Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

„Ich habe fürchterli­che Beklemmung­en“

TV-Legende Frank Elstner über seine Netflix-Sendung, eine Begegnung mit Donald Trump und Parkinson

- Von Rüdiger Sturm

Berlin. Fernsehmod­erator Frank Elstner lässt sich nicht unterkrieg­en. Trotz seiner Parkinson-Erkrankung macht der 78-Jährige noch einen Karrieresc­hritt und präsentier­t seine Netflix-Talkshow „Wetten, das war’s?“Und er ist dabei geistig so agil wie seine jungen Gesprächsp­artner, wenngleich hinter seiner Gelassenhe­it auch große Ängste schlummern.

Sie interviewe­n in Ihrer Talkshow hauptsächl­ich die jüngere Generation – von Lena Meyer-Landrut bis Klaas Heuer-Umlauf. Was können Sie von der lernen?

Ich bin ein sehr neugierige­r Mensch, weshalb ich allen nur empfehlen kann, neugierig zu bleiben. Zum Beispiel in Sachen Internet. Ich kenne viele junge Leute, die damit sehr viel mehr Erfahrung haben als ich. Ich habe fünf Kinder, die online in einem Tempo kommunizie­ren, dass ich da nur neidisch zugucken kann. Jetzt habe ich auf meinem Schreibtis­ch ein Buch liegen, das heißt „Internet for Dummies“.

Gibt es vielleicht auch Dinge, die Sie an der modernen Jugendkult­ur nicht mögen?

Alles, was mit Gewalt, Rassismus und Rücksichts­losigkeit zu tun hat, ist überhaupt nicht mein Fall.

So gesehen können Sie womöglich mit bestimmten Rap- und Hip-HopKünstle­rn wenig anfangen.

Glückliche­rweise spreche ich ganz schlecht Englisch und kann die Texte nicht wirklich verstehen. Die Musik selbst reißt mich schon mit, manchmal möchte ich gar nicht wissen, was die da sagen.

Sie selbst haben mit den 68ern eine Zeit der Tabubrüche erlebt. Wie haben Sie die eigentlich wahrgenomm­en?

Ich war damals bei Radio Luxemburg Chefsprech­er, lebte also im Ausland. Deshalb habe ich die 68er eher als Zaungast denn als direkt Betroffene­r erlebt. Aus dieser Zeit habe ich aber wichtige Dinge für mich mitgenomme­n. Zum Beispiel, dass man Widerstand leisten muss, wenn etwas nicht funktionie­rt.

Wann zum Beispiel?

Ich habe immer wieder Menschen unterstütz­t, die gegen Atomkraftw­erke waren, ich habe Greenpeace unterstütz­t oder Minderheit­en vertreten, die sich in der Öffentlich­keit zur Wehr setzen mussten. Ich habe daraus nur nie ein Politikum gemacht. Sprich, ich wollte meine Popularitä­t nicht für politische Zwecke einsetzen.

Wer Widerstand leistet, kann sich eine blutige Nase holen. Ist das Ihnen auch passiert?

Ich habe Glück gehabt, dass ich keine blutige Nase bekommen habe, weil ich in meinem Leben das ein oder andere gesagt habe, das meinem Gegenüber nicht gefallen hat.

Würden Sie dieser Haltung treu bleiben, wenn Sie Donald Trump in Ihrer Sendung hätten?

Jetzt werde ich Ihnen etwas sagen, was Sie wahrschein­lich sehr wundert. Ich hatte Trump bereits in einer meiner Sendung. Das war für „Nase vorn“im ZDF. In der haben wir unter anderem über Trump berichtet, der damals gerade seinen großen Wolkenkrat­zer eröffnet hat.

Wie lief das ab?

Wir hatten eine Direktscha­ltung nach New York, und Donald Trump begrüßte mich mit „Hello Frank“. Er war damals ein gutaussehe­nder amerikanis­cher Selfmade-Boy. Als ich jetzt meinen Freunden gesagt habe, „Kinder, ich kenn den Trump“, da fragten sie: „Und wie ist er?’ – Ich meinte dann: ‚Das kann ich nicht sagen. Damals war er nett, aber heute ist er ein Trottel.“

Wären Sie zu diesem „Trottel“von heute noch so nett?

Ich glaube nicht. Ich habe in den paar Tausend Interviews, die ich geführt habe, auch Menschen gesagt, was mir nicht gefällt.

Ihre Parkinson-Erkrankung thematisie­ren Sie in „Wetten, das war’s?“ganz souverän. Haben Sie keine

Sorgen oder Ängste?

Meine Krankheit versuche ich durch ein disziplini­ertes Leben zu bremsen. Aber ich habe Beklemmung­en. Was wir jetzt mit Corona durchmache­n müssen, wo keiner weiß, wie sich das wirklich entwickelt, flößt einem fürchterli­che Ängste ein. Die überwinde ich dann mit dem Gedanken an die Arbeit. Für mich ist Netflix ein absolutes Geschenk. Ich freue mich sehr, dass in meinem Leben den großen Bogen vom Schwarzwei­ß-Fernsehen, mit dem ich angefangen habe, bis zum Streaming spannen kann.

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FOTO: CLEMENS BILAN Frank Elstner bei der der Aufzeichnu­ng der Sendung „Das unglaublic­he Quiz der Tiere“, der Moderator trägt einen Nasenbären auf seinen Schultern.

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