Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
SUEDLINK. ZENTRALER BAUSTEIN IM ENERGIEWENDEPUZZLE
Die Energielandschaft ist in Bewegung. Der Umstieg auf erneuerbare Energien zur Stromerzeugung, neue Formen der Fortbewegung wie Elektromobilität oder die zunehmende Digitalisierung des Alltags erfordern auch bei den Stromübertragungsnetzen kontinuierliche Anpassungen. Damit die Energiewende ohne Abstriche bei der Versorgungssicherheit gelingt, gilt es neben den Netzen auch die übrigen Elemente des Energiesystems im Blick zu behalten.
Wie genau das Energiesystem in zehn, 20 oder 30 Jahren aussehen wird, können auch Übertragungsnetzbetreiber wie TransnetBW nicht mit hundertprozentiger Genauigkeit vorhersagen. Jedoch können – und müssen – sie auf Grundlage bereits bekannter Rahmendaten qualifizierte Bewertungen zu notwendigen Netzausbaumaßnahmen vornehmen. Zu den dabei zu berücksichtigenden Daten zählen unter anderem die verbleibende Laufzeit von Bestandskraftwerken, wissenschaftliche Prognosen zur Strombedarfsentwicklung und daraus resultierende gesetzliche Vorgaben zum Ausbau der erneuerbaren Energien sowie länderspezifische Programme, wie etwa die Integrierte Energie- und Klimaschutzstrategie des Bundeslandes Thüringen.
Diese Erwägungen bilden zusammen mit weiteren Parametern die Basis für sogenannte Szenariorahmen, die die zu erwartende Entwicklung der deutschen Energielandschaft abbilden. Die darin enthaltenen Annahmen zur räumlichen Verteilung der Versorgungskapazitäten, zum Energiebedarf und zur Kraftwerksleistung ermöglichen es TransnetBW und den anderen Übertragungsnetzbetreibern, den Netzausbaubedarf für die kommenden Jahre zu berechnen. Zusammengefasst bilden die Ergebnisse einen gemeinsamen Netzentwicklungsplan (NEP), der Maßnahmen zur bedarfsgerechten Optimierung, zur Verstärkung und zum Ausbau des Netzes enthält, die in zehn bis 15 Jahren für einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb erforderlich sind.
Ein wichtiges Leitprinzip bei der Entwicklung des NEP ist das sogenannte NOVA-Prinzip: Netz-Optimierung vor -Verstärkung, vor -Ausbau. Diese Handlungsempfehlung für die Netzbetreiber besagt, dass Verbesserungen an bestehenden Übertragungsinfrastrukturen gegenüber Verstärkungen oder dem Ausbau der Übertragungsnetze vorzuziehen sind. Erst wenn alle Möglichkeiten zur Netz-Optimierung ausgereizt sind, entwickeln die Übertragungsnetzbetreiber Maßnahmen für die Verstärkung bestehender Leitungen und den Leitungsneubau, die im NEP festgehalten werden.
Vom Plan zum Gesetz
Vor der offiziellen Bestätigung des NEP durch die Bundesnetzagentur wird dieser mehrfach öffentlich konsultiert sowie fachlich und inhaltlich geprüft. Dies kann zu weiteren Anpassungen der vorgeschlagenen Netzmaßnahmen führen. Wie die Übertragungsnetzbetreiber ist auch die Bundesnetzagentur gesetzlich verpflichtet, die im NEP enthaltenen Maßnahmen auf mögliche Folgen für Menschen, Tiere und Umwelt zu überprüfen.
Nach Prüfung und Bestätigung des NEP durch die Bundesnetzagentur werden die bestätigten Vorhaben den Bundesgremien zur Verankerung im Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) vorgeschlagen. Mit der Aufnahme von Vorhaben in das BBPlG wird für diese Netzausbauprojekte die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der daraus resultierende vordringliche Bedarf zur Gewährleistung des sicheren und zuverlässigen Netzbetriebs gesetzlich festgeschrieben. Das aktuelle Bundesbedarfsplangesetz vom Mai 2019 sieht den Bau von Leitungen mit einer Gesamtlänge von 5.900 Kilometern vor, verteilt auf bundesweit 47 Netzausbau- und Verstärkungsvorhaben.
SuedLink nimmt innerhalb dieser Vorhaben eine zentrale Rolle ein, weil er die Hauptleitung ist, die Windkraft aus dem Norden Deutschlands in den Süden übertragen soll. Schon 2022, wenn die letzten Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz gehen werden, steigt der Bedarf an alternativer Stromerzeugungsleistung in den Verbrauchszentren Bayerns, BadenWürttembergs und Hessens sprunghaft an. Prognosen zufolge werden diese für den Industriestandort Deutschland immens wichtigen Regionen mindestens ein Drittel ihres Jahresverbrauchs an Strom importieren müssen. In Nord- und Ostdeutschland übertrifft dagegen die geplante überwiegend erneuerbare Stromerzeugung die lokale Nachfrage um mehr als das Doppelte.
Damit die Versorgung im Süden weiterhin sicher bleibt, muss die hierfür nötige Infrastruktur geschaffen werden. Denn das bestehende Übertragungsnetz in Deutschland ist für den Transport großer Strommengen über weite Strecken von Nord- nach Süddeutschland bislang nicht ausgelegt und muss deshalb ausgebaut werden. SuedLink erfüllt diese Kernanforderung. Die HochspannungsGleichstromübertragungsleitung verfügt über die nötige Flexibilität, um den Strom jeweils dorthin liefern zu können, wo er benötigt wird. Das kann in Zukunft je nach Wetterlage und Tageszeit auch von Süd nach Nord sein.
Speicher und andere Flexibilitätsoptionen
Doch nicht nur Leitungsbauvorhaben wie SuedLink erhöhen die Flexibilität und letztlich auch die nötige Stabilität im Energiesystem. Unterschiedlichste Technologien wie beispielsweise Batteriespeicher, Power-to-X-Anwendungen oder neue Steuerungsmöglichkeiten im Lastmanagement gewinnen als effiziente technische Flexibilitätsoptionen an Bedeutung und wurden entsprechend bei der Netzplanung berücksichtigt.
Der Großteil dieser Flexibilisierungsoptionen ermöglicht zwar eine zeitliche Verschiebung zwischen Erzeugung und Verbrauch von Strom aus erneuerbaren Energien, nicht jedoch eine räumliche. Power-to-X-Anwendungen sind nicht zuletzt aufgrund hoher Umwandlungsverluste bei der Stromerzeugung keine wirkliche Alternative, um Unterschiede in der Stromerzeugung zwischen zwei Regionen auszugleichen. Sie bieten aber für die Dekarbonisierung der Wärme- und Verkehrssektoren enorme Chancen.
Der Strombedarf insbesondere in den Ballungsräumen und Industriezentren Süddeutschlands lässt sich mit diesen ergänzenden Maßnahmen allein nicht decken. Perspektivisch wird das bereits heute vorhandene Stromerzeugungsdefizit in diesen Regionen im Zuge des Kohle- und Atomausstiegs weiter zunehmen.
SuedLink leistet einen entscheidenden Beitrag, um dieses Ungleichgewicht zwischen Erzeugungs- und Bedarfsregionen auszubalancieren. So ermöglicht die „Windstromleitung“die sichere und bedarfsgerechte Energieversorgung in allen Regionen Deutschlands.
Lesen Sie in der kommenden Woche, wie Thüringen von SuedLink und dem Bau weiterer Hochspannungsleitungen profitiert.