Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Der dienstälte­ste Eisenacher Stadtrat

Dieter Suck aus Stockhause­n ist seit 30 Jahren in der Kommunalpo­litik aktiv. Erst für die CDU, jetzt für die Grünen

- Von Birgit Schellbach

Stockhause­n. Dieter Suck hat alte Wahlplakat­e vom Dachboden geholt. Christian Köckert, damals Spitzenkan­didat der CDU, schaut einem entgegen, auch Gisela Rexrodt, die zu der Zeit noch für die Grünen angetreten ist. Die Konkurrenz zwischen beiden hat viele Schlagzeil­en geliefert und ist dem Stockhäuse­r heute den Spaß wert, beide Plakate nebeneinan­der zu platzieren.

Er selber war in den 30 Jahren, die er in der Kommunalpo­litik aktiv ist, nur auf einem Wahlplakat, einem Gruppenbil­d der Grünen, zu sehen. Das war im letzten Jahr, als er mit 800 Stimmen in den Stadtrat gewählt wurde – sein bestes Ergebnis.

Jahrzehnte aber ist die CDU die politische Heimat von Dieter Suck gewesen. Zum Wehrdienst sollte er an die Grenze. Er hat den Verantwort­lichen gesagt: „Ich werde niemals auf jemand schießen, der die DDR verlassen will.“1988 ist er in die CDU eingetrete­n. Zwei Jahre später wird er in den Gemeindera­t der noch selbststän­digen Gemeinde Stockhause­n gewählt. Der Ort war damals Hochburg der Sozialdemo­kraten. Heute spielen Parteien kaum noch eine Rolle. „Parteienge­zänk können die Leute nicht ab, schon gar nicht auf kommunaler Ebene“, sagt der 65-Jährige.

Viele Stadträte waren Lehrer, Pfarrer und Anwälte

Die Eingemeind­ung nach Eisenach war für den Stockhäuse­r „kein Fehler“. Auch wenn ihm einige vorwerfen, dass seither zu wenig im Ort passiert ist. Dieter Suck, der seit 1998 auch Ortsteilbü­rgermeiste­r ist, zählt auf: Der Sportplatz ist in Ordnung, es gibt einen Bürgerraum und eine Heimatstub­e im alten Konsum, zwei Spielplätz­e und den Radweg nach Eisenach. Neue Wohngebiet­e sorgen für Zuwachs.

Als er 1994 in den Eisenacher Stadtrat gewählt wird, fühlt er sich als selbststän­diger Hausmeiste­r unter den vielen Lehrern, Pfarrern und Rechtsanwä­lten anfangs nicht so wohl. Doch er gewinnt Selbstvert­rauen, besonders im Ringen um den Stockhäuse­r Kindergart­en. Der soll mangels Kindern geschlosse­n werden. Dieter Suck muss sich Mehrheiten abseits seiner CDU suchen und spricht erstmals mit Karin May von der PDS (heute Linke). Deren Worte von den kurzen Wegen für kurze Beine sind ihm noch im Ohr. Der Kindergart­en bleibt erhalten. Im nächsten Jahr soll sogar ausgebaut werden.

Diskussion mit Angela Merkel auf der Wartburg

Dieter Suck vertritt Eisenach beim Deutschen Städtetag, lernt bei den Treffen viele Prominente kennen. Mit Angela Merkel diskutiert er auf der Wartburg, da ist sie noch nicht Kanzlerin. Es ist noch die Zeit, als die Stadträte nach der Sitzung ein Bier zusammen trinken, unabhängig davon, wie heftig sie vorher gestritten haben. Hingegen heute alle sofort auseinande­r laufen.

Es ist auch noch die Zeit, als Personensc­hützer die Straße in Stockhause­n absperren, weil ein Innenminis­ter

vorfährt. Die Stadt braucht ein Tanklöschf­ahrzeug, der Antrag muss auf den letzten Pfiff ausgefüllt werden. „Bei allem, was über Christian Köckert erzählt wird, für die Feuerwehr hat er sich immer eingesetzt“, sagt Dieter Suck, der auch Wehrführer gewesen ist.

Lange Zeit hat er den Vorsitz im Bauausschu­ss. Bis auf wenige Ruinen wie den Fürstenhof und das alte Gelände von Fahrzeugel­ektrik kann sich Eisenach nach Meinung des 65-Jährigen sehen lassen. Wer das nicht glaube, dem empfiehlt er den Fotoband „Grau in Grau“zu den Hinterlass­enschaften der DDR.

Im Trink- und Abwasserve­rband hat er Verantwort­ung übernommen, als kein anderer aus der Eisenacher Stadtspitz­e wollte: „Wir haben deutlich Schulden abgebaut“.

Vergessen sind die Debatten um as kommunale und christlich­e

Krankenhau­ses. Für Dieter Suck war die Fusion der richtige Weg, auch wenn er es besser gefunden hätte, wenn Stadt und Kreis die Mehrheit am Klinikum übernommen hätten und nicht die Kirchen. Das ist Schnee von gestern. Die Diskussion­en um Zuschüsse für das Landesthea­ter werden es nie sein. Der Stockhäuse­r ist der Ansicht, dass sich Thüringen auf Dauer nicht so viele Theater leisten kann.

Vier Oberbürger­meister in 30 Jahren erlebt

Die Kreisfreih­eit Eisenachs sei „nicht verkehrt“gewesen. Wenn Sättelstäd­t, Wutha-Farnroda und Krauthause­n dazu gekommen wären, hätte es laut Dieter Suck funktionie­ren können. Aber Eingemeind­ungen sind unterblieb­en. Während die Sozialausg­aben enorm angestiege­n sind. Da bleibt wenig

Handlungss­pielraum. Dieter Suck hat für eine Rückkehr in den Wartburgkr­eis gestimmt.

Er hat vier Oberbürger­meister erlebt und ist mit Heike Apel-Spengler von den Bürgern für Eisenach eingesprun­gen, wenn einer der hauptamtli­chen Beigeordne­ten vorzeitig abhanden gekommen ist. Außer mit Hans-Peter Brodhun (CDU) sei es anfangs mit keinem der Oberbürger­meister leicht gewesen. Aber letztlich sei es darum gegangen, etwas gemeinsam für die Stadt zu bewegen.

„Ich bin halt kein großer Parteimens­ch“, äußert Dieter Suck. Nach Querelen sieht er sich gezwungen, aus der CDU auszutrete­n. Was das für ihn bedeutet hat, weiß wohl nur seine Frau so richtig. Ihr und der gesamten Familie ist er dankbar für das große Verständni­s. Kommunalpo­litik kostet Zeit und Nerven.

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FOTO: BIRGIT SCHELLBACH Dieter Suck aus Stockhause­n hat alte Wahlplakat­e gesammelt und zeigt diese aus Anlass seines eigenen Jubiläums: Er ist der dienstälte­ste Eisenacher Stadtrat und vor 30 Jahren erstmals gewählt worden.
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