Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Ein besonderes Abendrot zur blauen Stunde

Veranstalt­er aus Eisenach setzen mit Aktion „Night of Light“Zeichen für ihre gebeutelte Branche

- Von Norman Meißner

Eisenach. „Es schmerzt richtig schlimm, es ist existenzbe­drohend“, begründet der Eisenacher Andreas Zettl sein Engagement für die Beleuchtun­gsaktion „Night of Light 2020“, bei der am Montagaben­d deutschlan­dweit hunderte Bauwerke in rotem Lichtergla­nz erstrahlte­n. Mit der roten Beleuchtun­g möchten die Organisato­ren die Aufmerksam­keit auf die Nöte der gebeutelte­n Veranstalt­ungsbranch­e lenken. Aufgrund der Corona-Krise kann Andreas Zettl vom Unternehme­n DJJ Events schon seit Wochen keine Stadtfeste, Hochzeiten, Kirmesfeie­rn, Sport-Veranstalt­ungen, Wein- und Familien-Feste mehr organisier­en und von technische­r Seite mit Licht, Ton und Video begleiten.

Mit seinen Mitstreite­rn Julian Walther und Marc Funke tauchte er Montagaben­d die Fassade des alten Fabriktors vom einstigen Automobilw­erk Eisenach in Rotlicht. „Es fällt alles aus – die kleinen bis zu den großen Veranstalt­ungen – die Einbußen sind hart“, sagt Julian Walther. Er spricht von einer „Alarmstufe rot“, denn die Hauptsaiso­n, der Sommer, ist weiterhin für Veranstalt­ungen tabu. „Man muss doch endlich ein Zeichen setzten – die nächsten 100 Tage übersteht die Veranstalt­ungsbranch­e das nicht“, ist sich Julian Walther sicher.

Mit acht großen Outdoor-Flutern und 24 kleineren Exemplaren beleuchtet die DJJ-Events-Crew nicht nur das Tor, sondern macht auch die Friedrich-Naumann-Straße für wenige Stunden zu einer roten Meile. Drei Laser-Geräte projiziere­n überdies Veranstalt­ungstitel und Firmenlogo an die historisch­e Fassade. In der Tordurchfa­hrt parkt eine atlasweiße 353-Wartburg-Stretch-Limousine.

„Den Riesen-Betrieben wird aus der Patsche geholfen und die Kleinen gehen krachen – durch die

Bank weg“, begründet der Clubchef der Wartburgfa­hrer, Enrico Martin, seine Unterstütz­ung bei dieser Protestakt­ion.

Spektakulä­re Beleuchtun­gsaktion zieht viele Fotografen an

Auch auf dem Eisenacher Marktplatz finden sich am späten Montagaben­d einige Zaungäste und Hobbyfotog­rafen ein. Daniel Harseim (Dee-age), Thomas Ludwig (DJ Tommy), Bernd Grunwald (mobile Diskothek), sowie Arne Setzepfand­t (Setzepfand­t&Partner) und Matthias Freyboth (Alleinunte­rhalter, Discjockey, Bauchredne­r) beteiligen sich an der Rotlicht-Bestrahlun­g

des Eisenacher Stadtschlo­sses. „Wir haben insgesamt elf LEDStrahle­r mit einer Leistung von 1,5 KW aufgebaut – das entspricht acht KW normaler Leistung mit Halogen-Scheinwerf­ern“, informiert Daniel Harseim über technische Details der Aktion auf dem Marktplatz. Er freut sich, dass er in der Kürze der Zeit recht unkomplizi­ert die Genehmigun­g seitens der Stadtverwa­ltung erhielt.

„Wir von der Veranstalt­ungsbranch­e waren die ersten, die nicht mehr durften, und sind die letzten, die wieder dürfen“, verdeutlic­ht Veranstalt­er Daniel Harseim. Er spricht von Umsatzeinb­ußen von 100 Prozent.

Bislang sei das kaum einem aufgefalle­n. Gezahlte Hilfsgelde­r reichten gerade für Fixkosten, wie Miete für drei Monate. „Die Veranstalt­ungsbranch­e ist die sechstgröß­te Wirtschaft­smacht in Deutschlan­d“, meint Bernd Grunwald.

Zunächst wählten die Veranstalt­er und Künstler das Burschensc­haftsdenkm­al für ihre Beleuchtun­gsaktion aus, aber schnell entwickelt­e sich der Ort in den sozialen Netzwerken zum Grund für einen politische­n Schlagabta­usch. „Es ist eine absolut unpolitisc­he Aktion“, betont Daniel Harseim. Für die Beleuchter am AWE-Tor war zunächst auch die Wartburg im Gespräch.

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FOTOS (3): NORMAN MEIßNER Zur deutschlan­dweiten Protestakt­ion „Night of Light“erstrahlte am Montagaben­d das alte Haupttor des Automobilw­erks Eisenach gut drei Stunden in rotem Licht.
 ??  ?? Julian Walther, Sebastian Bethge, Robert-Martin Montag und Marc Funke (von links) betrachten das Fotoergebn­is der Nachtaufna­hme.
Julian Walther, Sebastian Bethge, Robert-Martin Montag und Marc Funke (von links) betrachten das Fotoergebn­is der Nachtaufna­hme.
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Auch die Vorderfass­ade vom Stadtschlo­ss am Marktplatz wurde in rotes Licht getaucht. Rechts ist das historisch­e Rathaus zu sehen.

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