Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Plan für kommunales Ärztezentr­um scheitert

Vorhaben findet bei Patt im Gemeindera­t Seebach keine Mehrheit. Gegenwind vom MVZ des Klinikums Eisenach

- Von Peter Rossbach

Seebach. Sauer und enttäuscht waren die Besucher der Sitzung des Gemeindera­tes Seebach. Aus ihrer Sicht wurde da eine große Chance für den Ort verpasst, „und das nur weil sie dem Bürgermeis­ter eins auswischen wollen“, befand eine Bürgerin. Der parteilose Rathausche­f Gerrit Häcker war genauso bedient: „Das muss ich erst mal sacken lassen.“

Er hatte ein Projekt anstoßen wollen, auf das ganz Thüringen geschaut hätte. Doch für seinen Plan, mit der Gründung des ersten kommunalen Medizinisc­hen Versorgung­szentrums (MVZ) in Thüringen die ärztliche Versorgung im Ort und darüber hinaus in die Region ausstrahle­nd zu einem guten Teil in die eigenen Hände zu nehmen, fand er keine Mehrheit. Mit 6:6 ging die Abstimmung unentschie­den aus, und damit war der Antrag abgelehnt. Die Nein-Stimmen kamen von der CDU.

Bürgermeis­ter hält Risiko für überschaub­ar

Dass dieser Plan das Risiko des Scheiterns in sich trägt, daraus machte Häcker in der Diskussion keinen Hehl. Allerdings hält er das Risiko für überschaub­ar, im schlimmste­n Falle wären die 60.000 Euro, die die Gemeinde als alleinige Gesellscha­fterin als Stammkapit­al einbringen sollte, futsch. Über das kommunale MVZ sollten zwei Ärzte in Seebach angestellt werden.

Hintergrun­d für den Vorstoß ist die ärztliche Lage im oberen ErbGerald

stromtal. Zwei Hausärzte stehen vor dem Ruhestand. Die Arztstelle in der Poliklinik Ruhla (MVZ Eisenach des Klinikums) ist seit Monaten verwaist – ob die junge Kollegin nach ihrer Elternzeit zurückkehr­t, steht in den Sternen. In Seebach ist

die langjährig­e Hausärztin Magdalena Günther (69) seit zwei Wochen in Rente, will aber weitermach­en, bis ihre für Oktober angekündig­te Nachfolger­in da ist. Günther ist seit zwei Jahren ebenfalls über das MVZ Eisenach angestellt.

„Wenn wir jetzt nicht handeln, kann es uns im oberen Erbstromta­l passieren, dass wir in nur wenigen Monaten 40 Prozent der ärztlichen Versorgung ohne Ersatz verlieren“, sagte Häcker, der auch den Bürgermeis­ter der Nachbarsta­dt Ruhla,

Slotosch, auf seiner Seite weiß. Die Kommunikat­ion mit dem Eisenacher Klinikum halten Slotosch und Häcker für schlecht.

Im MVZ Eisenach stößt die Idee der Gründung des kommunalen MVZ auf wenig Gegenliebe. Zur Ratssitzun­g waren mit MVZ-Arzt Eberhard Knechtel sowie DiakoChef und Klinikums-Aufsichtsr­atsmitglie­d Sven Kost, selbst Seebacher, prominente Vertreter erschienen. Sie machten deutlich, dass sie die Einrichtun­g eines kommunalen MVZ für nicht erforderli­ch und sowohl aus medizinisc­her als auch finanziell­er Sicht für falsch halten. Kost sagte, dass das MVZ Eisenach ein jährliches Defizit einfahre, der Vorteil aber in der Lenkung der Patienten ins Klinikum Eisenach liege. Zudem kündigte er an, dass man die Rechtmäßig­keit der Gründung eines solchen kommunalen MVZ bei einem positiven Beschluss des Gemeindera­tes prüfen werde.

Da hat Gerrit Häcker aber weniger Sorge. Die Pläne waren schon weit gediehen, schließlic­h hatte sich der Gemeindera­t noch 2019 in einem Grundsatzb­eschluss dazu bekannt. Die möglichen Arzträume waren bereits bis Jahresende gesichert. Auf eine Ausschreib­ung hin gab es schon vier Bewerbunge­n. Zwei Ärztinnen könnten, so Häcker, zeitnah beginnen. „Die Arbeit in einem kleinen, familiären Team in einer modern ausgestatt­en Praxis scheint für manche Mediziner attraktiv zu sein.“

Am Ende aber reichte den Gegnern das Patt im Rat, um die Pläne zu verhindern.

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FOTO: PETER ROSSBACH Das Praxisschi­ld von Magdalena Günther aus Seebach.

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