Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Ein Spielzeitheft ohne Termine
Jenaer Philharmonie wirbt aber für kommende Konzert-Saison mit 6er-Wahl-Abos
Jena. Zwölf Reihen zu je sechs Bürotischen samt Stühlen: Der große Saal im Jenaer Volkshaus erinnert gegenwärtig an einen Ort für schriftliche Prüfungen. Oder eine Volkshochschule, wie es Generalmusikdirektor (GMD) Simon Gaudenz nennt. Nach monatelanger Zwangspause soll die Jenaer Philharmonie hier ab September endlich wieder regelmäßig spielen. Dann werde hoffentlich auch die Kurzarbeit enden, beschreibt Orchestervorstand Alexander Suchlich die Wünsche des Ensembles.
Einen Vorgeschmack auf eine Saison unter Corona-Bedingungen gab das Orchester bereits am Wochenende. Umrahmt von musikalischen Kostproben präsentierte die Leitung das neue Programm. Insgesamt stemmte die Philharmonie acht dieser Veranstaltungen für jeweils 72 Besucher. „Wir sind für Sie da!“, das wollte man deutlich zeigen.
Das frisch gedruckte Spielzeitheft, in Jena Saisonbuch genannt, gab’s obendrein. Es nennt allerdings keinerlei Termine. Wegen der ungewissen Zukunft stellt das Ensemble lediglich Inhalte vor – die einzelnen Konzerte und Programmpunkte. Die konkreten Daten und finalen Inhalte werden erst in späteren Begleitpublikationen veröffentlicht, wie Orchesterdirektorin Ina Holthaus ankündigt. Wie die Spielzeit ohne Beschränkungen verlaufen würde, kann man in der chronologischen Konzertübersicht nachlesen. Sie liegt dem Saisonbuch bei.
Auch klassische Abo-Angebote mit festen Sitzplätzen kann die Philharmonie diesmal nicht unterbreiten. Stattdessen wirbt die Direktion für Wahl-Abos. Damit können sechs frei wählbare Konzerte besucht werden.
Unter den Hygiene- und Abstandsregeln finden anstelle der 900 Besucher nur 180 Gäste im Volkshaus Platz. Auf der Bühne können lediglich 25 Musiker spielen, in Ausnahmefälle auch mal 30. „Das bedeutet, dass wir die Programme mehrmals spielen müssen“, erläutert Orchesterchefin Holthaus. Sie seien kürzer und hätten keine Pausen. „Unter diesen Bedingungen werden uns am Spielzeitende 500.000 Euro fehlen“, prognostiziert Jenakultur-Chef Jonas Zipf.
Die Spielzeit 2020/2021 steht unter dem Motto „Natur“. Zu den Höhepunkten zählt laut GMD Gaudenz die gemeinsame Musiktheater-Produktion mit dem Theaterhaus Jena „The Rest Is Noise“– „Der Rest ist Lärm“. Sie basiert auf einem Buch von Alex Ross und erzählt die Geschichte des 20. Jahrhunderts anhand seiner Musik.
Auch den Mahler-Scartazzini-Zyklus möchte Simon Gaudenz nur allzu gern fortsetzen. Ob und wann das möglich sein wird, ist ungewiss. „Mahler ist nicht die Pandemie-Musik“, räumt der Chefdirigent ein. Notfalls werde man ein anderes Werk des Composers in Residence, Andrea Lorenzo Scartazzini, spielen, sagt Ina Holthaus.
Die Orchesterchefin selbst schwärmt für die Reihe Black Box. Hier konzipieren Musiker der Philharmonie Überraschungsprogramme für den Jenaer Club Kassablanca.
Auch für die Reihe „Philharmonie@Uni“geht das Jenaer Orchester außer Haus, musiziert an verschiedenen Orten der Universität Jena. Darüber hinaus wird die Thementag-Reihe „Der Klang von Jena“fortgeführt.
Artist in Residence ist in dieser Spielzeit der zweifache Echo-Preisträger Maximilian Hornung. Er wird in unterschiedlichen CelloKonzerten zu erleben sein und auch selbst mal den Taktstock führen.
Die neue Konzert-Saison stellt die Jenaer Philharmonie vor eine große logistische Herausforderung; und auch den Zuschauern wird sie ein hohes Maß an Flexibilität abverlangen.
Der Wahl-Abo-Verkauf hat begonnen. Hierfür gibt es bis 31. August einen Frühbucherrabatt. Der Verkauf von Einzeltickets startet dann am 1. September.