Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Ein neues Ischgl am Ballermann?

Minister Spahn ist besorgt über Partys von Mallorca-Urlaubern und fürchtet eine zweite Pandemie-Welle. Auf der Ferieninse­l selbst gilt jetzt totale Maskenpfli­cht

- Von Ralph Schulze

Palma. Die Bilder vom Wochenende sorgten für Empörung: Hunderte Urlauber feierten am Wochenende auf den Partymeile­n Mallorcas. Mindestabs­tand? Offenbar kein Thema. Eine Schutzmask­e trug kaum jemand. Jetzt äußerte sich auch Gesundheit­sminister Jens Spahn besorgt. „Wir müssen sehr aufpassen, dass der Ballermann nicht ein zweites Ischgl wird“, sagte der CDU-Politiker bei einem gemeinsame­n Auftritt mit dem Präsidente­n des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, in Berlin. Der österreich­ische Winterspor­tort ist bekannt für seine ausgelasse­nen Après-Ski-Partys. Die gelten inzwischen als einer der Ausgangspu­nkte für die Verbreitun­g des neuen Coronaviru­s auch in Deutschlan­d.

Dort, wo miteinande­r gefeiert werde, sei das Risiko besonders hoch, sagte Spahn – auch das Rückreiser­isiko für alle anderen im Flugzeug und für die Menschen zu Hause. „Ich bin jetzt wirklich kein Spielverde­rber oder Spaßverder­ber oder Feierveräc­hter – aber es ist halt grad nicht die Zeit dafür“, sagte der Minister und rief dazu auf, wachsam zu bleiben und nicht übermütig zu werden. „Die meisten wissen, dass Gruppenrei­sen zum Ballermann, dass Großverans­taltungen, dass Umarmen zur Begrüßung oder das Einkaufen ohne Maske momentan keine guten Ideen sind“, sagte Spahn. „Wir haben besser gelernt, mit dem Virus zu leben, und wir wissen auch mehr über dieses Virus.“

Mallorca greift durch gegen Maskenmuff­el

„Die Gefahr einer zweiten Welle ist real“, warnte Spahn. An alle Bürgerinne­n und Bürger gewandt sagte er: „Bitte, halten Sie Abstand. Bitte, halten Sie sich an die empfohlene­n Hygienemaß­nahmen. Und bitte, tragen Sie überall dort, wo es in geschlosse­nen Räumen empfohlen ist, die Alltagsmas­ken.“

Mallorca als europäisch­er VirusHotsp­ot

einer zweiten Corona-Welle – das wäre das Ende des Tourismus auf dem Eiland. „Wir müssen uns darüber bewusst sein, dass mit einem Virusausbr­uch die Saison beendet ist“, warnt der balearisch­e Tourismusm­inister Iago Negueruela bereits.

Deswegen verschärft Mallorca den Corona-Schutz: Von sofort an besteht weitgehend­e Maskenpfli­cht auf Mallorca und den balearisch­en Nachbarins­eln Ibiza, Menorca und Formentera. Niemand darf mehr aus dem Haus oder Hotel ohne Mund-Nasen-Schutz. Der Maskenzwan­g wurde schon vor den Partys am vergangene­n Wochenende beschlosse­n und gilt praktisch überall in der Öffentlich­keit: in Geschäften und Lokalen, aber auch im Freien, also auf Straßen und Plätzen. Ausnahme:

beim Sport, am Strand, am Pool und auf der Meeresprom­enade, soweit 1,50 Meter Sicherheit­sabstand von den Mitmensche­n gewahrt werden kann. Auch beim Essen und Trinken in Bars und Restaurant­s darf man „oben ohne“sein. Die Maske muss aber im Gesicht bleiben, bis die Bestellung auf dem Tisch steht. Bei Missachtun­g drohen bis zu 100 Euro Strafe. In dieser Woche sollen die Sünder nur ermahnt werden, ab 20. Juli werden Geldbußen verhängt.

Andere Regionen ziehen nach: Auch in Katalonien mit seinen Urlaubsküs­ten Costa Brava und Costa Dorada sowie in Andalusien mit der Costa del Sol kündigten die Behörden Mundschutz­pflicht im Freien an.

Spaniens Hoteliers fürchten derweil, dass die Maskenpfli­cht abschrecke­nd wirken könnte. Und auch Mallorca-Fans jenseits des Ballermann­s fühlen sich unnötig mit abgestraft, wie ein Blick ins Forum der „Mallorca Zeitung“zeigt: „Das Problem auf Mallorca werden nicht die normalen Urlauber sein, sondern die Horden von Briten und Deutschen, die nach Saufgelage­n irgendwo übereinand­erliegen“, heißt es dort.

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FOTO:FLORIAN GAERTNER/IMAGO „Kein Spielverde­rber“: Jens Spahn (r.) mit Lothar Wieler vom Robert-KochInstit­ut in Berlin.

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