Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Zwischen Hoffnung und Angst
Union Berlins Pläne, die neue Bundesliga-Saison mit vollem Stadion zu beginnen, sorgt für kontroverse Diskussionen
Union Berlin geht „All in“– und hat bei seinem Vorstoß für einen Bundesliga-Start vor ausverkauften Rängen sogar Deutschlands höchsten Fußballfunktionär als Ass im Ärmel. „Mein Traum wäre es“, sagte DFB-Präsident Fritz Keller, „über Testungen vielleicht irgendwann ein volles Stadion zu bekommen“. Genau das wollen die Berliner – aber nicht irgendwann, sondern so schnell wie möglich.
Schon beim ersten Heimspiel der Eisernen in der neuen Spielzeit, die am 18. September beginnen soll, wird die Alte Försterei nach Vorstellung des Clubs mit 22.012 Zuschauern restlos besetzt sein. Die Überlegungen für das hierfür notwendige Konzept laufen auf Hochtouren, ein extremer Aufwand wird verlangt, der es angeblich aber wert ist.
„Unser Stadionerlebnis“, so Präsident Dirk Zingler, „funktioniert nicht mit Abstand. Wenn wir nicht singen und schreien dürfen, dann ist es nicht Union.“Deshalb sollen nur Menschen Eintritt erhalten, die neben einem Ticket auch ein negatives Testergebnis vorweisen können, das nicht älter als 24 Stunden ist.
Abgesehen von der Herausforderung, die damit auf Berliner Labore zukommt, dürfte die Zeitspanne noch für Diskussionen auf wissenschaftlicher Ebene sorgen. Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit sagte, dass auch bei einem negativen Test „nicht ausgeschlossen ist, dass Zuschauer nach 24 Stunden positiv
Rot und Weiß: Die Fankurve von Union Berlin.
werden und somit andere im Stadion anstecken können“. Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach meinte: „Man kann nicht mit Sicherheit ausschließen, dass Infizierte ins Stadion kommen.“
Die Behauptungen der Experten stehen jedenfalls in krassem Widerspruch zu den Annahmen der Mediziner, die für die Deutsche Fußball Liga (DFL) das Hygienekonzept ausgearbeitet hatten. So meinte Ende April Barbara Gärtner als Mitglied der DFL-Taskforce: „Am Tag nach der Infektion ist noch niemand infektiös. Das dauert sicherlich zwei oder drei Tage, am ersten Tag kann nichts passieren.“
Das ist auch das oberste Gebot, das für alle Gedankenspiele die Richtung vorgibt: Für Fans und letztlich die gesamte Bevölkerung darf keine zusätzliche Gefahr ausgehen. Der Verein ist jedenfalls trotz der gewaltigen Zahl an Testungen optimistisch und bekräftigte, dass die Überlegungen auch den Fans zuliebe gereift sind. „Die Menschen“, sagte Unions Kommunikations-Leiter Christian Arbeit, „flehen uns jeden Tag an, dafür zu sorgen, dass sie zurückkommen können“.