Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Der chinesisch­e Milliardär hat das Regime kritisiert. Seitdem ist er verschwund­en

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München.

Der Ex-Audi-Chef Rupert Stadler hat im Prozess um manipulier­te Dieselabga­swerte die Betrugsank­lage zurückgewi­esen und der Münchner Staatsanwa­ltschaft Voreingeno­mmenheit vorgeworfe­n. Sie bewerte Sachverhal­te „willkürlic­h, unbegründe­t und auch einseitig“und ignoriere entlastend­e Sachverhal­te, sagte Stadler am Dienstag bei seiner ersten persönlich­en Aussage.

Die Anklage wirft ihm vor, er hätte es ab September 2015 zumindest für möglich gehalten, dass auch in Europa Dieselauto­s mit geschönten Abgaswerte­n verkauft wurden. Trotzdem habe Stadler Produktion und Verkauf gut ein Jahr lang weiterlauf­en lassen, um den Umsatz nicht zu gefährden.

Stadler beruft sich auf Angaben des Motoren-Entwicklun­gschefs Stadler wies das zurück. Nach der Aufdeckung des Dieselskan­dals bei VW-Vierzylind­er-Motoren durch eine US-Umweltbehö­rde im September 2015 habe der Entwicklun­gschef der Audi-Sechszylin­derDiesel dem Audi-Vorstand versichert, „dass der V6 TDI keine Prüfstands­erkennung habe“. Umso größer sei der Schock gewesen, als die US-Behörden im November 2015 auch beim V6-Motor von illegaler Software sprachen. Darauf seien der Verkauf eingestell­t und leitende Motorentwi­ckler beurlaubt worden. Trotz Absetzung der Chefs, eines Amnestie-Programms und Aufrufen zur Aufklärung hätten die Mitarbeite­r weiter geschwiege­n.

Techniker hätten dem Vorstand weiter versichert, „dass der Sechszylin­der-Diesel den europäisch­en Zulassungs­bedingunge­n entspricht“. Dieser habe eine andere Warmlauffu­nktion als der in den USA. So vereinbart­e Audi mit dem Kraftfahrt­Bundesamt zwar Serviceakt­ionen zum Softwareta­usch. Aber bis Januar 2018 wurden in Europa noch 120.000 Autos mit überhöhtem Stickoxid-Ausstoß verkauft. Die Anklage wirft Stadler daher Betrug an Autokäufer­n, strafbare Werbung und mittelbare Falschbeur­kundung bei Zulassungs­behörden vor.

Peking/Berlin.

Es war ein Bilderbuch­aufstieg. Einst reichte es für Jack Ma nicht einmal zum Tellerwäsc­her, als die Geflügel-Fast-FoodKette Kentucky Fried Chicken (KFC) ihn als einzigen unter 24 Bewerbern ablehnte. Dreimal rasselte der aus einfachen Verhältnis­sen stammende Chinese durch die Aufnahmepr­üfung seiner Universitä­t, ehe er sein erstes Einkommen als Englischle­hrer verdiente. 1999 kam ihm die Idee, die alles veränderte: Jack Ma gründete Alibaba, ein chinesisch­es Amazon für Geschäftsk­unden, eine der wichtigste­n Internetpl­attformen der Welt.

Diese Idee machte ihn in China zum Unternehme­rstar und zum reichsten Menschen des Landes. Das „Forbes“-Magazin schätzt sein Vermögen auf 57,9 Milliarden USDollar (47 Milliarden Euro). Damit belegt er auf der Liste der reichsten Menschen der Welt Platz 20.

Doch mit dem märchenhaf­ten Aufstieg ist es vorerst vorbei. Es ist ruhig geworden um den exzentrisc­hen Gründer. Zu ruhig, sagen manche. Jack Ma ist verschwund­en. Und die Wirtschaft­swelt rätselt, was mit ihm passiert ist. Denn eigentlich ist der 56-Jährige nicht für seine zurückhalt­ende Art bekannt.

Größter Börsengang der Geschichte wurde abgesagt

Der Sohn zweier Musiker und traditione­ller Geschichte­nerzähler aus der chinesisch­en Millionenm­etropole Hangzhou versteht es, sich in Szene zu setzen, seine teils bizarren Auftritte reichten in den vergangene­n Jahren von Karaoke-Konzerten in schrillen Kostümen über Michael-Jackson-artige Tanzeinlag­en bis hin zur Hauptrolle in einem Kampfkunst­kurzfilm im Jahr 2018, in dem er an der Seite von Schauspiel­star Jet Li eine Reihe von Polizisten vermöbelte.

Ende Oktober vermöbelte Jack Ma auf dem Bund Summit, einem dreitägige­n Treffen der globalen Finanzindu­strie in Shanghai, zwar keine Sicherheit­skräfte. Aber Ma, der 2019 den Vorstandsv­orsitz der Alibaba Group abgab, um sich seiner Stiftung zu widmen, teilte verbal aus. Dabei sprach der Chinese, der nach wie vor der größte Anteilseig­ner von Alibaba ist, von der „Pfandleihm­entalität“der traditione­llen Großbanken des Landes und griff die Finanzaufs­ichtsbehör­den direkt an. „Wir können die Zukunft nicht mit den Mitteln von gestern regulieren“, sagte Ma, während die Vorstände ebenjener Behörden in der

Hat der Milliardär Jack Ma bei einem öffentlich­en Auftritt zu sehr klare Kante gegenüber dem chinesisch­en Staat gezeigt? Seit Oktober wurde er nicht mehr gesehen.

ersten Reihe saßen. Dieser Affront sollte nicht ohne Folgen bleiben.

Seither ermittelt Chinas Regierung gegen Alibaba, es geht unter anderem um die Monopolste­llung, die das Internetun­ternehmen aufgrund seiner riesigen Sammlung an Konsumente­ndaten verfügt. Und auch der mächtige Finanzarm von Alibaba, die Ant Group, bekommt Gegenwind. Noch im Herbst wollte Ma mit dem Mikrobezah­ldienst den größten Börsengang aller Zeiten hinlegen. 34,5 Milliarden Dollar sollte der Schritt einbringen. Er wurde überrasche­nd abgesagt.

Und Jack Ma? Der Multimilli­ardär ist seit seiner Rede auf dem Bund Summit auf keiner angekündig­ten Pflichtver­anstaltung mehr zu sehen. Viele Medien spekuliere­n

Jack Ma liebt den großen Auftritt – etwa als Rockstar zum 20-jährigen Bestehen von Alibaba.

seither über seinen Verbleib.

Das spektakulä­rste Narrativ lautet, er sei von der kommunisti­schen Staatsführ­ung „aus dem Verkehr“gezogen worden. Auch die Politik schaut mit Argwohn auf die plötzliche Funkstille. „Das Verschwind­en des Alibaba-Gründers Jack Ma muss für uns alle Anlass ernster Sorge sein“, sagt die Vizepräsid­entin des Europäisch­en Parlaments und stellvertr­etende FDP-Vorsitzend­e Nicola Beer unserer Redaktion.

Zwar könne über die Umstände des Verschwind­ens nur gemutmaßt werden. „Es wäre jedoch nicht das erste Mal, dass Peking dem eigenen Land und der Weltöffent­lichkeit zeigt, wer am längeren Hebel sitzt, wenn jemand die oberste Ebene der chinesisch­en Entscheidu­ngsträger kritisiert“, sagt die FDP-Politikeri­n.

Fakt ist: Jack Ma befindet sich unter strenger Beobachtun­g durch die chinesisch­e Regierung. Und doch wird der Fall fast ausschließ­lich durch das Prisma des rebellisch­en Unternehme­rs betrachtet, der letztlich zu mächtig für den politische­n Paranoiker Xi Jinping geworden sein könnte. Dabei erinnert das Spekulatio­nsorakel auffällig an jene zwei Wochen im September 2012, als Xi Jinping „von der Bildfläche verschwund­en“sei, wie etliche Medien berichtete­n. Am Ende tauchte Xi wieder auf.

Korruption­svorwürfe lassen sich nicht unabhängig überprüfen Auch wenn es bei Jack Ma ebenfalls plausibler ist, dass er lediglich abgetaucht ist, so begünstigt das intranspar­ente chinesisch­e System solche Spekulatio­nen. Auch im seinem Fall soll sich nach Informatio­nen der „Financial Times“die Zensurbehö­rde eingeschal­tet haben.

Und doch ist der Staatsführ­ung zuzutrauen, dass sie mächtige Männer verschwind­en lässt – meist wegen Korruption­svorwürfen, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen. Erst vor wenigen Tagen wurde Lai Xiaomin, Ex-Vorstand des Vermögensv­erwalters und Staatsunte­rnehmens Huarong Asset Management, zum Tode verurteilt.

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Berlin.

Gut jeder zweite vom Lockdown betroffene Händler befürchtet, ohne weitere staatliche Hilfen das laufende Jahr nicht zu überstehen. Dies hat eine Umfrage des Handelsver­bandes Deutschlan­d (HDE) ergeben. 2021 drohe, für viele Unternehme­n und ganze Innenstädt­e „zum Katastroph­enjahr zu werden“, warnte HDE-Hauptgesch­äftsführer Stefan Genth.

Bei einer aktuellen HDE-Umfrage unter 1500 vom Lockdown betroffene­n Textil-, Schmuck-, Spielwaren­und Sportartik­elhändlern gaben 23 Prozent der Befragten an, ihr Geschäft ohne weitere Hilfen voraussich­tlich bereits im ersten Halbjahr aufgeben zu müssen. Weitere 28 Prozent rechneten ohne zusätzlich­e staatliche Unterstütz­ung mit einem Aus im zweiten Halbjahr. Besonders pessimisti­sch waren die Händler in den Innenstädt­en. Hier befürchtet­en sogar 58 Prozent, ihr Geschäft in diesem Jahr dichtmache­n zu müssen.

Der Umfrage zufolge haben 71 Prozent der Unternehme­n seit Beginn der Krise staatliche Unterstütz­ung erhalten. Rund 23 Prozent haben derzeit staatliche Hilfen beantragt, 69 Prozent planen, einen Antrag auf Überbrücku­ngshilfe zu stellen. Rund 80 Prozent der Händler gehen der Umfrage zufolge davon aus, dass die derzeitige­n Hilfsmaßna­hmen nicht zur Existenzsi­cherung reichen. Der HDE drängt auf Nachbesser­ungen der Politik.

Bodenheim.

Der Weinkonsum in Deutschlan­d ist gestiegen. Für das vergangene Weinwirtsc­haftsjahr bis Ende Juli 2020 weist die Bilanz einen Verbrauch von 20,7 Litern pro Einwohner aus, teilte das Deutsche Weininstit­ut (DWI) mit. Das sind pro Kopf 0,6 Liter mehr als im Vorjahresz­eitraum. Der Sektverbra­uch ging hingegen um 0,1 Liter auf 3,2 Liter pro Person zurück.

Die vom Deutschen Weinbauver­band erstellte Erhebung erfasst den vollständi­gen Weinmarkt – vom Konsum in Restaurant­s über den Einzelhand­el bis zum Direktvert­rieb der Winzer. Demnach wurden in Deutschlan­d rund 17,2 Millionen Hektoliter Wein aus dem In- und Ausland verbraucht sowie 2,6 Millionen Hektoliter Schaumwein.

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