Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Kritik trotz höherer Gehälter
Der Chef der Thüringer Fernwasserversorgung ist umstritten – kann aber Erfolge vorweisen
Erfurt. Die Zentrale der Thüringer Fernwasserversorgung wirkt unbelebt. Das liegt an den CoronaSchutzmaßnahmen, die durchgesetzt werden. Viele Mitarbeiter arbeiten auch im Juli und August noch von zu Hause aus. Ein paar Stockwerke geht es nach oben, da fällt ein Aushang des Betriebsrates ins Auge. Das Gremium distanziert sich von einer Berichterstattung über die Thüringer Fernwasserversorgung wenige Wochen vorher. Hintergrund: Auf eine Parlamentarische Anfrage hatte das Thüringer Umweltministerium nicht sonderlich gute Zahlen über das Unternehmen präsentiert. Viele Kündigungen, viele Aufhebungsverträge und ein hoher Krankenstand.
Auf den ersten Blick war die umfassende Antwort aus dem Ministerium eine Bestätigung dessen, was schon im Januar öffentlich wurde. Die Kritik am Geschäftsführer Thomas Stepputat scheint also nicht abzureißen. Insbesondere die AfD, die die Fragen gestellt hatte, forderte „Aufklärung der Vorgänge“bei dem staatlichen Unternehmen.
Der Geschäftsführer will die Kritik nun nach mehreren Monaten des Aushaltens so nicht stehen lassen. Man müsse diese Zahlen ins Verhältnis setzen, betont Thomas Stepputat, der vor fünf Jahren als Reformer geholt wurde. 223 Mitarbeiter verzeichnete das Unternehmen 2018. 39 von ihnen, abgerundet 17 Prozent, waren in dem Jahr länger als sechs Wochen krank. Ist das zu vernachlässigen? Stepputat argumentiert mit dem durchschnittlichen Alter der Belegschaft. Man müsse sehen, dass die Belegschaft in den vergangenen zehn Jahren natürlich gealtert sei – und sich das auf die Krankenstände auswirke. 2010, soweit gehen die Zahlen in der Antwort auf die parlamentarische Anfrage zurück, sahen die Daten deutlich besser aus.
Gleichwohl hat das Unternehmen aber auf die Kritik zu schlechtem Arbeitsklima und Mobbing reagiert und alle Mitarbeiter zu Gesprächen eingeladen. Nicht alle haben bereits stattgefunden. Daran trägt die Corona-Krise wohl Schuld. Der Personalrat wollte sich auf Anfrage nicht zu den von der Geschäftsleitung getroffenen Maßnahmen äußern.
Die scheint aber überzeugt, auf dem richtigen Weg zu sein. Zumal sich die Gehälter der Mitarbeiter deutlich nach oben entwickelt haben. „Wir sind heute im Bereich des Tarifvertrages der Länder in weiten Teilen konkurrenzfähig“, sagt Stepputat. Ein gewisser Stolz schwingt in der Stimme mit, denn bei seinem Amtsantritt lagen die Gehälter satte 17 Prozent unter dem heutigen Niveau. Auch der Staatssekretär des Thüringer Umweltministeriums, Olaf Möller (Grüne) – er ist Vorsitzender des Verwaltungsrates des Unternehmens – , bestätigte im Gespräch mit dieser Zeitung, dass sich die Gehälter der Mitarbeiter in den vergangenen fünf Jahren deutlich verbessert hätten.
Der Geschäftsführer scheint der Erwartung des Verwaltungsrates gerecht geworden zu sein. Denn dieser hat gerade vor wenigen Tagen seinen Vertrag um drei Jahre verlängert. Danach will er sich in den Ruhestand verabschieden. Davor stehen aber noch einige Projekte, die weitergeführt werden sollen. Ab 1. Januar kommenden Jahres kann die Thüringer Fernwasserversorgung beispielsweise mit Bad Langensalza als Neukunden planen. Ein Projekt, dass seit zwei Jahrzehnten in der Pipeline steht und das Stepputat zusammen mit dem Zweckverband und dem Land Thüringen nun zur Umsetzung vorangetrieben hat.
Daneben verkündet er, ebenfalls als Reaktion auf die Kritik, dass es gelungen sei, die Fernwasserpreise stabil zu halten. Wie lange das so bleibt? Da lässt sich der Geschäftsführer keine Verbindlichkeit entlocken.