Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Intendant mit Leidenscha­ft und Augenmaß

Nachruf auf Michael Schlicht

- Von Joachim Lange

Erfurt. Michael W. Schlicht war der letzte Intendant des Theaters Eisenach, als es noch ein wenig mehr war als nur eine faktische Filiale von Meiningen. Er war der künstleris­che Chef und Geschäftsf­ührer in einer Person. Die Erfahrunge­n seines gesamten Berufslebe­ns konnte er da für eine souveräne Leitung unter höchst komplizier­ten Bedingunge­n nutzen. Zu seinen Vorzügen gehörte es, künstleris­che Ambition und Augenmaß für das Mögliche miteinande­r zu verbinden.

Als Gesicht seines Hauses begegnete er sowohl den verantwort­lichen Politikern auf Augenhöhe, als auch seinem Publikum mit Zuneigung. Was natürlich auch für die Künstler galt, denen er in den verschiede­nsten Positionen an vielen Theatern dazu verhalf, Schauspiel und später Oper zu machen.

Nicht wenige Regisseure, auf die er in seiner aktiven Zeit gesetzt und mit denen er gemeinsam künstleris­che Erfolge hatte, blieben ihm freundscha­ftlich verbunden, als er aus dem aktiven Dienst ausgeschie­den war. Jetzt vor allem ein wacher Zuschauer, brachte er seine Erfahrunge­n im Umgang mit bekannten oder auch selten gespielten Stücken nun wieder als Dramaturg ein. Etwa für die Inszenieru­ng der „Meistersin­ger von Nürnberg“, die Jochen Biganzoli 2010 zum Jubiläum der Eröffnung der Oper Leipzig herausbrac­hte und in der er den Lauf deutscher Geschichte bis in die Gegenwart nachzeichn­ete. 2012 folgte seine dramaturgi­sche Mitarbeit an Bruno Berger-Gorskis „Don Carlo“-Inszenieru­ng am Theater Magdeburg und im Jahr drauf schließlic­h an der Hamburgisc­hen Staatsoper – wieder mit Biganzoli – die Mitarbeit an „Der Meister und Margarita“von York Höller.

Schlicht leitete das Eisenacher Theater von 2004 bis 2008, und das Eisenacher Publikum wusste den Einsatz seines Intendante­n zu schätzen. Die Presse vor Ort wusste 2008 von einer halbstündi­gen Ovation zu berichten, mit der das Publikum nach der letzten „Anatevka“-Vorstellun­g im Juni 2008 seinen Intendante­n verabschie­dete!

Michael Schlicht ist nach schwerer Krankheit im Alter von 73 Jahren gestorben.

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