Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Germ geschehen
Er ist der Gipfel der Genüsse auf der Skihütte, wird aber auch im Flachland gern gegessen: der Germknödel
„Unser Germknödel kommt ungefüllt daher, mit Mohnbutter und Zwetschgenkompott garniert.“
Katja Fröhlich, Gastronomin
So simpel die Rechnung auch ist, aufzugehen scheint sie erfahrungsgemäß immer. Denn bekanntlich verhält es sich in der alpinen Winterlandschaft doch so, dass die Lust auf Germknödel pro gefahrenen Meter Skipiste immer weiter steigt. Zur Mittagszeit erreicht sie für gewöhnlich den Gipfel, was den Skifahrer dazu veranlasst, schleunigst die Piste zu verlassen, um in der Skihütte einzukehren. Hier trifft er meist Gleichgesinnte und reiht sich mit ihnen in die Schlange der Süßmäuler, die abseits der Pisten und Berghütten womöglich gar keine sind.
Österreichisches Kulturgut
Der Germknödel, diese klassische Wiener Mehlspeise, ist damit ein Touristenphänomen, das sich neben Tomatensaft oder Ouzo in die Kategorie „schmeckt am besten woanders“stecken lässt. Für den Österreicher und ganzjährigen Knödelfan jedoch ist er mehr als das. Er ist regelrecht ein Kulturgut. Immerhin stammt der Germknödel aus einer Zeit, in der Könige und Kaiser regierten und es wenig Exotisches auf dem Teller gab. Dafür jede Menge Mohn, Hefe, Mehl und Powidl, das ist das Pflaumenmus im Innern, das den Germknödel von der Dampfnudel unterscheidet und ihm diesen würzig-saftigen Charakter verleiht.
Im Gegensatz zum Adel gab es für das gemeine Volk zu jener Zeit noch keine Diätvorgaben und magere Schönheitsideale. So futterte es seine Germknödel, und das bevorzugt an Fastentagen wie dem Freitag. Auch heute, insbesondere auf Skihütten, scheinen gute Vorsätze und Ernährungsregeln aufgehoben. Germknödel gehen zuhauf über die Tresen, am liebsten in Vanillesoße getränkt.
Das Thüringer Pendant zur Alpenskihütte, das Cortina in Oberhof, das auf italienische Alpenküche spezialisiert ist, bietet seinen Germknödel mal ganz anders an. „Er kommt ungefüllt in einer tiefen Schale daher, mit Vanillesoße benetzt und mit Mohnbutter und Zwetschgenkompott garniert,“sagt Inhaberin Katja Fröhlich, die ihre Urlaube stets sportlich in den Bergen vergekocht bringt und dabei kulinarische Inspirationen sammelt.
Im Gegensatz zu den meisten Skihütten, in denen in der Regel Tiefkühlknödel angeboten werden, macht die Küche des Cortina ihre Germknödel, zu Deutsch Hefeknödel, noch selbst. Germknödel bestehen aus einem Hefeteig, der mit Pflaumenmus gefüllt und in Wasser oder über Wasserdampf gedünstet wird. Ihnen ähnlich sind Buchteln oder Rohrnudeln, nur dass diese im Ofen gebacken werden. Neben der klassischen Variante gibt es zahlreiche Entwicklungsmöglichkeiten. Gastronomin Katja Fröhlich bietet ihren Germknödel zum Beispiel eben auch mal auf Kompott an.
Herzhaft mit Ziegenkäse und Honig
Das Germknödel-Restaurant Häppies in Berlin hat sogar herzhafte Varianten im Angebot. Sein Bestseller namens Bärbel ist mit Ziegenkäse, Honig und Walnuss gefüllt und von einem Rucola-Cashew-Pesto und Cranberrys getoppt. Natürlich gibt es auch den Klassiker, standesgemäß serviert mit Kaffee. Und auf der Almhütte? Da darf es zum Germknödel auch mal Jagertee oder Bier sein. Denn hier ist, wie gesagt, eben alles ein bisschen anders als sonst
überall.