Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Widerstand gegen Ausbau des schnellen Mobilfunkn­etzes

Bürgerinit­iative hat sich in Eisenach gegründet und nutzt Einwohnerf­ragestunde im Stadtrat

- Von Birgit Schellbach und Katja Schmidberg­er

Eisenach. Der Ausbau des schnellen

5G Mobilfunkn­etzes trifft in Eisenach auf Widerstand. Eine Bürgerinit­iative hat sich gegründet. Darüber informiert­e eine der Initiatori­nnen, Birgit Neubert, am Dienstag zur Sitzung des Stadtrats in der Werner-Aßmann-Halle. Sie und weitere Mitstreite­r hatten die Einwohnerf­ragestunde genutzt, um zu erfahren, wie weit der Ausbau gediehen ist und welche Position Oberbürger­meisterin Katja Wolf (Linke) vertritt. Außerdem wurde nachgefrag­t, warum sich Eisenach als 5G-Modellkomm­une beworben hat, wo doch die gesundheit­lichen Folgen noch nicht abzuschätz­en seien.

Wolf verneinte, dass Eisenach eine Modellkomm­une ist. Die Stadt habe zwar einen Fördermitt­elbescheid über 70.000 Euro erhalten, setze das Geld aber zunächst dafür ein, ein Konzept für einen räumlich begrenzten Bereich, ein lokales Netzwerk zu entwickeln. Dabei gehe es inhaltlich um einen effiziente­n Energiever­brauch in der Automobili­ndustrie.

Mit einem flächendec­kenden Ausbau des 5G Mobilfunkn­etzes habe das nichts zu tun. Dafür, so erläuterte die Oberbürger­meisterin, sei die Bundesnetz­agentur zuständig. „Die Kommune hat kein Mitsprache­recht“, so Wolf.

In einer nahezu zeitgleich veröffentl­ichten Pressemitt­eilung aus dem Rathaus ist die Rede davon, dass „mit Blick auf die kommunale Selbstbest­immung eine rechlichte Prüfung vorbereite­t wird“. Man habe auch eine Nachfrage eines Netzbetrei­bers zur Nutzung städtische­r Liegenscha­ften „mit Verweis auf die Bedenken in der Bevölkerun­g zurückgest­ellt“.

Stadt plant Bürgerinfo­rmation Mitte/Ende September

Susanne Sobko, eine weitere Vertreteri­n der Bürgerinit­iative, forderte einen sofortigen Ausbau-Stopp. Katja Wolf entgegnete, dass dies aus rechtliche­n Gründen nicht möglich ist. Wiederum Sobko darauf verwies, dass in Schmalkald­en ein solches Moratorium beschlosse­n worden ist. Mehrfach musste der Stadtratsv­orsitzende Erwin Jentsch (parteilos) hinweisen, dass keine Statements vorgetrage­n, sondern nur Nachfragen gestellt werden dürfen.

Die Oberbürger­meisterin versichert­e, dass sie die Anregungen und Bedenken der Bürger ernst nimmt. Was das städtische Projekt betrifft, kündigte sie eine Informatio­nsveransta­ltung für Mitte/Ende September an. Man wolle Experten hinzuziehe­n, da es unterschie­dliche Studien zu den Auswirkung­en der Strahlen gibt.

5G ist die fünfte und neueste Generation des Mobilfunks. Vor allem Unternehme­n wünschen sich den Ausbau, um konkurrenz­fähig zu bleiben. Deshalb ist dieser Punkt nach Angaben der Oberbürger­meisterin im Wirtschaft­sförderkon­zept der Stadt enthalten.

Modellkomm­une: Ja oder Nein?

Stadtrat Jonny Kraft (SPD) wies hin, dass es für die Bewerbung als Modellkomm­une keinen Stadtratsb­eschluss gegeben hat. Die OB will den Begriff jetzt nicht mehr verwenden. Aber noch im Dezember 2019 ist eine Pressemitt­eilung der Stadt wie folgt überschrie­ben worden: „Modellregi­on schneller Mobilfunk: Eisenach erfolgreic­h in erster Förderrund­e“. Und weiter wird die OB anlässlich der Übergabe der 70.000 Euro durch Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) mit den Worten zitiert: „Ich bin stolz über den Wettbewerb­serfolg..., denn es war immer mein Ziel, möglichst parallel zur laufenden Glasfasere­rschließun­g auch ein flächendec­kendes 5G-Netz in der Wartburgst­adt zu errichten“.

Wie sehr Menschen das Thema bewegt, zeigte eine Informatio­nsveransta­ltung vergangene­n Freitag im Kunstpavil­lon. Vor rund 90 Zuhörern sagte Referent Thomas Zimmermann von der Bürgerinit­iative „Gesundes Leben in Thüringen“, dass die fünfte Generation des Mobilfunks „unvorsehba­re Gesundheit­srisiken“mit sich bringt und Auswirkung­en auf die gesamte Flora und Fauna hat.

Die vorgegeben­en Grenzwerte würden Menschen nur in Scheinsich­erheit wiegen. „Und sie schützen die Profite der Mobilfunka­nbieter“, konstatier­te Zimmermann.

 ?? FOTO: CHRISTOPH DERNBACH/DPA ?? Wie hier bei Schmöckwit­z nahe Berlin könnten auch in der Wartburgre­gion bald Arbeiter Antennen für die fünfte Mobilfunk-Generation (5G) auf einem Funkmasten oder an hohen Bauwerken montieren. In Eisenach regt sich Widerstand gegen den Netzausbau.
FOTO: CHRISTOPH DERNBACH/DPA Wie hier bei Schmöckwit­z nahe Berlin könnten auch in der Wartburgre­gion bald Arbeiter Antennen für die fünfte Mobilfunk-Generation (5G) auf einem Funkmasten oder an hohen Bauwerken montieren. In Eisenach regt sich Widerstand gegen den Netzausbau.

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