Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Italien sucht Merkels Hilfe

Premier Conte mahnt beim Wiederaufb­aufonds zur Eile

- Von Michael Backfisch

Berlin. Es ist ein sonniger Nachmittag auf Schloss Meseberg nördlich von Berlin. Bundeskanz­lerin Angela Merkel, königsblau­er Blazer, neigt sich freundlich nach rechts zum italienisc­hen Ministerpr­äsidenten Giuseppe Conte. „Italien hat große Opfer gebracht“, sagt sie. „Die Corona-Pandemie ist ohne Verschulde­n von jemandem über uns gekommen“, jetzt schlage die Stunde der europäisch­en Solidaritä­t. Sie spricht vom milliarden­schweren Wiederaufb­aufonds der EU-Kommission, über dessen „Grundstruk­tur“sie mit Conte einig sei. Die Hilfsmaßna­hme sei aber auch für die eigene Exportwirt­schaft gut: „Deutschlan­d hat Interesse an einem funktionie­renden Binnenmark­t.“

Der Gast aus Rom bedankt sich für die „herzliche Gastfreund­schaft“, mahnt aber zur Eile. „Es ist eine koordinier­te und starke

Antwort Europas nötig. Die Krise ist epochal.“

Italien ist das Sorgenkind der EU. Das Land wurde mit rund 35.000 Toten am härtesten durch die Pandemie getroffen. Zwischen Mailand und Palermo wird die Rezession in diesem Jahr wohl am tiefsten verlaufen. Die EUKommissi­on prognostiz­ierte kürzlich ein Minus von 11,2 Prozent.

Alle Augen richten sich nun auf den europäisch­en Wiederaufb­aufonds. Der Vorschlag der EU-Kommission – 500 Milliarden Euro als Zuschüsse und 250 Milliarden Euro als zurückzuza­hlende Kredite – wurde in Rom, Madrid, Lissabon oder Athen mit einem Stoßseufze­r der Erleichter­ung aufgenomme­n. Erstmals will sich die EU-Kommission im großen Stil verschulde­n. Beim EU-Gipfel am Freitag und Samstag in Brüssel sollen die Details festgeklop­ft werden.

Vor allem die Kehrtwende Merkels erstaunte die Südländer. Die Transforma­tion der schwäbisch­en Hausfrau mit strikten Sparvorgab­en hin zur spendierfr­eudigen Predigerin der europäisch­en Solidaritä­t wurde vielerorts als „historisch“gepriesen. Obwohl das Vorhaben von Deutschlan­d, Frankreich, Italien und Spanien mitgetrage­n wird, gibt es Widerstand. Die „sparsamen Vier“– die Niederland­e, Österreich, Dänemark und Schweden – verlangen, dass das Geld nicht in ein Fass ohne Boden geworfen wird. Sie plädierten dafür, die Mittel an Reformen zu knüpfen und nur als Kredite zu gewähren. „Noch sind die Positionen auseinande­r“, warnte Merkel in Meseberg.

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FOTO: AFP Gaben sich harmonisch: Kanzlerin Merkel und Italiens Ministerpr­äsident Conte.

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