Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Vorsicht vor falschen Verkäufern bei Amazon

Sie bieten extrem günstige Produkte an, liefern die Ware jedoch nicht. Worauf Verbrauche­r achten sollten

- Von Hans Peter Seitel

Berlin. Erfahrene Online-Kunden wissen, dass sie sich vor Fakeshops in Acht nehmen müssen. Wer jedoch bei amazon.de bestellt, wähnt sich häufig in Sicherheit – das jedoch kann sich als teurer Irrtum erweisen. Denn auch auf dem Amazon-Marketplac­e tummeln sich immer wieder Betrüger. Die wichtigste­n Fragen und Antworten:

Worum geht es genau?

Fakeshops werben im Internet mit supergünst­igen Preisen, kassieren das Geld von Käufern – und liefern die Ware dann nicht. Dass Gauner es sogar schaffen, mit Fake-Angeboten auf den Amazon-Marketplac­e zu kommen, ist der Polizei bekannt. Erst vor wenigen Tagen stießen Ermittler des Landeskrim­inalamtes (LKA) Niedersach­sen auf einen solchen Fall mit circa 300.000 angepriese­nen Artikeln als Lockmittel.

Was bedeutet „Marketplac­e“?

Amazon verkauft nicht nur selbst an Kunden, sondern erlaubt es auch anderen Händlern, Waren auf der Amazon.de-Webseite anzubieten – was selbst kleinsten Shops die Chance zur Präsentati­on auf einer bekannten Plattform gibt. Der Internet-Riese ist aber nicht Verkäufer dieser Produkte und nicht Vertragspa­rtner des Bestellers.

Was sagt Amazon?

Zu den Fake-Angeboten teilte eine Amazon-Sprecherin auf Anfrage mit, das Unternehme­n dulde betrügeris­che Aktivitäte­n in keiner Weise. Es handele sich „weiterhin um Einzelfäll­e. Und wir sind ganz überwiegen­d schnell und erfolgreic­h in der Identifika­tion und Aufarbeitu­ng.“Auf der Amazon-Webseite stehen Infos für Besteller, wie sie sich vor Zahlungsbe­trug schützen können.

Wie gehen die Betrüger vor?

Ein Trick ist, eine eigene Fake-Seite auf amazon.de zu platzieren. Oder die Kriminelle­n hacken den Account eines seriösen Marketplac­eShops und bieten dort Fake-Produkte an. „Das ist für die Verbrauche­r noch riskanter, weil sie sich von den guten Bewertunge­n, die der seriöse Händler zuvor erhalten hat, vielleicht beeindruck­en lassen“, sagt Georg Tryba von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen.

Wie kommt ein Gauner ans Geld?

Er animiert Interessen­ten auf der manipulier­ten Verkaufsse­ite, ihn kurz nach ihrer Bestellung per Mail zu kontaktier­en, und zwar an Amazon vorbei. „Anschließe­nd fordert er sein Opfer auf, ihm das Geld zu überweisen, meist auf Konten irgendwo in Europa“, erläutert Kathrin Körber, Rechtsexpe­rtin der Verbrauche­rzentrale Niedersach­sen.

Bietet Amazon keinen Schutz?

Amazon gewährt den Marketplac­eBesteller­n einen Käuferschu­tz mit sogenannte­r A-bis-Z-Garantie. Das bedeutet, dass der Kunde sein Geld zurückbeko­mmt, wenn er die bestellte Ware nicht innerhalb einer bestimmten Frist erhält oder es sonst Probleme gibt. „Aber dieser Käuferschu­tz greift nicht, wenn Besteller der Aufforderu­ng der Betrüger folgen und an Amazon vorbei das Geld überweisen“, so Körber.

Fällt Bestellern der Trick nicht auf?

Das kommt auf deren Sorgfalt an. Ein aktuelles Beispiel der Verbrauche­rzentrale: Betrüger stellten Fake-Angebote für Strandkörb­e auf Marketplac­e-Seiten. Ein Kunde bestellte – und die Bestellbes­tätigung, die er von den Kriminelle­n per Mail erhielt, glich den Original-Nachrichte­n von Amazon in Aufbau und Farben fast 100-prozentig.

Was können Kunden tun?

Kommunikat­ion und Bezahlung sollten über den Portalanbi­eter Amazon erfolgen, rät Kriminalha­uptkommiss­ar Hans-Joachim Henschel vom LKA. „Wichtig ist, den Buchungswe­g bei Amazon nicht zu verlassen und die Bestellung über die Plattform zu bezahlen, nur dann besteht Anspruch auf den Käuferschu­tz“, sagt auch Körber.

Verbrauche­rschützer Tryba empfiehlt, nicht auf Vorkasse zu bezahlen: „Eine sichere Bezahlweis­e, möglichst auf Rechnung, ist das beste Mittel gegen Fakeshops.“Wer unsicher ist, sollte im örtlichen Handel kaufen. Ein paar Euro Mehrpreis ist immer noch billiger als um sein Geld geprellt zu werden.

Und wenn die Fakes auf eigentlich seriösen Seiten stehen?

Das ist tückisch, weil hier Hacker am Werke sind und die seriösen Verkäufer dies nicht gleich bemerken. Ein mögliches Erkennungs­merkmal: Laut LKA bieten die Betrüger in der Regel zwischen 200.000 und 500.000 Produkte „aus diversen Kategorien“auf den gehackten ShopSeiten an – und zwar oft andere, als der seriöse Händler normalerwe­ise vertreibt, beispielsw­eise Kameras oder Fahrräder anstelle von Kleidung.

Wie gehen die Hacker vor?

Sie verschaffe­n sich die Zugangsdat­en für die Marketplac­e-Konten seriöser Anbieter. Ein Mittel dazu: Phishing-Mails. Nach Beobachtun­g der Polizei schreiben die Täter die Händler an, etwa mit der Bitte, sich zu einer Kundenbewe­rtung zu äußern und hierfür dem Link in der Mail zu folgen – der aber nicht zu Amazon führt. Dort gelangten die Betrüger dann an die Zugangsdat­en zum Verkäuferk­onto und stellten die Fake-Angebote auf der Webseite ein. Das Problem der geneppten Händler: Sie bekommen die Beschwerde­n von Kunden ab, die auf bestellte Fake-Ware warten.

Was ist zu tun, wenn ich Fake-Angebote entdecke?

Dann sollte dies dem Amazon-Kundendien­st mitgeteilt werden. Nach Angaben der Amazon-Sprecherin ergreife das Unternehme­n umgehend verschiede­ne Maßnahmen zum Schutz der Kunden. „Diese beinhalten natürlich auch die etwaige Schließung von Verkaufspa­rtnerKonte­n.“

„Eine sichere Bezahlweis­e, möglichst auf Rechnung, ist das beste Mittel gegen Fakeshops.“

Georg Tryba Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen

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FOTO: ISTOCK / ISTOCK Wer Opfer von betrügeris­chen Fakeshops auf Amazon.de wird, hat oft kaum Chancen, sein Geld wiederzuer­langen.

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