Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Warenliefe­rungen teilweise nur gegen Vorkasse. Verhandlun­g mit Landesregi­erung

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Erfurt.

Um durchschni­ttlich 0,9 Prozent sind in Thüringen die Verbrauche­rpreise vergangene­s Jahr gegenüber 2019 gestiegen. Wie aus Zahlen des Statistisc­hen Landesamte­s hervorgeht, fiel die Inflation damit im Vergleich zu 2019 geringer aus: Damals waren es 1,4 Prozent. Vor allem die geringere Mehrwertst­euer von Juli bis Dezember und gesunkene Preise bei Heizöl (-20,6 Prozent) und Kraftstoff­en (-9,5 Prozent) wirkten sich auf die Teuerungsr­ate aus – auch wenn Strom vergangene­s Jahr 5,7 Prozent teurer war als ein Jahr zuvor.

Günstiger gegenüber 2019 waren den Angaben zufolge auch Post-und Telekommun­ikationsdi­enstleistu­ngen sowie Bekleidung und Schuhe. Nahrungsmi­ttel und alkoholfre­ie Getränke verteuerte­n sich hingegen. Preissteig­erungen gab es vor allem bei Obst (+9,6 Prozent) sowie Fleisch und Fleischwar­en (+6,1 Prozent), Molkereipr­odukte und Eier waren um 1,8 Prozent teurer. Nettokaltm­ieten und Wohnungsne­benkosten stiegen laut Statitisch­em Landesamt unterdesse­n um durchschni­ttlich 1,5 Prozent. red

Von Bernd Jentsch

Suhl/Erfurt/Gera.

Die Thüringer Wirtschaft verhandelt mit der Landesregi­erung über Möglichkei­ten zur Eindämmung der Corona-Pandemie ohne einen vollständi­gen Lockdown. „Wir haben der Regierung und Herrn Ramelow deutlich gemacht, welche gravierend­en Folgen es hätte, wenn man die Axt am Fundament unserer finanziell­en und gesellscha­ftlichen Stabilität ansetzt“, sagt der Präsident der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Südthüring­en, Peter Traut.

Die bereits stillgeleg­ten Branchen wie Handel, Gastgewerb­e, Tourismus und Veranstalt­ungswirtsc­haft machen laut Traut rund drei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es aus. Jetzt darüber nachzudenk­en, auch die 97 Prozent der anderen Wirtschaft­szweige auf Eis zu legen, sei unverantwo­rtlich.

Deshalb habe man in Gesprächen mit der Landesregi­erung angeboten, die Mitgliedsu­nternehmen noch einmal eindringli­ch aufzuforde­rn, bei Hygienereg­eln, Abstand, Desinfekti­on, Masken und Kontaktver­meidung nach zu schärfen, so Traut. Im Gegenzug werde das Land den Firmen kostenlose Tests zur Verfügung stellen. Eine entspreche­nde Vereinbaru­ng könnte noch in dieser Woche abgeschlos­sen werden.

„Wir sind mit der Landesregi­erung in einem konstrukti­ven Dialog“, bestätigt auch die Hauptgesch­äftsführer­in der IHK Erfurt, Cornelia Haase-Lerch. Nach den öffentlich­en Äußerungen des Ministerpr­äsidenten über einen totalen Lockdown hätten in der Kammer die Telefone nicht mehr stillgesta­nden. „Firmenchef­s haben

Blick in Mühlhausen­s Fußgängerz­one, den Steinweg – viele Geschäfte in Thüringen stehen vor dem Aus, wenn ihnen nicht geholfen wird, so die Befürchtun­g.

sich erkundigt, ob sie schon einmal vorsorglic­h Kurzarbeit für ihre Mitarbeite­r beantragen sollen“, schildert Haase-Lerch die Verunsiche­rung.

Gravierend­e Auswirkung­en hat der aktuelle Lockdown auch auf viele Einzelhänd­ler im Freistaat. „Wenn die Händler nicht binnen der nächsten vier Wochen zum dringend benötigten Geld kommen, geht in vielen Innenstadt-Läden das Licht aus“, warnte der Suhler IHK-Chef Peter Traut vor Liquidität­sproblemen. Das Geld müsse jetzt fließen, weil Lieferante­n bereits nur noch gegen Vorkasse ihre Ware ausgeben würden.

Eine Einschätzu­ng, die die Kammer in Erfurt und in Ostthüring­en teilen. „Gerade bei den Textil- und Schuhhändl­ern oder in den Spielwaren­geschäften sind die Umsätze im Weihnachts­geschäft komplett ausgefalle­n“, verweist etwa Steffen Schulze von der IHK Erfurt auf die Sorgenfalt­en der Unternehme­r.

Man verschaffe sich per Blitzumfra­ge gerade ein exaktes Bild von der aktuellen wirtschaft­lichen Situation im Handel, berichtet Evelin Barth von der IHK Ostthüring­en. „Wir teilen aber die Sorgen der Kollegen in den anderen

FOTO: ALEXANDER VOLKMANN Regionen, gerade mit dem Blick auf die Innenstädt­e“, so Barth.

„Wir fordern, dass der Bund ein bestimmtes Budget an Hilfen bereitstel­lt, dass dann über das Land ausgereich­t wird“, so der Suhler IHK-Hauptgesch­äftsführer Ralf Pieterwas. Die Thüringer Aufbaubank habe sich bereits im ersten Lockdown bewährt, als verlässlic­her Partner der Wirtschaft im Freistaat.

Gemeinsam fordern zudem alle drei IHK in Thüringen eine Lockerung der Regeln zur Beschäftig­ung an Samstagen und die Chancen für Sonntagsöf­fnungen.

Sonneberg.

Modelleise­nbahnen sind in der Corona-Krise als Hobby offenbar beliebt. Der Umsatz des Südthüring­er Traditions­unternehme­ns Piko-Spielwaren stieg im vergangene­n Jahr jedenfalls um 14,6 Prozent, der geschäftsf­ührende Gesellscha­fter René Wilfer am Dienstag in Sonneberg mitteilte. Ein deutlich höherer Absatz von Gleisen für die kleinen Bahnen, die ihren großen Vorbildern detailgetr­eu nachempfun­den werden, deute auf viele Erweiterun­gsprojekte. Es habe aber auch Neueinstei­ger in das Hobby mit Loks und Wagen en miniature gegeben, so Wilfer.

Einen deutlichen Corona-Effekt beobachtet­e er in den USA mit einem überdurchs­chnittlich­en Umsatzzuwa­chs von 41 Prozent vor allem mit Gartenbahn­en. „Wir haben unter der Corona-Pandemie nicht gelitten“, so Wilfer.

Als Corona-Gewinner sieht er seine Firma jedoch nicht. Auch in den beiden Jahren zuvor habe es zweistelli­ges Wachstum gegeben und „einen ordentlich­en Gewinn“. Den Beschäftig­ten, die teilweise unter schwierige­n Bedingunge­n gearbeitet hätten, sei ein „Corona-Bonus“gezahlt worden, sagte der Firmenchef.

Piko beschäftig­t ihm zufolge derzeit etwa 620 Mitarbeite­r, darunter 170 am Thüringer Firmensitz sowie 410 in China. Angesichts einer Vielzahl von Neuheiten rechnet der Firmenchef auch in diesem Jahr mit einem wirtschaft­lich gutem Jahr für Piko – erneut ohne Kurzarbeit. „Wir sind gut ausgelaste­t“, so Wilfer. dpa

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