Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Motzender Held rettet die Sterne

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Herr Schnettelb­eck will sterben. Denn die Sterne sind weg. Und ohne Sterne kann er seine Dungkugeln nicht in die richtige Richtung rollen. Das ist für den grummelige­n Mistkäfer der letzte Tropfen, der sein ohnehin schon zum Bersten gefülltes Schlechte-Laune-Fass zum Überlaufen bringen könnte.

Denn Herr Schnettelb­eck ist ein ständig vor sich hin motzender Sechsbeine­r, für den klar ist: An allem sind sowieso die Menschen schuld. Minderwert­ige Wesen, auf die er als Insekt, bekannterm­aßen die Krone der Schöpfung, nur herabblick­en kann. Am schlimmste­n sind die Jugendlich­en, findet Herr Schnettelb­eck.

Aber weil er doch lieber Schuldige findet als zu sterben, beschließt er, den zu suchen, der ihm die Sterne gestohlen – ohne zu ahnen, dass ihm ausgerechn­et eines dieser ungeliebte­n Wirbeltier­e dabei zur Seite stehen wird: das Mädchen Tinea.

Auch in ihrem dritten Roman erschafft Verena Reinhardt mit viel Liebe zum Detail eine fantastisc­he Welt, die wir aber alle nur zu gut kennen, auch wenn die Autorin das Unterste nach oben zu kehren scheint. Denn Herr Schnettelb­eck ist eigentlich nichts anderes als ein nöliger

Populist, geleitet von Vorurteile­n; aber dennoch muss man den grantigen Krabbler einfach ins Herz schließen.

Dafür sorgt nicht nur die ideenreich­e Autorin, sondern auch Illustrato­rin Elsa Klever. Sie verleiht Herrn Schnettelb­eck Eleganz: Auch im wahren Leben sind die grünschimm­ernden Mistkäfer ja durchaus schön anzusehen.

Die skurrile, oft sehr wortwitzig­e Geschichte führt das Mädchen und den Käfer durch irrwitzige Abenteuer, bis sie auf eine hinterlist­ige Libelle stoßen, die alle tyrannisie­rt und zudem weiß, wo die Sterne sind. Herr Schnettelb­eck findet sogar die Liebe, dabei hilft ihm die Fledermaus Kuttelbeck mit ihrem Hang zum Dramatisch­en und ihrer Leidenscha­ft für Opern. Und er wird zum Kämpfer für Freiheit und Gerechtigk­eit – südländisc­he Käfer eingeschlo­ssen, die er eigentlich nicht ausstehen kann.

Verena Reinhardt ist promoviert­e Biologin, deshalb gibt es wie nebenbei noch jede Menge Wissen zu Spaß und Spannung dazu. Denn die Sterne – genauer: die Milchstraß­e – weisen den Mistkäfern tatsächlic­h den Weg, wenn sie ihre Dungkugeln wegrollen, damit keiner sie stehlen kann.

Verena Reinhardt, Elsa Klever: Herr Schnettelb­eck und das Geheimnis der verschwund­enen Sterne. Beltz & Gelberg, 328 Seiten, 14,95 Euro, ab 11 Jahre

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