Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Strickwaren Peterseim in Mühlhausen will an Forschungsprojekt festhalten
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Von Claudia Bachmann
Mühlhausen.
Adaptieren oder ab ins Textilmuseum. Anton Schumann (45) findet klare Worte über die Anforderungen an Unternehmen in der Textilindustrie. Der Chemnitzer ist seit 2020 alleiniger Geschäftsführer des im Dezember 1990 gegründeten Unternehmen „Peterseim Strickwaren“in Mühlhausen.
Für den Erfolg braucht es laut Schumann Dreierlei: eine Story, Qualität und eine Nische. „Wir können keine Massenproduktion, aber ich bin überzeugt davon, dass man auch im Hochlohnland Deutschland ein funktionierendes Geschäftsmodell entwickeln kann.“Aktuell koste die Näh-Minute in Deutschland um die 44 Cent, in Rumänien zwölf, in Asien zwischen drei und vier Cent. Unterschiede, die sich im Verkaufspreis niederschlagen. Das 30. Unternehmensjahr war eines der schwierigsten: Schon im Frühjahr, in der ersten Corona-Welle, musste für die Mitarbeiter in Konfektionierung und Strickerei Kurzarbeit angemeldet werden. Das ist nun wieder der Fall.
Die Produktion von Medizintextilien – also Mund-NasenSchutz – hat das Unternehmen zumindest einigen Umsatz gebracht. Rund 30.000 Stück wurden laut Geschäftsführer verkauft. Inzwischen ist die Produktion eingestellt. Den letzten derartigen Großauftrag hat es im Oktober gegeben.
Viele Abnehmer von Bekleidung hatten und haben ihre Aufträge bei den Mühlhäusern storniert. Geschäfte waren und sind ebenso geschlossen wie Hotels. „Unsere Hotelshops sind teils erfolgreicher als unsere Innenstadtläden, weil Hotelgäste Zeit und Muße haben einzukaufen“, sagt Schumann.
Dass Deutschland im Lockdown ist und die Geschäfte geschlossen bleiben, sei fatal. „Vor allem in Österreich und in Bayern sind die Tage nach Weihnachten extrem wichtig für den Umsatz.“
Textilingenieur Schumann kommt aus Bayern und lebt nun mit Frau und Kindern in Chemnitz. In die sächsische Textilstadt kam er, um im Bereich technische Textilien zu arbeiten, nach Mühlhausen, um sich auch Mode-Textilien zu widmen.
2017 wurde er zu einem der drei Eigentümer der vom Heyeröder Helmut Peterseim gegründeten Firma. Peterseim hatte sich zurückgezogen, sein Name aber bleibt. Schumann sieht die aktuelle Situation als Chance.
ARCHIV-FOTO: DANIEL VOLKMANN
Produziert wird „Georg Maier“und „The Guestlist“. In den vergangenen Monaten haben Chefs verschiedener kleiner bis mittelgroßer Marken aus Europa beim Traditionsunternehmen nachgefragt, ob es für sie produzieren kann. „Unser Vorteil ist: Wir können auch kleinere Margen liefern.“
Festhalten will man an einem Forschungsprojekt: dem Basalt-Gestrick. 2017 hatte die Firmengruppe eine innovative Lösung für den Schutz von Fundamenten für Brücken, Windräder und andere Objekte im Meer vorgestellt. Durch die Kombination eines innovativen Gestricks und eines leistungsfähigen Garns können Wartungskosten auf bis zu 40 Prozent reduziert werden. Inzwischen gibt es laut Schumann erste kleine Verkäufe an Lachsfarmen und Ölplattformen.
Erfurt.
Die Nachwuchsprobleme im Thüringer Handwerk verschärfen sich durch die Corona-Pandemie zusätzlich. Im Ausbildungsjahr 2020/21 seien nach Schätzungen etwa fünf Prozent weniger Azubis in den Betrieben gestartet, sagte der Geschäftsführer des Thüringer Handwerkstags, Thomas Malcherek, auf Anfrage in Erfurt. Zudem bestehe die Sorge, dass unter den Bedingungen des Lockdowns die Angebote zur Berufsorientierung für Schüler noch weiter zurückgingen.
Einige Ausbildungsbetriebe befürchteten zudem, dass nicht alle Berufsschulen ausreichend gut auf virtuellen Unterricht vorbereitet sind. „Es besteht die Sorge, dass es zu Defiziten in der schulischen Ausbildung kommen kann.“
Schwierig ist nach Angaben von Malcherek die Situation der jungen Leute, die nach dreieinhalbjähriger Ausbildung Ende Januar ihre Gesellenprüfung ablegen. Das betreffe vor allem Metallund Elektroberufe. „Auch oder gerade in schweren Zeiten brauchen Auszubildende eine klare Perspektive, wann sie ihre Lehrzeit abschließen und in den Beruf einsteigen können.“
Ein weiteres Problem sei, dass eine Reihe von Ausbildungsbetrieben wegen der Corona-Einschränkungen derzeit nicht arbeiten könne. Für sie gebe es das Programm „Ausbildungsplätze sichern“des Bundes. Die Voraussetzungen für die Zahlung von 3000 Euro pro Auszubildendem seien vereinfacht worden. Damit könnten mehr Betriebe davon profitieren. Zudem habe Thüringen seine Förderung bis zum Ende des Ausbildungsjahres 2020/2021 verlängert. dpa