Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Belcanto unterm Regenschirm
Statt Trübsal blasen gute Laune: Solisten, Musiker und Publikum auf Abstand vereint bei Opern- und Operettengala
Gera. Äcker und Wälder gieren nach Regen, aus ihrem Haus vertriebene Künstler dagegen könnten gut auf ihn verzichten, wenn sie nach drei Monaten Corona-Zwangspause wenigstens im Freien wieder Singen und Musizieren dürfen. Regen vereitelte schon am Vortag die Premiere der liebevoll von Musiktheater und Philharmonischem Orchester Altenburg Gera geschmiedeten Opern- und Operettengala in Altenburg, doch Freitag in Gera sollte es klappen!
Aber, auch hier verheißt der Blick in den Himmel Trübes, ebenfalls das von Kay Kuntze online befragte Wetterorakel. So dämpft er gleich zur Begrüßung alle Hoffnungen: 20.15 Uhr könnte Regen auf die zwischen Großem Haus und Bühne am Park errichtete Spielstätte fallen und der ausverkauften Gala den Garaus bereiten.
Falls man künftig eine präzise Wettervorhersage benötigt, frage man den Generalintendanten!
Um Viertel neun Uhr muss das Publikum die Schirme zücken, noch schreiten die Sänger gelassen durch Pfützen, vom Zeltdach plätschert und pladdert das Nass und bedroht bald Instrumente und Elektrik. Auf den letzten Programmhöhepunkt, die famose Miriam Zubieta und ihre temperamentvolle Arie der Olympia, muss man schließlich verzichten.
Mit „Hoffmanns Erzählung“wäre zum Schluss an eine der glanzvollen vergangenen Inszenierungen erinnert worden. „Der Vetter aus Dingsda“war jüngst da und blieb dann Pandemie bedingt weg, „Eugen Onegin“erwischte das Spielverbot kurz nach und den „Wildschütz“kurz vor der Premiere – sie alle aber erhalten in der kommenden Spielzeit eine neue Chance.
Mit einigen der schönsten Arien rühren Johannes Beck und Ulrich Burdack stimmgewaltig die Werbetrommel. Zuvor feiert Anne Preuß anrührend innig den überwältigenden Schmerz, eine „Verkaufte Braut“zu sein.
Im Home-Office haben Miriam Zubieta und Alejandro Lárraga
Schleske schon mal Höhepunkte aus Rossinis „Barbier von Sevilla“trainiert: Bravo Rosina! Bravo Figaro!
Kein bunter Abend kommt ohne Maitre de Plaisir aus. Es gibt hierzulande für die Leitung einer Opernund Operettengala keinen besseren als Kapellmeister Thomas Wicklein, seit Jahr und Tag ein Garant für elegante, intelligente Unterhaltung. Zu Abstandsgebot und anderen Zumutungen zieht er zum Vergnügen aller Sprüche aus einem alten Zauberbuch zurate. Merke: Unterschätze nie Wicklein und die Pandemie!