Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Den Wolken ein Stück näher

Vor 35 Jahren flog der Ukrainer Sergej Bubka als erster Stabhochsp­ringer der Geschichte über die Sechs-Meter-Marke

- Von Kristof Stühm

Hamburg. Sergej Bubka schaute mit flehendem Blick in die Höhe. Die Latte wackelte bedrohlich, doch sie fiel nicht. Und so schrieb der damals noch recht schmächtig­e Student aus Woroschilo­wgrad in weißen Ringelsock­en um 18.44 Uhr am 13. Juli 1985 in Paris Sportgesch­ichte. Als erster Mensch überquerte der Stabhochsp­rung-Zar vor 35 Jahren die magische Sechs-Meter-Marke.

„Dabei war der Sprung technisch gar nicht so gut“, sagt Bubka, der Perfektion­ist, noch heute. Euphorisch­er feierten die Medien den Senkrechts­tarter. „Sergej Bubka ist dem siebten Himmel näher gekommen“, titelte die Zeitung „Journal de Dimanche“.

Später segelte der „Held der Ukraine“noch sagenhafte 42mal über sechs Meter, insgesamt stellte Bubka mit seiner berühmten Salami-Taktik 35 Weltrekord­e auf.

Bubka – schnell, athletisch, siegeshung­rig – prägte eine ganze Ära.

1988 wurde der Doktor der Pädagogik in Seoul Olympiasie­ger, zwischen 1983 und 1997 sechsmal in Serie Weltmeiste­r. In seinen besten Tagen kassierte er 100.000 Dollar Prämie für eine Höchstmark­e sowie

75.000 Dollar Antrittsga­ge für seine Flug-Show – heute wird sein Vermögen auf über 300 Millionen Dollar geschätzt. Nach seinem letzten Weltrekord am 31. Juli 1994 in Sestriere (6,14 Meter) bekam er einen Ferrari Spider und drehte mit Ehefrau

Lilja und den beiden Söhnen im Stadion eine Ehrenrunde.

Erst 2014 sprang der Franzose Renaud Lavillenie ausgerechn­et bei einem von Bubka organisier­ten Wettkampf mit 6,16 m höher als der Meister. Mit 6,18 m hält den Weltrekord inzwischen der amerikanis­chschwedis­che Leichtathl­et Armand Duplantis, der wie Bubka als Wunderkind gefeiert wird. „Eine größere Höhe als 6,30 m kann ich mir nicht vorstellen“, meinte Bubka damals nach seinem Coup – noch immer fehlen also zwölf Zentimeter.

„Die Leichtathl­etik hat mir viel gegeben, ich will ihr etwas zurückgebe­n“, sagt Bubka. Genau so zielstrebi­g wie damals auf dem Trainingsp­latz arbeitet er heute an seiner Funktionär­skarriere. Stets erscheint er in Maßanzug und Krawatte, das Haar immer akkurat gestutzt. Seit 2005 ist der „Herr der Lüfte“Präsident des NOK der Ukraine, seit 2007 Vizepräsid­ent des Leichtathl­etik-Weltverban­des. Die Krönung blieb ihm 2015 verwehrt, als er bei der Wahl zum Präsidente­n Sebastian Coe unterlag. Im vorigen Jahr tauchte sein Name im Zusammenha­ng mit dem Skandal um die Olympia-Vergabe an Rio auf. Bubka dementiert­e sofort vehement.

Schöner sind Bubkas Erinnerung­en an das Jahr 1985: Nur vier Tage vor seinem Sechs-Meter-Coup von Sestriere war er erstmals Vater geworden. Und flog dann endgültig dem siebten Himmel entgegen.

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FOTO: FRANK KLEEFELDT / DPA Bei der Leichtathl­etik-WM 1993 in Stuttgart gewann Sergej Bubka Gold mit übersprung­enen 5,70 m – Meistersch­aftsrekord.
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Pep Guardiola
FOTO: DPA Trainer Pep Guardiola

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