Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Windkanal bläst mit Tempo 250
Neues Hochleistungsmodul für Lehre und Forschung in Nordhausen aufgebaut
Nordhausen. Die Nordhäuser Hochschule ist um ein Zugpferd reicher: Vor wenigen Tagen wurde eine 13 Meter lange und 5,50 Meter hohe Apparatur im August-Kramer-Institut (AKI) aufgebaut, die einen Windkanal in sich trägt. „Der Windkanal stammt aus dem Jahr 2007 und stand die vergangenen Jahre auf dem Gelände der Ernst AbbeHochschule Jena“, berichtet KlausPeter Neitzke, Professor für Automatisierungssysteme, der den Kanal zusammen mit Professor Thomas Link betreuen wird.
Dieser einst eine knappe Million Euro teure Apparat wurde in Jena nicht mehr benötigt. „Als die Anfrage aus dem Wissenschaftsministerium kam, ob wir Interesse zeigen, haben wir natürlich gleich Ja gesagt“, schildert Neitzke den Beschaffungsweg. Die Nordhäuser Hochschule musste nur die Transportkosten und den Aufbau bezahlen. „Das Gerät ist in einwandfreiem Zustand und hat eine hohe Leistung“, so der Professor. Die Maximalgeschwindigkeit des Luftstroms beträgt 70 Meter pro Sekunde, das entspricht 252 km/h. „Das ist so schnell wie ein ICE-Zug“, nennt Neitzke ein passendes Beispiel. Die elektrische Antriebsleistung umfasst 160 kW.
„Läuft der Windkanal in Volllast, ist er natürlich sehr laut und kann bis zu 130 Dezibel erreichen“, verdeutlicht Neitzke. „Im Normalfall und mittleren Betrieb verzeichnen wir 60 bis 70 Dezibel, so dass ich für alle Mitarbeiter im AKI Entwarnung geben kann“, sagt der Professor mit einem Augenzwinkern.
Noch ist der Windkanal nicht betriebsbereit. So fehlen noch einige Anbauten wie etwa Schränke für die Elektronik und Messtechnik. Außerdem soll noch Lasertechnik installiert werden. „Da müssen wir uns noch etwas zum Verschließen überlegen und vielleicht eine Box bauen; denn es soll ja niemand geblendet werden“, erklärt der wissenschaftliche Mitarbeiter Rio Rathje. Außerdem müsste die Turbine noch ausgewuchtet werden. „Wir wollen den Kanal im Herbst anschalten“, fügt Neitzke hinzu.
Der Professor verspricht sich sowohl für die Lehre als auch die Forschung einen gehörigen Schub. „Wir wollen die mitunter trockene Theorie den Studenten schmackhaft machen“, betont Neitzke und nennt Aerodynamik, Strömungstechnik und Windräder als Betätigungsfelder.
„Im Bereich der Forschung öffnen sich weite Felder für die Firmen aus der Region, die bei uns ihre Projekte testen können. Zum Beispiel bei der Fliegerei mit Drohnen oder auch der GebäudeAerodynamik“, so der Nordhäuser. Der Windkanal sei wie ein kleines Labor und bilde die Realität ab, nur in kleinerem Maßstab. „Wir sind offen für alles und gespannt auf die Anfragen, die da kommen werden“, blickt er voraus.
Klaus-Peter Neitzke bringt übrigens reichlich Erfahrung in das neue Projekt mit ein. Denn er hat früher viele Jahre mit Windkanälen gearbeitet. „In meiner Dresdner Zeit habe ich unter anderem die Kuppel des Berliner Reichstages intensiv darauf getestet, ob sie auch den Stürmen standhält“, erinnert er sich zurück.