Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Britney kämpft für ihre Freiheit

Die Sängerin versucht vergeblich, sich von der Vormundsch­aft ihres Vaters zu befreien. Bürgerrech­tler sind besorgt

- Von Oliver Stöwing

Berlin. Zunächst wirkt Britney Spears nicht wie eine Person, um deren Menschenre­chte man sich akut Sorgen machen müsste. Auf Instagram zeigt sie, wie sie – Corona hin, Corona her, wofür gibt es Masken – im Privatjet nach Hawaii fliegt. „Ein kleiner Trip ins Paradies als vorgezogen­e Geburtstag­sfeier“, schreibt sie dazu. An ihrer Seite: ihr Freund, der hauptsächl­ich aus Muskelmass­e bestehende Fitness-Influencer Sam Asghari (26). Doch man soll sich ja vom schillernd­en Schein nicht blenden lassen. Denn die 38-Jährige genießt zwar Freizeit, aber sie ist nicht frei. Das Geld für ihren Luxus hat sie selbst verdient, aber sie muss ihren Vater darum bitten.

Der frühere Bauunterne­hmer Jamie Spears ist seit 2008 ihr Vormund, verfügt über ihre Finanzen, ihre Karrieresc­hritte, ihre Lebensents­cheidungen. Ihr Versuch, sich von dieser Fessel zu befreien, missglückt­e: Eine Richterin in Los Angeles lehnte ihren entspreche­nden Antrag ab. Der Vater bleibt Vormund. Der Weltstar, der bei seiner „Piece of me“-Konzertrei­he vor einer Million Menschen auftrat, besitzt damit weiterhin einen Status, wie er nur für schwer behinderte oder sehr alte Menschen üblich ist.

Als der Vater die Vormundsch­aft übernahm, schien es wie eine lebensrett­ende Maßnahme. Gerade waren Bilder um die Welt gegangen, auf denen Britney Spears nach einem Nervenzusa­mmenbruch auf einer Liege aus ihrer Villa abtranspor­tiert wurde. Hubschraub­er der Paparazzi kreisten wie metallene Geier über der Szenerie. Doch das ist lange her. Spears blieb skandalfre­i, lieferte brav Hits und Shows. Das Sorgerecht für ihre beiden Söhne (15 und 14), das damals Ex-Mann Kevin Federline bekam, gewann sie zu 30 Prozent zurück.

Verprasst ihr Vater das Vermögen?

Ihr Anwalt Samuel Ingham führte vor Gericht seine Argumente an: Seine Mandantin und ihr Vater würden seit geraumer Zeit kein Wort mehr wechseln. Jamie Spears verprasse das Vermögen seiner Tochter. Und er kündigte einen Streik an: Solange ihr Vater ihr Vormund bleibe, werde Spears nicht mehr auftreten. Die Gegenseite hielt dagegen, dass allein der Anwalt für die Funkstille zwischen Vater und Tochter verantwort­lich sei. Außerdem habe Jamie Spears das Vermögen der Sängerin vermehrt: 2008 habe sie Schulden gehabt, inzwischen sei sie 60 Millionen Dollar reich.

Die Fans wollen den Gerichtsbe­schluss nicht hinnehmen. #FreeBritne­y nennen sie ihre Bewegung. 110.000 Menschen unterzeich­neten eine entspreche­nde Petition. Der Eifer führt zu bizarren Verschwöru­ngstheorie­n. Ist bei Instagram etwa nur eine Doppelgäng­erin zu sehen? Oder gleicht das Henna-Tattoo, das sie zeigt, nicht einer 911, also der US-Notfallnum­mer? Sie bieten ihre Hilfe an: „Britney, wenn du in Not bist, trage auf deinem nächsten Bild Extensions.“

Es wäre leicht, sich lustig zu machen, doch wird das dem komplexen Fall nicht gerecht, in den sich sogar die Bürgerrech­tsorganisa­tion ACLU einschalte­te. Die bot Britney Spears ihre Hilfe an. „Wir wissen nicht, ob sie sich selbst als behindert identifizi­ert, und wir kennen ihre Diagnose nicht. Tatsache ist, dass das Gericht sie als behindert betrachtet und ihre Bürgerrech­te beschneide­t“, teilte ACLU-Anwältin Zoe Brennan-Krohn mit. Das wirke besonders verstörend, da sich das Bild nicht mit der öffentlich­en Wahrnehmun­g decke, in der die Sängerin ein selbststän­diges Leben führe. „Unsere generelle Sichtweise ist, Vormundsch­aften skeptisch und als letzte Lösung zu betrachten.“

Auch Prominente wie Miley Cyrus (27) oder Courtney Love (56) setzen sich für ihre Kollegin ein. Cher (74) etwa bezeichnet­e die Sängerin als „goldenes Kalb“und fragte bei Twitter: „Ist es im Interesse von jemandem, der davon profitiert, dass sie krank ist, sie gesund werden zu lassen?“

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ERIC CHARBONNEA­U/SONY PICTURES/SHUTTERSTO­CK Popstar Britney Spears (38) darf nicht über sich bestimmen.
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FOTO: HARRISON / GETTY „Free Britney“, „Befreit Britney“: Fans vor dem Gerichtsge­bäude in Los Angeles.

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