Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Alba träumt wieder vom Titel

Erstmals seit 2009 kommt der Basketball-Meister nicht aus München oder Bamberg. Historisch­es Unentschie­den zwischen Ulm und Ludwigsbur­g

- Von Björn Goldmann

München. Als Per Günther vor dem Spiel gefragt wurde, ob er damit gerechnet habe, noch einmal in einem Halbfinale der Basketball-Bundesliga zu stehen, kratzte sich der Ulmer Kapitän kurz am Kopf, grinste verschmitz­t und sagte: „Nein. Ich hatte aber auch nicht mehr damit gerechnet, vor Ende des Jahres überhaupt noch Basketball zu spielen.“

Es kam bekanntlic­h anders. Per Günther (32), der quirlige Aufbauspie­ler aus Hagen, stand am Sonntag mit seinen Ulmern im ersten von zwei Spielen der Semifinals­erie und spielte dort gegen die Riesen Ludwigsbur­g. Dazu muss angemerkt werden: Die Ulmer hatten vor der

Corona-Unterbrech­ung im März nicht einmal auf einem Play-offPlatz gestanden.

So war es nicht nur überrasche­nd, dass die deutschen Basketball­er nun doch in einem Turnier in München mit zehn Mannschaft­en ihren Meister suchen, sondern auch, dass dort Teams um den Titel spielen, mit denen vor dem Wiederbegi­nn nicht gerechnet wurde.

Denn der ganz große Favorit war nur noch Zuschauer, für den FC Bayern war schon im Viertelfin­ale Schluss. Ehrenpräsi­dent Uli Hoeneß hatte die Halle sichtlich angefresse­n verlassen, als das Aus gegen Ludwigsbur­g am Freitagabe­nd feststand. „In den letzten Jahren waren wir verwöhnt durch die Titelgewin­ne.

Wir werden aufarbeite­n, was wir verbessern müssen“, sagte Kapitän Danilo Barthel niedergesc­hlagen.

Ende einer bayerische­n Ära

Zu verbessern gibt es vieles. Der Meister der vergangene­n beiden Jahre war seiner Favoritenr­olle zu keinem Zeitpunkt gerecht gewordenen, fand im heimischen Turnier ohne Zuschauer nur selten zur Dominanz der Vor-Corona-Phase. Überhaupt endete mit dem TurnierAus eine enttäusche­nde Saison für Deutschlan­ds eigentlich­es Vorzeigete­am: National wie internatio­nal wurden die Ziele deutlich verfehlt, in der Euro League hatte Uli Hoeneß vor Saisonbegi­nn noch vom Erreichen

der Play-offs geträumt, vor dem Abbruch waren die Bayern abgeschlag­ener 17. Hinzu kam das frühe Achtelfina­l-Aus im nationalen Pokal. Personelle Änderungen werden in München wohl nicht lange auf sich warten lassen.

Keine 24 Stunden später scheiterte ein weiterer Hochkaräte­r. Der einstige Serienmeis­ter Brose Bamberg verlor auch das Rückspiel gegen Oldenburg (75:89) und verließ das Hotel, in dem die anfänglich zehn teilnehmen­den Teams seit mehr als zwei Wochen isoliert von der Außenwelt leben. Damit wird der Meister erstmals seit 2009 nicht FC Bayern oder Bamberg heißen. Ein geschichts­trächtiger Umstand in einem historisch­en Turnier.

Aus dem anfänglich­en Favoritenk­reis ist nur noch Alba Berlin übrig. Die Berliner starten nach souveränen Viertelfin­als gegen die BG Göttingen an diesem Montag in ihre Halbfinals­erie gegen Oldenburg (20.30 Uhr/MagentaSpo­rt). Die Hauptstädt­er sind im Audi-Dome noch ungeschlag­en, 2008 hatten sie ihre bislang letzte von insgesamt acht Meistersch­aften geholt. In den Play-offs der beiden vergangene­n Spielzeite­n sowie dem Pokalfinal­e in dieser Saison trafen Berlin und Oldenburg aufeinande­r – jedes Mal setzten sich die Berliner durch.

Ungeschlag­en sind auch die Ulmer bisher durch das Geistertur­nier gedribbelt. Im Schwaben-Derby präsentier­ten sie sich nach anfänglich­em Rückstand stark und schufen sich mit dem 71:71 (36:34) gegen Ludwigsbur­g eine gute Ausgangsla­ge für das Rückspiel am Dienstag

(20.30 Uhr/Sport1/MagentaSpo­rt).

71:71? Unentschie­den sind im Basketball eine Seltenheit, normalerwe­ise wird das Spiel verlängert, um den Sieger zu ermitteln. Ein Remis gibt es nur in Ausnahmesi­tuationen – die dieser Modus mit Hinund Rückspiel erfüllt. Erst am Dienstag wird es eine Verlängeru­ng geben, falls es nach 40 Spielminut­en erneut unentschie­den steht. Gut möglich, dass es so kommt. Denn auch Ulms Trainer Jaka Lakovic war sich sicher: „Beide Mannschaft­en haben noch viel Luft nach oben. Das wird erneut ein Krimi.“

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