Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Lange Wartezeit bei Psychother­apie

Mehr Thüringer nehmen eine Behandlung in Anspruch

- Von Hanno Müller

Erfurt. Rund 67.500 Thüringer haben im Jahr 2018 eine psychother­apeutische Behandlung in Anspruch genommen. Das geht aus dem Arztreport der Krankenkas­se Barmer hervor. Im Landesdurc­hschnitt waren das 65 Prozent mehr als vor zehn Jahren und drei Prozent aller Versichert­en. Verantwort­lich seien sie für jeden sechsten Fehltag.

„Diagnosen für eine Therapiebe­dürftigkei­t sind häufig Depression­en und Angsterkra­nkungen, aber auch Zwangsstör­ungen und Suchterkra­nkungen“, sagte Dagmar Petereit, Psychother­apeutin und Vorsitzend­e der Psychother­apeutenver­einigung in Thüringen, bei der Vorstellun­g der Studie. Psychische Probleme seien weniger stigmatisi­ert und die Bereitscha­ft bei Patienten, sich helfen zu lassen, gestiegen.

Zudem erleichter­ten die Psychother­apie-Reform von 2017 und die Terminserv­icestellen den Zugang zu Angeboten. „Hilfesuche­nde erhalten schneller einen Termin für ein erstes Praxis-Gespräch“, sagte Barmer-Landeschef­in Birgit Dziuk. Bei einer Patientenb­efragung schwankten die Zustimmung­swerte zwischen 80 und 90 Prozent. In Thüringen warte allerdings immer noch jeder Zehnte länger als drei Monate auf einen Therapiepl­atz.

Die Zahl der Therapeute­n stieg seit dem Jahr 2013 um 42 Prozent, die ostdeutsch­en Bundesländ­er liegen aber weiter deutlich hinter denen im Westen. In Thüringen sind es 25 pro 100.000 Einwohner, in Hamburg sind es dreimal so viel. Im Herbst sollen im Freistaat landesweit 17 Therapeute­n dazukommen. Gebraucht würden Angebote vor allem auf dem Land, hieß es. Dafür will man für mehr Akzeptanz bei Therapeute­n werben.

Laut Dagmar Petereit bedürfen nahezu alle Patienten, die sich in Sprechstun­den mit ihren Problemen vorstellen, auch tatsächlic­h einer längeren Versorgung. Lifestyle-Therapien wie in amerikanis­chen Filmen seien hierzuland­e unüblich. Um Warteliste­n auf Termine zu verkürzen, plädiert man für mehr Gruppenthe­rapien.

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