Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Die deutsche Teilung neu erklärt
Gedenkstätte Marienborn zeigt eine überarbeitete Dauerausstellung
Marienborn. Einst reihte sich hier Auto an Auto. Warten, Kontrollen und Schikane waren an der Tagesordnung – heute ist der ehemals größte deutschdeutsche Grenzübergang an der Autobahn 2 eine Gedenkstätte mit einem riesigen Gelände. Und das erklärt sich für viele jüngere Menschen nicht ohne Weiteres selbst. „Es kommen immer mehr Menschen zu uns, die die Grenzübergangsstelle nicht mehr selbst erlebt haben“, sagte der amtierende Leiter der Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn (SachsenAnhalt), Sven Sachenbacher, am Dienstag. Eine neue Dauerausstellung gehe daher auf neue Fragen der Besucherinnen und Besucher ein, reagiere auf neue Sehgewohnheiten und Erwartungshaltungen.
Coronabedingt ist am kommenden Freitag keine große Eröffnungsveranstaltung geplant, sondern ein kleiner Premierenrundgang mit Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff und Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch (beide CDU). Im Anschluss ist die Ausstellung „Die DDRGrenzübergangsstelle Marienborn. Schauplatz des Ost-West-Konflikts im geteilten Deutschland“für das Publikum geöffnet. Sie ersetzt die bisherige, 20 Jahre alte Dauerausstellung und
hat 830.000 Euro gekostet. Die Besucher werden von einer MultimediaInstallation empfangen, die ins Thema und den Ort einführt, geografisch und historisch einordnet. Auf 460 Quadratmetern teilt sich die Ausstellung in neun Kapitel, die den Alltag an der Grenzübergangsstelle Marienborn beleuchten, missglückte und geglückte Fluchtversuche, den Transitverkehr nach West-Berlin, das Leben im Zonenrandgebiet und die friedliche Revolution 1989. „Der Blick endet nicht am Grenzübergang“, so Sachenbacher. Die neue Ausstellung ordne viel mehr ein als die alte. Einen festen Rundgang gibt es nicht.
Zu jedem Kapitel gehören Medienstationen, an denen die Besucher Zeitzeugenvideos ansehen können. Diese wurden für die Ausstellung neu gedreht. Die Verbindung der historischen Hintergründe mit Biografien und aussagekräftigen, manchmal irritierenden Objekten sei ein Anliegen der Ausstellungsmacher gewesen, sagte Sachenbacher. Beim Thema Flucht hängt beispielsweise schlichtweg ein Autoschlüssel in einer Vitrine – er gehört zu einem VW-Bus, der zur Flucht dienen sollte. Die Geschichte dazu wird ausführlich erzählt.
Spezialspiegel für die Kontrolle von Autos sind ebenso zu sehen wie eine Selbstschussanlage und Fotos, die die Stasi heimlich an grenznahen Raststätten an der A2 gemacht hat. Das größte Objekt ist ein riesiges DDREmblem, das direkt an der Autobahn an einer riesigen Betonstele hing.
Die Ausstellungsgestalter der Leipziger Agentur KOCMOC haben auch an der Verbindung zwischen Ausstellung und riesigem Gelände gearbeitet: Seit dem vergangenen Jahr stehen draußen sogenannte Zeitschleusen, die nähere Informationen zum Areal geben und mit historischen Fotos und Gucklöchern einen Eindruck der früheren Grenzübergangsstelle vermitteln. Elemente dessen finden sich auch in der neuen Dauerausstellung: Durch Gucklöcher nach draußen soll ein Eindruck vermittelt werden, wie es dort früher aussah.
Im Jahr 1996 wurde die Grenzübergangsstelle Marienborn zur Gedenkstätte. Im vergangenen Jahr haben Sachenbachers Angaben zufolge rund 137.700 Menschen die Gedenkstätte besucht.