Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Später Triumph für 80-jährige Autorin
Bachmann-Preis geht an Helga Schubert
Klagenfurt. Als älteste je eingeladene Teilnehmerin hat die 80 Jahre alte deutsche Autorin Helga Schubert den renommierten Bachmannpreis gewonnen. Quirlig und gerührt zeigte sie sich am Sonntag in einer ersten Reaktion. „Ich bin unglaublich glücklich“, sagte die gebürtige Berlinerin, die von zu Hause aus in Neu Meteln in Mecklenburg-Vorpommern live ins österreichische Fernsehen zugeschaltet war. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert und gilt als eine der wichtigsten Auszeichnungen für deutschsprachige Literatur. Er erinnert an die in Klagenfurt geborene Lyrikerin Ingeborg Bachmann (1926-1973).
Schubert setzte sich gegen 13 andere Kandidaten durch. In der entscheidenden Abstimmung gewann sie in einer Stichwahl gegen die etwa 50 Jahre jüngere Lisa Krusche aus Braunschweig.
Die Texte hätten unterschiedlicher kaum sein können: Während Schubert sich mit der zwiespältigen Beziehung einer Tochter zu ihrer vom Krieg verhärteten Mutter auseinandersetzt, geht Krusche in die Bildwelt von Computerspielen, mit einer Protagonistin, die sich zwischen Avataren und Bots bewegt. Krusche gewann dafür den mit
12.500 Euro dotierten Deutschlandfunk-Preis.
Für die Diplompsychologin Helga Schubert, die seit den 70er-Jahren Erzählungen, Kinderbücher, Hörspiele und Märchen veröffentlicht hat, war es eine späte Genugtuung. Sie war 1980 schon einmal eingeladen, am Wettlesen um den Bachmannpreis teilzunehmen. Damals bekam sie aus der DDR aber keine Ausreisegenehmigung. Der Triumph kam nun 40 Jahre später.
Diesmal empfand Schubert die Tatsache, dass sie wegen der Corona-Krise nicht reisen konnte, aber als Segen. Der Wettbewerb fand virtuell statt, die Autoren hatten ihre Lesungen aufgezeichnet und die Jury diskutierte live per Videoschaltung aus dem Homeoffice. Schubert sprach von einer „schutzengelmäßigen Schicksalswendung“. So habe sie zu Hause bleiben und ihren Mann pflegen können.