Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Plan für kommunales Ärztezentrum scheitert
Vorhaben findet bei Patt im Gemeinderat Seebach keine Mehrheit. Gegenwind vom MVZ des Klinikums Eisenach
Seebach. Sauer und enttäuscht waren die Besucher der Sitzung des Gemeinderates Seebach. Aus ihrer Sicht wurde da eine große Chance für den Ort verpasst, „und das nur weil sie dem Bürgermeister eins auswischen wollen“, befand eine Bürgerin. Der parteilose Rathauschef Gerrit Häcker war genauso bedient: „Das muss ich erst mal sacken lassen.“
Er hatte ein Projekt anstoßen wollen, auf das ganz Thüringen geschaut hätte. Doch für seinen Plan, mit der Gründung des ersten kommunalen Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in Thüringen die ärztliche Versorgung im Ort und darüber hinaus in die Region ausstrahlend zu einem guten Teil in die eigenen Hände zu nehmen, fand er keine Mehrheit. Mit 6:6 ging die Abstimmung unentschieden aus, und damit war der Antrag abgelehnt. Die Nein-Stimmen kamen von der CDU.
Bürgermeister hält Risiko für überschaubar
Dass dieser Plan das Risiko des Scheiterns in sich trägt, daraus machte Häcker in der Diskussion keinen Hehl. Allerdings hält er das Risiko für überschaubar, im schlimmsten Falle wären die 60.000 Euro, die die Gemeinde als alleinige Gesellschafterin als Stammkapital einbringen sollte, futsch. Über das kommunale MVZ sollten zwei Ärzte in Seebach angestellt werden.
Hintergrund für den Vorstoß ist die ärztliche Lage im oberen ErbGerald
stromtal. Zwei Hausärzte stehen vor dem Ruhestand. Die Arztstelle in der Poliklinik Ruhla (MVZ Eisenach des Klinikums) ist seit Monaten verwaist – ob die junge Kollegin nach ihrer Elternzeit zurückkehrt, steht in den Sternen. In Seebach ist
die langjährige Hausärztin Magdalena Günther (69) seit zwei Wochen in Rente, will aber weitermachen, bis ihre für Oktober angekündigte Nachfolgerin da ist. Günther ist seit zwei Jahren ebenfalls über das MVZ Eisenach angestellt.
„Wenn wir jetzt nicht handeln, kann es uns im oberen Erbstromtal passieren, dass wir in nur wenigen Monaten 40 Prozent der ärztlichen Versorgung ohne Ersatz verlieren“, sagte Häcker, der auch den Bürgermeister der Nachbarstadt Ruhla,
Slotosch, auf seiner Seite weiß. Die Kommunikation mit dem Eisenacher Klinikum halten Slotosch und Häcker für schlecht.
Im MVZ Eisenach stößt die Idee der Gründung des kommunalen MVZ auf wenig Gegenliebe. Zur Ratssitzung waren mit MVZ-Arzt Eberhard Knechtel sowie DiakoChef und Klinikums-Aufsichtsratsmitglied Sven Kost, selbst Seebacher, prominente Vertreter erschienen. Sie machten deutlich, dass sie die Einrichtung eines kommunalen MVZ für nicht erforderlich und sowohl aus medizinischer als auch finanzieller Sicht für falsch halten. Kost sagte, dass das MVZ Eisenach ein jährliches Defizit einfahre, der Vorteil aber in der Lenkung der Patienten ins Klinikum Eisenach liege. Zudem kündigte er an, dass man die Rechtmäßigkeit der Gründung eines solchen kommunalen MVZ bei einem positiven Beschluss des Gemeinderates prüfen werde.
Da hat Gerrit Häcker aber weniger Sorge. Die Pläne waren schon weit gediehen, schließlich hatte sich der Gemeinderat noch 2019 in einem Grundsatzbeschluss dazu bekannt. Die möglichen Arzträume waren bereits bis Jahresende gesichert. Auf eine Ausschreibung hin gab es schon vier Bewerbungen. Zwei Ärztinnen könnten, so Häcker, zeitnah beginnen. „Die Arbeit in einem kleinen, familiären Team in einer modern ausgestatten Praxis scheint für manche Mediziner attraktiv zu sein.“
Am Ende aber reichte den Gegnern das Patt im Rat, um die Pläne zu verhindern.