Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Hat ein Mann den Stiefsohn missbraucht?
Angeklagter bestreitet die Taten vor Gericht
Gera. Am Landgericht Gera hat am Dienstag ein Prozess gegen einen 53 Jahre alten Mann aus dem Saale-Orla-Kreis begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm den sexuellen Missbrauch seines zur Tatzeit zehn Jahre alten Stiefsohnes vor.
Die zweite Strafkammer des Landgerichtes hatte den Mann im Jahr 2019 wegen drei Missbrauchsfällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Gegen den Richterspruch ging der Angeklagte erfolgreich vor dem Bundesgerichtshof in Revision. Die obersten Richter sahen das Urteil nicht ausreichend begründet und die Einordnung des Glaubwürdigkeitsgutachten des Opfers widersprüchlich. Der Stiefsohn hatte nur bei der ersten polizeilichen Vernehmung Angaben gemacht und diese später widerrufen.
Der Bundesgerichtshof verwies den Fall an eine andere Strafkammer des Landgerichtes zurück. Ursprünglich warf die Staatsanwaltschaft dem Mann 44 sexuelle Übergriffe im Jahr 2018 vor. Da ihn aber die andere Strafkammer in nur drei Fällen verurteilt hatte und das Verschlechterungsverbot gilt, werden nun im Prozess nur diese Fälle behandelt. Die Gesamtfreiheitsstrafe darf gegenüber dem ersten Urteil nicht steigen.
Der Angeklagte, der noch immer in Untersuchungshaft sitzt, bestreitet die Taten. Seine Verteidigerin Stephanie Hofmann verlas eine entsprechende Erklärung. Zu keinem Zeitpunkt habe er sexuelle Handlungen an seinen Stiefkindern vorgenommen. Er sei nicht pädophil, eine gewisse Freizügigkeit in der Familie normal. Die „Hygienekontrollen“aller zwei Tagen seien nicht sexuell motiviert gewesen, sondern auf Bitte der Mutter erledigt worden.
Der Mann betont in der Erklärung, keinen Einfluss auf Familienangehörige genommen zu haben, um ihre Aussagen vor Gericht zu beeinflussen. Das will die neunte Kammer unter Vorsitz von Harald Tscherner hinterfragen. Dafür lädt sie unter anderem einen Sexualstraftäter in den Zeugenstand, der vom Verhalten des Angeklagten aus der Haftanstalt berichten soll. Verhandlungstermine sind bis März angesetzt.