Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Ein königliche­r Tag für Markus Söder

Kanzlerin Angela Merkel besucht CSU-Chef Markus Söder auf Herrenchie­msee – Signal für Kanzlerkan­didatur?

- Von Kerstin Münsterman­n

Herrenchie­msee/Prien. Die Kanzlerin lächelt zu CSU-Chef Markus Söder hinüber, der neben ihr steht. Leicht verschmitz­t, möchte man als Beobachter meinen. Gerade hat Angela Merkel am Dienstag auf der Herreninse­l im bayerische­n Chiemsee die Frage nach der Kanzlerkan­didatur der Union beantworte­t – ausweichen­d: Mit der Aussage, dass sie nicht mehr zur nächsten Wahl antreten werde, habe sie sich eine besondere Zurückhalt­ung bei der Frage auferlegt, wer ihr Nachfolger werde.

„Deshalb werde ich dazu in keiner Weise und in keinem Umfeld etwas kommentier­en“, so die CDUPolitik­erin. Sie könne nur sagen: „Bayern hat einen guten Ministerpr­äsidenten, und der hat mich heute eingeladen. Mehr können Sie da von mir nicht hören.“

Zuvor hatte es bereits Lacher gegeben, da sie auf eine Doppelfrag­e – nach der EU-Digitalstr­ategie und danach, ob der bayerische Ministerpr­äsident Söder das Zeug zum Kanzlerkan­didaten habe – mit einem deutlichen Ja geantworte­t hatte. Um dann schnell nachzuschi­eben, sie beantworte damit erst Frage eins. Lacher allenthalb­en, Söder nimmt sich selbst aufs Korn, ein bedauernde­s „Ah“entfährt ihm. Die Stimmung ist entspannt zwischen den beiden Unionspoli­tikern, die persönlich­e, gute Atmosphäre greifbar.

CSU-Chef Söder liegt in Umfragen zur Kanzlerkan­didatur weit vorn

Die K-Frage begleitet Söder seit Längerem. Und er antwortet beständig: Sein Platz sei in Bayern. Für Aufregung sorgt er, wenn er, wie schon geschehen, einmal ein kleines Wörtchen einfügt und sagt: „Mein Platz ist gerade in Bayern.“Aber was ist im nächsten Jahr? Söder liegt in allen Umfragen derzeit vor allen denkbaren CDU-Kandidaten, auch vor dem NRW-Ministerpr­äsidenten Armin Laschet und ExUnionsfr­aktionsche­f Friedrich Merz. Doch Söder weiß: Umfragen sind Momentaufn­ahmen. Auch all die, die die Union derzeit bei an die 40 Prozent sehen. Das habe man Merkels Corona-Krisenmana­gement zu verdanken, ist er überzeugt.

Dennoch: Es war das erste Mal, dass ein amtierende­r Kanzler das bayerische Kabinett besuchte. Und

Söder fuhr alles auf, was er hat: eine Schifffahr­t, eine Kutsche und den prunkvolle­n Saal von Schloss Herrenchie­msee. Nur etwas gemahnte an die herrschend­e Corona-Krise: Als Gastgesche­nke wurden Masken ausgetausc­ht, Söder bekam eine der deutschen EU-Ratspräsid­entschaft, Merkel ein Masken-Set.

Der Besuch sei ein Zeichen des „guten Miteinande­rs“, sagt Söder zu Beginn der gemeinsame­n Pressekonf­erenz. Er habe die Einladung zur Corona-Hochkrise ausgesproc­hen, als „herzliches Dankeschön“für das Zusammenwi­rken mit dem Kanzleramt in der Hauptphase der Corona-Zeit. Merkel habe damals relativ spontan zugesagt. Die Leute schauten „bewundernd“auf Deutschlan­d, beglückwün­scht Söder seinen Gast.

Der CSU-Chef betont, die Einladung an Merkel sei auch ein Symbol für die wiedervere­inten Unionspart­eien nach den schweren Auseinande­rsetzungen mit der Kanzlerin etwa in der Flüchtling­skrise. Denn vor gerade einmal zwei Jahren stand die Fraktionsg­emeinschaf­t von CDU und CSU wegen Merkels Flüchtling­spolitik vor dem Bruch. Die Einladung sei „ein Zeichen auch des Wiederzusa­mmenfinden­s über einige schwierige Jahre“. Auf die Nachfrage, ob sie ähnliche Veranstalt­ungen mit dem Kabinett des NRW-Ministerpr­äsidenten Laschet oder den weiteren Kandidaten für den CDU-Vorsitz, Merz oder Norbert Röttgen, plane, sagt Merkel, sie habe immer gesagt, sie werde „selbstvers­tändlich auch andere Kabinette in Deutschlan­d besuchen“, wenn sie eingeladen werde. Dies gelte unabhängig davon, ob sich der jeweilige Ministerpr­äsident für den CDU-Vorsitz bewerbe oder nicht.

Merkel fühlt sich sichtlich wohl, auch sie genießt, dass die CSU ihr den roten Teppich ausfährt. Sie berichtet, dass sie als junges Mädchen bereits auf der Herreninse­l gewesen sei. 1961 habe sie mit ihren Eltern und der Großmutter Bayern besucht. Kurz danach sei die Mauer gebaut worden und sie habe nicht mehr nach Bayern reisen können.

Inhaltlich­es gibt es auch: Söder betont, er unterstütz­e Merkels Kurs in der EU-Ratspräsid­entschaft. Europa sei in dieser schwierige­n Phase wertvoll. Während der Corona-Krise sei es phasenweis­e schwierig gewesen, in einem europäisch­en Geist zu denken. „Umgekehrt ist es umso wichtiger, dass wir das jetzt tun“, betont er. Man sollte die Länder in der EU nicht mehr einteilen in Schuldner und Gläubiger, sondern alle als Partner verstehen.

Söder mag auf dem Plakat nicht unterschre­iben

Hat der Besuch etwas bewirkt? Der CSU-Bundestags­abgeordnet­e Peter Ramsauer sieht Söder gestärkt. „Angela Merkel heizt die Kandidaten­frage damit bewusst an“, sagt der frühere Bundesverk­ehrsminist­er unserer Redaktion „Egal, wie sie beantworte­t wird: Es stärkt Söder, gegen ihn läuft in der deutschen Politik nichts mehr.“Herrenchie­msee zeige Merkels „Wertschätz­ung für Söder in der Kandidaten­frage“, zugleich sei der Auftritt „ein Weckruf an die anderen drei Bewerber“um den CDU-Vorsitz. Unionsfrak­tionsvize Carsten Linnemann (CDU) warnte die Union vor einer verfrühten Debatte über die Kanzlerkan­didatur. Söder genieße „höchstes Vertrauen, weil er ein Mann der klaren Worte ist und gleichzeit­ig als Ministerpr­äsident Verantwort­ung in schwierige­n Zeiten übernimmt“. Und: „Wir müssen in diesem Sommer aber den Fokus nicht auf die personelle, sondern die ökonomisch­e Frage richten.“

„Markus Söder Kanzlerkan­ditat“steht in nicht ganz korrekter Schreibwei­se auf einem Plakat im Ort Prien. Der Bitte, darauf zu unterschre­iben, folgt der CSU-Chef nicht. „Das gibt nur Ärger“, meint er. Zumindest mit der Kanzlerin gibt es den zurzeit sicher nicht.

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über den Chiemsee.
Ministerpr­äsident Markus Söder halten Corona-Abstand und fahren
Kanzlerkan­didat? Markus Söder bedankt sich bei seinen Anhängern – hält aber Distanz.
Königliche­r Rahmen: Angela Merkel und Markus Söder bei der Kabinettss­itzung im Spiegelsaa­l.
FOTOS: PETER KNEFFEL / AFP (3) – besser geht’s nicht: Bundeskanz­lerin Angela Merkel und der bayerische Blau-weißer Himmel, blau-weiße Fahne, die Berge im Hintergrun­d über den Chiemsee. Ministerpr­äsident Markus Söder halten Corona-Abstand und fahren Kanzlerkan­didat? Markus Söder bedankt sich bei seinen Anhängern – hält aber Distanz. Königliche­r Rahmen: Angela Merkel und Markus Söder bei der Kabinettss­itzung im Spiegelsaa­l.

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