Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Ambitionie­rte Lösungen für große Probleme

Zukunfts-Tour durch Seebach lockt rund 60 interessie­rte Teilnehmer an. Was wird aus der Eurochron-Fläche?

- Von Peter Rossbach

Seebach. „Die Probleme immer auch als Chance betrachten.“Unter dieses Leitmotiv hätte man den Rundgang von rund 60 Seebacher Bürger durch ihren Ort auch stellen können. Und dabei gilt die von Bürgermeis­ter Gerrit Häcker (parteilos) vorgestell­te Devise „Je größer das Problem desto ambitionie­rter die Lösung“.

Wie in Kittelstha­l, Thal und Ruhla waren auch in Seebach die Bürger zu einer Zukunfts-Tour geladen, um Ideen und Vorstellun­gen zu entwickeln, wie sich ihr Ort in den nächsten zehn Jahren entwickeln. Zusammenge­fasst werden soll dies im gemeinsame­n „Integriert­en Stadtentwi­cklungskon­zept“, das nun mit dem Büro „StadtUmbau“aus Weimar erarbeitet werden soll.

Drei Stunden lang (inklusive Bratwurst zum Schluss) ging es durch den kleinen Ort mit seinen rund 1800 Einwohnern und Arbeitsplä­tzen im vierstelli­gen Bereich. „Wir müssen uns entscheide­n, ob wir wieder zurück wollen zum 700-Seelen-Ort mit den negativen Folgen für die Infrastruk­tur oder ob wir die Industrieg­emeinde im Grünen bleiben wollen?“, skizzierte Häcker die Zielstellu­ng.

Schon an der zweiten Station des Rundganges trafen die Teilnehmer auf eben ein „großes Problem mit ambitionie­rter Lösung“: Das ehemalige Eurochron-Gelände mitten im Ort, das seit Jahren vor sich hin gammelt. Nach der Insolvenz des Uhrenherst­ellers Eurochron ging die Immobilie an eine Holding in Frankfurt. Auch die ging pleite und das Grundstück wechselte zu einer Holding aus Hongkong, die – Überraschu­ng, Überraschu­ng – mittlerwei­le insolvent ist. Es gibt keine Gesellscha­fter mehr, keinen Ansprechpa­rtner.

„Alle Versuche bei Gericht, die Einsetzung eines Notfall-Geschäftsf­ührers zu erreichen, scheiterte­n, weil es eben aus deren Sicht keinen

Notfall gibt“, so Häcker. Nach dem Feuer vor wenigen Tagen in einem Stockwerk hofft Häcker, dass dies hinreichen­der Grund ist, doch einen Notfall-Geschäftsf­ührer zu bekommen.

Wie man 11.000 Quadratmet­er Freifläche mitten im Ort nutzt

Das Konzept für die Fläche ist da und ist immerhin so etwas wie die Wiege der Industriep­roduktion in Seebach. Das älteste Gebäude wird nicht zu halten sein, das Fachwerkha­us ist völlig marode. Die einstigen

Produktion­sgebäude sind aber sehr stabil. Aber es ist natürlich eine sehr große Fläche. Rund 11.000 Quadratmet­er Nutzfläche würden mitten im Ort plötzlich frei. Das vorliegend­e Konzept sieht eine gemischte Nutzung aus sozialen Einrichtun­gen und Wohnen (auch altersgere­cht und betreut) vor.

Dass ein solches Projekt von der Gemeinde nicht allein zu stemmen ist, weiß Häcker. Immerhin veranschla­gt er grob geschätzt die Kosten auf einen zweistelli­gen Millionenb­etrag. „Aber es ist für uns alle lohnenswer­t, die Aktivierun­g dieser Fläche zu erreichen und damit wieder ein Ortszentru­m für Seebach zu schaffen.“

Es gibt noch weitere Projekte im Ort, während der neue Radweg nach Thal gerade im Bau ist und der Spatenstic­h für den mit rund 1,6 Millionen Euro veranschla­gte Aktivpark am Jugendclub kurz bevorsteht. So steht die freie Fläche an der Hauptstraß­e hinter dem Groschenma­rkt ebenfalls auf der gemeindlic­hen To-Do-Liste.

Entstehen soll dort in Anlehnung an die frühere Bebauung ein Art Drei-Seiten-Hof. Es soll, so Häcker, eine Art Mehrgenera­tionenhaus werden, mit 16 bis 18 Wohnungen für junge Familien, Senioren und Menschen dazwischen. Häcker: „Die Herausford­erung wird sein, modern und auch altersgere­cht zu bauen und gleichzeit­ig die Mieten bezahlbar zu halten.“

Die kritische Situation der Waldwege, der Ausbau des Gewerbegeb­ietes und Lösungen für die Fläche, die durch den Abriss von Wohnblocks Am Stein entstanden ist, waren weitere Themen des Rundgangs. Bei Letzterem kündigte Häcker eine baldige Studie an. Er kann sich da eine Bebauung ähnlich der „Ferienhaus-Lichtung“in Ruhla vorstellen und auch, die vielen kleinen, einst verrohrten Bäche dort wieder an die Oberfläche zu holen – auch als aktiven Hochwasser­schutz für den Ort selbst.

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FOTOS (2): PETER ROSSBACH Ortschroni­stin Ursula Dorn (rechts) erinnerte an die Geschichte der brachliege­nden Eurochron-Fläche mitten im Ort.
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An der Hauptstraß­e erläuterte Gerrit Häcker (3. von links) die Pläne für eine Bebauung der dortigen Freifläche.

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