Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Bahn kauft 30 ICE – für eine Milliarde
Neues Modell erreicht 320 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit. Handy-Verbindungen sollen besser werden
Berlin. „Ich sitze gerade im Zug. Es kann sein, dass die Verbindung gleich abbricht.“Diesen Satz hört man nicht selten Reisende in ihr Handy sprechen, wenn sie mit der Bahn unterwegs sind. Viele haben es selbst erlebt. Doch diese Warnung an Gesprächspartner könnte in spätestens zwei Jahren auf manchen Fernstrecken der Vergangenheit angehören, stellt Richard Lutz, Vorstandschef der Deutschen Bahn, in Aussicht.
Denn: Die Deutsche Bahn will ihr Hochgeschwindigkeitsnetz weiter massiv ausbauen. Der Staatskonzern hat dazu 30 neue ICE-Züge des Typs ICE 3 neo für insgesamt eine Milliarde Euro bei Siemens bestellt. Diese Züge fahren mit Höchstgeschwindigkeiten von 320 Stundenkilometern nicht nur schneller als ihre Vorgänger mit 250 km/h. Sie sollen erstmals auch mit Fenstern ausgestattet werden, die funkdurchlässig sind und so für besseren Handy-Empfang sorgen.
Die Scheiben der ICE sind bislang mit einer dünnen Metallschicht versehen, die Sonnenstrahlung fernhalten – aber eben auch Mobilfunkwellen. Künftig wird in diese wärmeisolierende Metallschicht ein feines Raster gelasert, damit die Funkwellen ins Wageninnere gelangen können.
Vorausgesetzt allerdings, dass der Landstrich der Zugstrecke mit Funkmasten ausgerüstet ist. Auch dazu ist der Bahnchef in Gesprächen mit Mobilfunkkonzernen. Er möchte dieses „Ärgernis“schlechter Verbindungen endlich beseitigen, sagte Lutz am Mittwoch bei der Vorstellung der neuen Pläne.
Mit den neuen Hochgeschwindigkeitszügen soll das Reisen mit der Bahn noch attraktiver und komfortabler werden. Die Züge sind eine Weiterentwicklung der ICE-3Flotte. Zur Ausstattung der neuen Züge gehören standardmäßig je acht Fahrradstellplätze. Sie sollen mehr Platz fürs Gepäck bieten, auch die Bordrestaurants sollen kundenfreundlicher werden.
Alle Züge haben einen Lift für Rollstuhlfahrer
Besonders wichtig: Alle Züge sind barrierefrei. Die Züge haben einen Hublift, über den Reisende im Rollstuhl
an einer separaten Einstiegstür an Bord kommen können.
Die ersten Züge der ICE-3-neoReihe sollen ab 2022 zunächst auf der Strecke zwischen NordrheinWestfalen und München eingesetzt werden – die über die Schnellfahrstrecke Köln-Rhein-Main führt. Die neuen Züge sind 200 Meter lang, haben acht Wagen mit 440 Sitzplätzen – davon 347 in der 2. Klasse. Für Siemens sind die Züge schon heute ein Exportschlager, sagte der stellvertretende Siemenschef, Roland Busch. 1000 sind mit hohem Tempo im Einsatz – unter anderem zwischen Barcelona und Madrid.
Die Investition ist Bestandteil einer gewaltigen Aufrüstung der
Zugflotte. „In den nächsten Jahren wächst die gesamte DB-Flotte im Fernverkehr um 20 Prozent“, sagte Lutz bei der Vorstellung der Pläne am Mittwoch in Berlin. „Schon Ende 2022 profitieren unsere Fahrgäste von mehr Sitzplätzen, mehr Komfort und mehr Tempo.“
Bis 2026 werden dann bei der Deutschen Bahn 421 ICE-Züge mit rund 220.000 Sitzplätzen im deutschen Netz unterwegs sein. Derzeit sind 303 ICE unterwegs. Allein durch die 30 neuen Züge entstehen 13.000 weitere Sitze.
Die Bahn spielt auch in der Verkehrspolitik der Bundesregierung eine wichtige Rolle. Der Verkehrsträger Eisenbahn kann maßgeblich dazu beitragen, die Klimaziele zu erreichen, sofern es gelingt, mehr Personenund Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern. „Die Bahn wird mehr und mehr zu einer klimafreundlichen Alternative im Fernverkehr“, hob Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hervor.
Die Bahn könne bei innerdeutschen Verbindungen vor allem durch Schnelligkeit punkten und dabei eine attraktive Konkurrenz zum Fliegen sein, sagte Scheuer. Dies beweise die gute Nachfrage auf der neuen Schnellstrecke zwischen Berlin und München – etwa 30 Prozent des Flugverkehrs auf der Strecke seien seit Inbetriebnahme auf