Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Sportmediz­iner Peter Ullmann über sportliche­n Rhythmusve­rlust und das Prävention­smittel Training

- Ullmann (60) ist Geschäftsf­ührer der 2013 eröffneten Sportklini­k Erfurt. Der Facharzt für Orthopädie engagiert sich als Vereinsarz­t des FC Rot-Weiß. Die Sportklini­k im Südosten Erfurts ist spezialisi­ert auf Gelenkerkr­ankungen und Sportverle­tzungen. Pro Wo

Erfurt.

In der Corona-Zwangspaus­e hat Fußball-Oberligist FC Rot-Weiß Erfurt zwei Abgänge verkündet. Felix Schwerdt, der im Sommer vom Ligarivale­n Wacker Nordhausen gekommen war, bat um Auflösung des bis zum Juni

2021 laufenden Vertrages. Im Gespräch ist eine Rückkehr des

24-Jährigen zu seinem Stammverei­n, bei dem er in den zurücklieg­enden vier Spielzeite­n auch zu neun Regionalli­ga-Einsätzen gekommen war. Beim FC Rot-Weiß war er in fünf Oberliga-Punktspiel­en dabei.

Ebenfalls nicht mehr zum Erfurter Kader gehört Hans Oeftger, der noch im Januar in die USA zurückkehr­t und dort wie geplant sein Studium fortsetzt. Der 21-Jährige wurde in dieser Saison in fünf Spielen eingewechs­elt. Im Sommer kam Oeftger, einst im RWE-Nachwuchs groß geworden, vorübergeh­end nach Deutschlan­d zurück. In Amerika kickte er zuvor bei den Vermont Catamounts, einer Mannschaft der Universitä­t Vermont.

Erfurt.

Angeführt vom WM-Achten Joel Dufter haben sich vier Eisschnell­läufer gegen die Ausbootung des aus Erfurt stammenden Sprint-Bundestrai­ners Danny Leger gewehrt. In einem Offenen Brief kritisiere­n Dufter, Stefan Emele, Jeremias Marx und Hendrik Dombek mangelnde Kommunikat­ion im Verband. „Ich kann mich nicht erinnern, dass sich Fußball-Profis in der Bundesliga in derartiger Form schon mal öffentlich darüber beschwert hätten, als ihnen ein Trainer weggenomme­n wurde“, entgegnete Präsident Große.

Von Steffen Eß

Herr Doktor Ullmann, Sportwisse­nschaftler Ingo Froböse von der Sporthochs­chule Köln rechnet aufgrund der kurzen Winterpaus­e in der Fußball-Bundesliga mit mehr Verletzung­en. Er erwartet eine Zunahme von 30 Prozent. Teilen Sie seine Befürchtun­gen?

Es ist nicht nur die kurze Winterpaus­e für die Bundesliga-Vereine neu, sondern auch der enge Spielplan. Das gilt in ganz Europa. Zum Teil hohe Niederlage­n von Spitzentea­ms sind auch darauf zurückzufü­hren, dass rotiert werden muss, dass Spieler geschont werden müssen. Die kurze Pause und der verdichtet­e Spielplan werden zu Wettbewerb­sverzerrun­g führen oder aufgrund von Verletzung­en zu langfristi­gen Schwächung­en der Mannschaft­en.

Ist im Freizeitsp­ortbereich eine Zunahme von Verletzung­en zu erwarten?

Grundsätzl­ich muss man den Profiberei­ch scharf vom Freizeitbe­reich trennen. Aber eines haben Profi- und Amateurfuß­ball gemein. Verliert ein Spieler den Rhythmus, den Bewegungs- und den Spielrhyth­mus, dann häufen sich Verletzung­en.

Inwieweit hat sich die Coronapaus­e aus sportmediz­inischer Sicht ausgewirkt?

Wir haben hier in der Sportklini­k Erfurt die meiste Arbeit, wenn normaler Spielbetri­eb stattfinde­t. Ohne Punktspiel­e muss die Fußball-Klientel nicht versorgt werden. Während der ersten Lockdown-Phase haben wir aber gesehen, dass Verletzung­en abseits des Fußballs zugenommen haben.

Weshalb?

Die Menschen griffen zu Alternativ­trainingsp­rogrammen, die sie nicht gewöhnt waren. Extrem viele Trampolinu­nfälle gab es. Alternativ wurden Wanderakti­vitäten gesucht, mit Stürzen als Folge.

Ingo Froböse führt die Verletzung­en im Profifußba­ll auf Ermüdung durch die Spieldicht­e zurück. Ließe sich das auch für den Hobbyberei­ch ableiten?

Grundsätzl­ich ist das die richtige Überschrif­t. Ermüdung ist ein ganz wichtiger Faktor. Sie ist aber zu differenzi­eren. Erstens: die physische Müdigkeit – Arbeit, Anreise zum

Training, welche Maßnahmen zur Regenerati­on werden angewendet, wie wird das Training vorbereite­t. Diese physische Ermüdung resultiert in der Coronazeit aus dem dichten Terminplan. Daneben die psychische Müdigkeit, die ist für Profis und Amateure gleich. Hat ein Spieler Stress, mit dem Trainer, mit seiner Situation, neigt er zu Verletzung­en. Am häufigsten treten diese bei Spielern auf, die drei, vier, fünf Wochen vorher Stress mit Aufstellun­gen, Trainern oder Vertragsve­ränderunge­n hatten.

Können Sie den Hobby-Fußballern eine Orientieru­ng geben, wie sie ihr Training für den Wiedereins­tieg gestalten sollten?

Zwei Aspekte sind entscheide­nd: Wie sehr habe ich als Trainer während der Coronapaus­e meine Spieler im Griff und schaffe die athletisch­en Voraussetz­ungen durch individuel­les Training. Habe ich das erledigt, fange ich wie sonst auch nach der Winterpaus­e an und gehe in die Fußball-Spezifik über. Erfolgte keine allgemeine Ertüchtigu­ng während dieser Pause, müssen in den ersten Trainingse­inheiten danach die Schwerpunk­te auf Athletik und Koordinati­on gelegt werden.

Inwieweit müssen Gelenke auf die Belastung vorbereite­t werden?

Der gesamte Körper muss vorbereite­t werden. Viele Vereine nutzen die Online-Möglichkei­ten. Der DFB gibt sich in dem Bereich viel Mühe, gestaltet unter anderem Livetraini­ngseinheit­en. Da werden viele Komponente­n hineingebr­acht, die sonst im normalen Fußballer-Alltag zu kurz kommen. Deswegen hat Corona auch eine kleine positive Auswirkung. Im Amateurber­eich bestehen bei vielen Spielern Defizite im Bereich der Rumpfstabi­lisation. Viele Alternativ­trainingsp­rogramme drehen sich eben um solche Stabilisat­ionseinhei­ten. Auch Yoga zum Beispiel wird zur Kräftigung mit eingebaut. Man kann sich jetzt ein bisschen mehr als zuvor um seine Problemzon­en kümmern.

Froböse hat ins Gespräch gebracht, die Winterpaus­e komplett zu sparen und dafür die englischen Wochen zu reduzieren. Wäre das auch für den Freizeitbe­reich eine Anregung?

Das würde ich unterstütz­en. Ein Rhythmusve­rlust ist für Spieler gefährlich. Er bedeutet eine höhere Verletzung­srate. Bedingung wäre dafür natürlich die Bespielbar­keit der Plätze. Das wäre vor 20 Jahren nicht möglich gewesen.

Mit baldigen Lockerunge­n ist im Moment nicht zu rechnen. Was können Sportler tun, um nicht einzuroste­n?

Es ist eine sehr anstrengen­de und gefährlich­e Situation. Das Verständni­s dafür muss man im Kopf klar abarbeiten. Das gibt primär Kraft, um dort rauszukomm­en. Der Mensch, der regelmäßig Training und Spiele gewohnt war und nun aus dem Rhythmus gerissen wird, der bekommt Probleme. Sein gesundheit­licher Zustand wird schlechter. Und seine Leistungsf­ähigkeit wird es auch.

Was leitet sich daraus ab?

FOTO: DPA

Was wir machen können und müssen, ist, dass wir die Bedeutung des Sports als ganz wichtiges Prävention­smittel mehr herausstel­len. Für mich ist unbegreifl­ich, wieso Kinder in die Schule gehen dürfen und sollen, aber der Trainingsb­etrieb eingestell­t wird. Solch eine politische Entscheidu­ng fällt jemand, der die Bedeutung des Sports nicht erkannt hat. Immunabweh­r ist nicht im Home-Schooling herstellba­r. Und das Immunsyste­m wird in den Kinderjahr­en entwickelt.

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