Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Praxisnachfolge in Behringen geklärt
Die promovierte Fachärztin für Allgemeinmedizin Anna Lüder folgt ab 5. Oktober auf Gunnar Ludwig
Eisenach. „Es ist gelungen, die medizinische Versorgung der Arztpraxis nahtlos weiterzuführen“, informierte Donnerstagabend der Bürgermeister der Gemeinde HörselbergHainich, Christian Blum (parteilos), mit sichtlicher Erleichterung im hygienefreundlich bestuhlten Kulturhaus Behringen die Anwesenden der Gemeinderatssitzung.
Nach kleinerer baulicher Pause werde, so die Informationen des Rathauschefs, der Praxisbetrieb am 5. Oktober fortgesetzt. Zunächst gelang es monatelang trotz intensiver Bemühungen der Gemeinde Hörselberg-Hainich und der Politik nicht, einen Nachfolger für den Arzt Gunnar Ludwig zu finden.
Als Angestellte entfällt der zeitraubende Verwaltungsaufwand
Die promovierte Fachärztin für Allgemeinmedizin, Anna Lüder, führt die Hausarztpraxis von Gunnar Ludwig im Auftrag der Gesellschaft „Kielstein Medizinische Versorgung“weiter. Die Arztpraxis im Dorfzentrum von Behringen ist thüringenweit die 19. Praxis des Unternehmens; zwei weitere gibt es im Bundesland Sachsen-Anhalt. „Mir ist es ein besonderes Anliegen, die medizinische Versorgung auch im ländlichen Bereich auf höchstem
Niveau sicherzustellen, daher haben wir uns entschieden, den Standort Behringen in unser Netzwerk aufzunehmen“, sagt Volker Kielstein, der sein Unternehmen vor zwölf Jahren auf dieses Modell ausrichtete. Gerade für ältere Menschen sei es kaum zumutbar, den Weg in die nächstgrößeren Städte, wie Eisenach oder Bad Langensalza, für gesundheitliche Anliegen zu bewerkstelligen.
Über Anna Lüder spricht Volker Kielstein von einer „idealen Besetzung“. Die Mittdreißigerin, die bereits ihre Facharztausbildung im Unternehmen absolvierte, kehrt nach einem dreijährigen beruflichen Zwischenspiel im Heliosklinikum nun zu ihrem alten Ausbildungsbetrieb zurück. Anna Lüder pendelt täglich von Gotha in die Praxis nach Behringen.
Viele junge Ärzte wollen vor allem im weniger frequentierten ländlichen Raum keine eigene Praxis eröffnen, da verwaltungstechnische Aufgaben ein Drittel der Arbeit auffressen. „Frau Lüder ist bei uns angestellt, muss sich um keine Verwaltung
kümmern und kann sich voll auf die Patienten konzentrieren“, erzählt Unternehmenssprecher Ingolf Gottstein. Das komplette Abrechnungsmanagement, die oft zeitraubende Verwaltung, wie auch die Personalangelegenheiten übernimmt das Unternehmen. Die Versorgung GmbH sei nach eigenen Angaben unabhängig und frei von jeglichen Einflüssen der Pharmaindustrie. „Es besteht ein absolutes Verbot, Pharmavertreter zu empfangen und so sind wir auch niemanden verpflichtet“, meint Ingolf Gottstein. „Das garantiert den Patienten eine optimale, gesundheitsorientierte Versorgung und mir natürlich die Arbeit nach dem hippokratischen Eid“, fügt Anna Lüder hinzu.
Auf Gunnar Ludwig, der mit 67 das Rentenalter erreicht hat, müssen Behringer und Einwohner der Ortsteile trotz seiner Praxisaufgabe dennoch nicht gänzlich verzichten. „Nach vierwöchiger Pause macht er ab November wieder Hausbesuche“, erzählt Ingolf Gottstein.
Den traurigsten Moment seines Berufslebens erlebte Gunnar Ludwig Anfang 2008. Damals kam eine junge Mutter, die im Haus der Arztpraxis wohnte, mit ihrem einjährigen Kind zu ihm. Der Arzt konnte nur noch den Tod des Kleinkindes feststellen. Die Obduktion ergab, so die Staatsanwaltschaft Meiningen damals, dass das einjährige Mädchen unterernährt war, aber auch an Flüssigkeitsmangel litt.
Die Gesellschaft sei ein trägerunabhängiges Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). „Derzeit praktizieren in unseren MVZ mehr als 60 Ärzte in acht Fachdisziplinen“, führt der Unternehmenssprecher an. Mit einer standortübergreifenden Versorgung sichert das Unternehmen insbesondere in den peripheren und ländlichen Gebieten Thüringens die ambulante medizinische Versorgung.