Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Denkmalbeirat nimmt sich allein gelassener Bauwerke an
Neues Fachgremium hat Prioritätenliste für akut gefährdete Objekte in Eisenach erarbeitet
Eisenach. Seit 23. April gibt es in Eisenach wieder einen Denkmalbeirat. Das Fachgremium hat bereits seine Arbeit aufgenommen, berichtet Ingrid Pfeiffer, die einstimmig aus den Reihen des Beirates zur Vorsitzenden gewählt wurde.
Neben ihr gehören dem Gremium als Stellvertreter Thomas Herrmann, ebenso Sarah Jäger, Rosemarie Schneider, Günther Schuchardt und Manfred Thiebe an.
Der Denkmalbeirat unterstützt künftig die Untere Denkmalbehörde bei ihren Aufgaben. Er arbeitet weisungsunabhängig und wird zu wichtigen Entscheidungen gehört, insbesondere bei Baumaßnahmen. Vor allem, wenn unter anderem der Abriss eines Kulturdenkmals drohen oder starke Eingriffe in die Substanz von historischen Bauwerken vorgesehen sind.
Eine erste Stellungnahme für das Projekt „Halle in der Halle“im Industriedenkmal O1 hat der neu berufene Denkmalbeirat gleich zu Beginn erarbeitet. So fordern die Mitglieder eine Analyse des Bauzustandes, ebenso wie eine Rahmenplanung zur Festlegung zukünftiger Nutzungen des gesamten Areals am Ehrhardt-Platz. Die Untere Denkmalbehörde und das Landesamt für Denkmalpflege müssten bei einer Entscheidungsfindung für eine künftige Nutzung des O1 das letzte Wort haben, betont die Vorsitzende Ingrid Pfeiffer.
Sporthalle im Baudenkmal eine sinnvolle Idee
Die Idee, eine Sporthalle innerhalb des Baudenkmals zu errichten, hält der Denkmalbeirat für sinnvoll.
„So kann am besten die originale Gebäudehülle gewahrt bleiben“, verdeutlicht Ingrid Pfeiffer. Für sie sei das gesamte Areal ein wunderbares Stadtquartier, wo Grünanlagen, eine Sporthalle, die sich anpasst, bis zu Gaststätten ermöglicht werden könnten. „Wir sehen das als eine Möglichkeit, das Industriedenkmal letztendlich noch zu behalten“, betont sie.
Turnusmäßig wird sich der Denkmalbeirat einmal monatlich treffen. Schwerpunkte der Arbeit seien die Parks und Gärten sowie die Baudenkmalpflege, die Einzeldenkmale, Ensembles und Flächenbereiche wie Alt- und Südstadt umfasst, ebenso wie städtebauliche Anlagen. „Die Parks und Gärten in der Stadt sind ein Erbe, was kaum eine Stadt so hat“, betont Pfeiffer. Und zählt den Wartburg-Park, das Marienund Johannistal, den Kartausgarten, Stadtpark, Neuenhöfer Park und Dürrerhof auf. Mit diesem Gartenkulturerbe habe Eisenach in Thüringen eine besondere Stellung. „Das darf man nicht unter den Tisch kehren, zu lange ist dort nichts passiert.“
Auf einer ersten Sitzung hat der Denkmalbeirat eine Prioritätenliste der Bauwerke erstellt, die akut gefährdet sind. Darauf stehen unter anderem das Casino des Fürstenhofes an der Waisenstraße, die Luisenstraße 3 sowie die Villa in der Kurstraße 8 mit dem einzigen Architekturgarten
der Südstadt. Auch der Kartausgarten sei ein Sorgenkind, beklagt Ingrid Pfeiffer, weil dieser über fast keine botanische Vielfalt mehr verfügt. Alle genannten Objekte ebenso wie der Kartausgarten sollen bei einer Begehung durch den Denkmalbeirat am 22. Juni nochmals begutachtet werden. „Es ist echt Gefahr im Verzug bei bestimmten Gebäuden“, mahnt die Denkmal-Fachfrau.
Eine zweite Runde ist bereits festgelegt. Sie soll durch die Innenstadt führen vom Kaufhaus Steppke, zur Wartburgallee 12 und zum Karlsplatz 10. Wünschenswert sei, wenn auch die Stadtspitze die Möglichkeit nutze, einmal bei einer solchen
Runde dabei zu sein, wünscht sich Pfeiffer. Der Beirat benötigt eine Zusammenarbeit mit dem Stadtentwicklungsausschuss und den beiden Denkmalfachbehörden. Aber auch das Kulturamt sollte einbezogen werden, weil der Denkmalschutz zur Baukultur gehört.
„Man sollte möglichst viele einbeziehen, damit sich auch viele verantwortlich fühlen“, so ihre Auffassung. Der Denkmalschutz habe zuletzt eher ein Nischendasein geführt. Dazu gehöre bei den Entscheidungsträgern auch der kritische Blick auf das eigene Handeln, meint sie. Und: Denkmalschutz braucht Öffentlichkeit. Auch hierbei wolle man einen Beitrag leisten.