Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Als Schönberg Schönberg ärgerte
Mein schönster Moment Fußballer Piet Schönberg und seine Verbindung zum Verein aus Mecklenburg-Vorpommern
Erfurt. Auch viele Jahre nach der aktiven Karriere spricht Piet Schönberg immer noch von einer „zweiten Heimat“, wenn er auf die Stadt Leipzig blickt. Vier Spielzeiten trug der nunmehr 44-Jährige das Trikot des FC Sachsen Leipzig; erlebte zwei Ab- und einen Aufstieg. Doch obwohl die Zeit in Leutzsch durchaus als turbulent beschrieben werden kann, „war es auch die schönste in meiner Laufbahn.“
Es entbehrte in jenen Juni-Tagen
2003 nicht einer gewissen Ironie, dass Schönberg den FC Schönberg 95 schon zum zweiten Mal ärgerte. Bereits 2000, damals noch im Trikot des FC Rot-Weiß, vermieste er dem Club aus Mecklenburg-Vorpommern den Sprung in die Regionalliga. In zwei Relegationsspielen setzte sich Erfurt nach einer 0:1Niederlage im Hinspiel noch mit
4:1 durch und sicherte so die Teilnahme an der Regionalliga.
Wenn auch der Gesamtverlauf der Relegation 2000 spannender war, zählt er die Aufstiegsspiele drei Jahre später zu seinen schönsten Momenten. „Durch das 2:0 im Hinspiel hatten wir scheinbar einen sicheren Vorsprung. Aber dann lief es im Rückspiel zunächst gar nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben“, erinnert sich Schönberg. Die Mannschaft von Trainer Jürgen Raab wirkte gehemmt, brachte die spielerische Qualität vor mehr als 13.000 Zuschauern im Alfred-KunzeSportpark nicht auf den Rasen. „Die erste Halbzeit war eine Katastrophe, nix hat geklappt. Dabei läuft man bei so einer Kulisse eigentlich von allein“, sagt Schönberg.
Doch an diesem 16. Juni sollte der Fußball-Gott ein Leipziger sein. Als es in der 55. Minute Freistoß für den FC Sachsen auf der linken Seite gut
20 Meter vor dem Tor gab, legte sich Schönberg die Kugel zurecht. Die folgenden Augenblicke hat er noch genau im Kopf. „Ich schlage den Ball in den Strafraum und sehe, wie der Tobias Friedrich mutterseelenallein einläuft. Er bugsiert ihn per Kopf ins Tor, der Rest war Freude pur“, sagt Schönberg.
Das 1:0 hatte bis zum Schluss Bestand, und als der Schiedsrichter abpfiff, brachen alle Dämme. Die Fans stürmten das Spielfeld, die Mannschaft brachte sich zunächst in der Kabine in Sicherheit. Was folgte, war eine einzige große Feier. „Wir haben bis um 23 Uhr Party gemacht, dann ging es schon nach Mallorca. An den nächsten Tag kann ich mich gar nicht mehr so recht erinnern“, sagt der Vorlagengeber und lacht. Auf der Baleareninsel wurde der Regionalliga-Aufstieg mehrere Tage feucht-fröhlich begossen – war er doch nicht nur der Lohn für eine „super eingeschworenen Truppe“ (Schönberg), sondern das glückliche Ende einer kuriosen Saison.
Denn die Spielzeit hatte für den FC Sachsen ein wahres Auf und Ab parat. Lange Zeit lagen sie nur in Lauerstellung hinter dem FC Carl Zeiss Jena und dem 1. FC Lok Leipzig; kamen aber nicht auf den avisierten ersten Platz. Hochemotionale Derbys gegen die Lok, Niederlage in Neugersdorf (Schönberg: „Da lag ein halber Meter Schnee auf dem Platz“) oder ein enttäuschendes 1:1 gegen Halle.
„Danach sind wir als Mannschaft mal gemeinsam weggegangen und haben mitten in der Woche einen draufgemacht. Als wir heimkamen, war es schon hell. Das war ein richtiger Frustabend, dieser Discothekenbesuch“,
blickt er zurück. Die „teambildende Maßnahme“sollte sich aber bewähren. Über die Saison gesehen, machte Sachsen Leipzig sieben Punkte Rückstand auf Jena wett und holte durch ein 4:1 in Coburg gegen den VfB Pößneck den Staffelsieg. Gefühlt pilgerte halb Leutzsch zum Auswärtsspiel, weshalb dieses nach Franken verlegt worden war, um den fast 5000 Fans Platz zu bieten. „Die ganze Autobahn war grün-weiß“, sagt Schönberg, der mit seinem Team den Matchball dann gegen seinen Namensvetter-Club vergoldete.
Dass die Folgesaison dann alles andere als rosig verlief, hat der 44Jährige abgehakt. Fünf Trainer; es passte in der Mannschaft nicht so richtig – es gab viele Faktoren, warum Leipzig als Vorletzter wieder abstieg. Schönberg ging in der Folge erst nach Zwickau, dann zu Wacker Gotha und letztlich zurück zu den Wurzeln zum FC Rot-Weiß Erfurt.
Geblieben sind schöne Erinnerungen und Freundschaften. Mit vielen Mitspielern von einst ist er noch in Kontakt. „Wir haben so viele witzige Sachen erlebt. Heute ist alles sehr oberflächlich“, bilanziert er. Seine zweite Heimat besucht er regelmäßig. Erst kürzlich traf er sich mit der Witwe des damaligen Torwarts Marco Eckstein, der 2014 viel zu früh verstarb. „Es sind viele Verbindungen geblieben. Der FC Sachsen wird immer ein besonderer Teil von mir bleiben.“