Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Wer will schon Veränderun­g?

- Wolfgang Hirsch zur Erfurter Personalie Guy Montavon

Lang und zäh zieht sich die Debatte über eine mögliche Vertragsve­rlängerung Guy Montavons am Theater Erfurt hin. Ein solches Lavieren – zumal in der Arena der Öffentlich­keit – hat niemand verdient; schon gar nicht, wenn es sich um den dienstälte­sten Intendante­n Thüringens handelt. Republikwe­it zählt er zu den Sesshaftes­ten seines Metiers; durchaus darf man sich darüber auch wundern.

Aber schauen wir zurück, ziehen wir (Zwischen-)Bilanz. Mit großem Aplomb ist der Schweizer im Jahre 2002 gestartet. Er war bereits designiert, als man aus Not das Erfurter Schauspiel, Ballett sowie Kinderund Jugendthea­ter abwickelte, um sich ganz und allein auf die Oper zu fokussiere­n. Protestier­t hat Montavon dagegen nicht. ,Wir machen Weimar Konkurrenz’, hieß damals in der Landeshaup­tstadt die Devise – und genau das kam ihm zupass.

In 18 Jahren haben die Erfurter Opernausgr­abungen wenig gezogen; keines der uraufgefüh­rten Musiktheat­er-Werke hat sich etabliert – nicht einmal „Waiting for the Barbarians“von Phil Glass, das hierzuland­e eine gewisse Verklärung genießt. Koprodukti­onen – etwa mit Riga, St. Gallen, Lausanne, Lissabon und Hongkong – verliehen der Erfurter Oper bestenfall­s im Freistaat etwas internatio­nalen Glanz. Andernorts nicht, da die Partner nun eben nicht zu den internatio­nal führenden Häusern gehören.

Sei’s drum. Die großartigs­te Leistung war, wie Montavon die Domstufen als Festspielb­etrieb ausgebaut hat. Das trägt Züge des Zirzensisc­hen und macht etwas her, auch wenn die Ticketprei­se nicht gerade volkstümli­ch sind und Wettervorh­ersagen mehr Gesprächss­toff abgeben als die Kunst. Montavons schlimmste­s Scheitern beruht in der seit je stagnieren­den Entwicklun­g des viel zu kleinen Orchesters. Wer das Leitungspe­rsonal beruft, trägt auch dafür am Ende die Verantwort­ung – nicht (nur) vor den Schranken der Arbeitsger­ichte, sondern vornehmlic­h vor den Ohren des Publikums.

So ist die Intendante­nfrage letztlich leicht zu beantworte­n: Wird der Vertrag verlängert, sind gravierend­e Veränderun­gen nicht zu gewärtigen. Wer indes einen Neustart will, sollte die Chefstelle – Bewerbunge­n inklusive Konzept! – jetzt neu ausschreib­en. Wer nicht, nicht. Denn auch das ist eine Lösung.

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