Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Ältere Lehrer sollen mehr arbeiten
Rechnungsprüfer kritisieren großzügige Regelungen. Bildungsminister hält dagegen
Erfurt/Rudolstadt. Verschenkt das Thüringer Bildungsministerium jedes Jahr die Möglichkeit, deutlich mehr Unterricht an den Schulen abzusichern? Das jedenfalls legt der Bericht des Thüringer Landesrechnungshofes nahe, der am Dienstag veröffentlicht wurde.
Die Prüfer wollen an die sogenannten Altersabminderungsstunden für Lehrkräfte heran. Eine drei Jahrzehnte alte Regelung sieht vor, dass Lehrer ab dem Schuljahr, in dem sie das 55. Lebensjahr vollenden, zwei Stunden pro Woche weniger unterrichten müssen. Voraussetzung: Sie geben mindestens
75 Prozent der Pflichtstunden – je nach Schulform sind das zwischen
23 und 27 Stunden pro Woche. Würde diese Regelung wegfallen, stünden jährlich 490 vollzeitbeschäftigte Lehrkräfte mehr zur Verfügung, haben die Prüfer ausgerechnet. Laut Prüfbericht kostet die Altersabminderung jährlich 34 Millionen Euro an Personalausgaben. Nahezu jede zweite Lehrkraft an staatlichen allgemeinbildenden Schulen sei im Schuljahr 2018/2019 aus Altersgründen nur auf eine abgeminderte Unterrichtsverpflichtung gekommen.
Bildungsminister Helmut Holter (Linke) will die Regelung dennoch beibehalten. „Die Rechnung, durch Abschaffung der Abminderungsstunden zusätzliche Ressourcen zu gewinnen, geht schlicht nicht auf“, sagte er auf Anfrage dieser Zeitung. Abminderungsstunden seien kein Selbstzweck, sie dienten der aktiven Gesundheitsvorsorge und seien deshalb wichtig „für die Beschäftigten und die Unterrichtsabsicherung im Freistaat“. Zudem verkenne der Landesrechnungshof mit seinem Vorschlag die „hohe Belastungslage von Lehrkräften in Thüringen“, die gerade in der Coronakrise noch einmal deutlich zugenommen habe.
Auch der Lehrerverband sieht die Forderung kritisch. Ein solcher Schritt würde diejenigen treffen, „die die vergangenen zehn Jahre die Situation gewuppt haben“, erklärte der stellvertretende Landesvorsitzende Frank Fritze.