20.30 Uhr/ ZDF). Die deutschen Handballer waren als tief verunsicherte Mannschaft nach Österreich gekommen, die blassen Vorrundenauftritte hatten gehörig am Selbstvertrauen genagt. Dann kam der Donnerstag, der rauschhafte 31:23-Sieg über Weißrussland zum Auftakt der Hauptrunde. Es war ein Lebenszeichen des Teams um Bundestrainer Christian Prokop und ein Hoffnungsschimmer: Das Erreichen des Halbfinals ist möglich.
Timo Kastening lächelte auch nach dieser Partie, in der er mit sechs Toren zum „Mann des Spiels“ernannt wurde. „Ich freue mich, das ist eine schöne Auszeichnung“, sagte der 24-Jährige.
Tatsächlich konnte Kastening auch lächeln, als es fürs deutsche Team nicht so gut lief. Der Rechtsaußen der TSV Hannover-Burgdorf war einer, mit dessen Nominierung kaum einer gerechnet hatte, und viel Spielzeit wurde ihm angesichts des Konkurrenten Tobias Reichmann auch nicht prophezeit. Doch Kastening spielte in jeder Partie, er traf in jeder Partie.
Viele Spieler wirkten nach der Prügel der Spanier und dem Zittersieg gegen die Lettland verunsichert. Nur Kastening nicht. „Ich komme aus Hannover, da blicken wir auch von Spiel zu Spiel. Das ist ja das Schöne am Sport: Beim nächsten Spiel kannst Du das vorherige vergessen machen.“Nun also geht es gegen Kroatien. Angefeuert werden die von Tausenden in Wien lebenden Fans. Es wird ein „sehr schweres Spiel“, weiß Kastening. Mehr noch: Es wird das entscheidende Spiel, um den Halbfinaltraum am Leben zu halten.
Abschlusstraining am Freitag, es wurde Fußball gespielt. Kastenings erster strammer Schuss landete im Gesicht von Torwart Johannes Bitter, der wie ein Stein zu Boden fiel. Bitter rappelte sich auf, murmelte „jetzt bin ich wach“und klatschte Kastening auf die Schulter. Der blickte zunächst besorgt – und lächelte dann wieder.