Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Wer will schon Veränderung?
Lang und zäh zieht sich die Debatte über eine mögliche Vertragsverlängerung Guy Montavons am Theater Erfurt hin. Ein solches Lavieren – zumal in der Arena der Öffentlichkeit – hat niemand verdient; schon gar nicht, wenn es sich um den dienstältesten Intendanten Thüringens handelt. Republikweit zählt er zu den Sesshaftesten seines Metiers; durchaus darf man sich darüber auch wundern.
Aber schauen wir zurück, ziehen wir (Zwischen-)Bilanz. Mit großem Aplomb ist der Schweizer im Jahre 2002 gestartet. Er war bereits designiert, als man aus Not das Erfurter Schauspiel, Ballett sowie Kinderund Jugendtheater abwickelte, um sich ganz und allein auf die Oper zu fokussieren. Protestiert hat Montavon dagegen nicht. ,Wir machen Weimar Konkurrenz’, hieß damals in der Landeshauptstadt die Devise – und genau das kam ihm zupass.
In 18 Jahren haben die Erfurter Opernausgrabungen wenig gezogen; keines der uraufgeführten Musiktheater-Werke hat sich etabliert – nicht einmal „Waiting for the Barbarians“von Phil Glass, das hierzulande eine gewisse Verklärung genießt. Koproduktionen – etwa mit Riga, St. Gallen, Lausanne, Lissabon und Hongkong – verliehen der Erfurter Oper bestenfalls im Freistaat etwas internationalen Glanz. Andernorts nicht, da die Partner nun eben nicht zu den international führenden Häusern gehören.
Sei’s drum. Die großartigste Leistung war, wie Montavon die Domstufen als Festspielbetrieb ausgebaut hat. Das trägt Züge des Zirzensischen und macht etwas her, auch wenn die Ticketpreise nicht gerade volkstümlich sind und Wettervorhersagen mehr Gesprächsstoff abgeben als die Kunst. Montavons schlimmstes Scheitern beruht in der seit je stagnierenden Entwicklung des viel zu kleinen Orchesters. Wer das Leitungspersonal beruft, trägt auch dafür am Ende die Verantwortung – nicht (nur) vor den Schranken der Arbeitsgerichte, sondern vornehmlich vor den Ohren des Publikums.
So ist die Intendantenfrage letztlich leicht zu beantworten: Wird der Vertrag verlängert, sind gravierende Veränderungen nicht zu gewärtigen. Wer indes einen Neustart will, sollte die Chefstelle – Bewerbungen inklusive Konzept! – jetzt neu ausschreiben. Wer nicht, nicht. Denn auch das ist eine Lösung.