Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Die Digitalwährung erlebt in der Pandemie einen Höhenflug. Das freut auch Betrüger und Erpresser
Berlin.
Im Juli 2019 kommt es zu einem Aufruhr beim Deutschen Roten Kreuz in Mainz. Cyberkriminelle greifen die Trägergesellschaft der Organisation an. Hacker verschlüsseln mithilfe von Schadsoftware die IT-Systeme in mehreren Einrichtungen. Im Internet betreiben die Erpresser eine Webseite, auf der sie Lösegeld fordern. Zahlung: in Bitcoin – der bekanntesten verschlüsselten Kryptowährung.
Es ist ein Fall von vielen, in denen Cyberkriminelle ihre Geschäfte per Bitcoin abwickeln. Und es sind Fälle, die viele Investoren und Anhänger von Kryptowährungen nicht gerne wahrnehmen. Eigentlich wollen sie wegkommen vom Schmuddelimage der digitalen Währung, die berüchtigt ist für ihre Popularität in den verschlüsselten hintersten Ecken des Internets, dem Darknet.
70 Prozent sind wohl kriminelle Geschäfte
Vor drei Jahren erlebte der Bitcoin schon einmal einen Rausch, stieg über die Marke von 20.000 Dollar, ehe er krachend in sich zusammenstürzte und ein Jahr später nur noch ein Sechstel wert war. Doch mit der Corona-Krise nehmen die digitalen Währungen neuen Anlauf.
Der Bitcoin hat sich seit seinem Corona-Tief fast verzehnfacht, kletterte über die Marke von 42.000 Dollar (34.500 Euro). Digitale Goldgräberstimmung macht sich Anzeige
HH
Setzt in der Corona-Krise zum neuen Höhenflug an: der Bitcoin.
breit, erstmals sind die Kryptowährungen, die neben Bitcoin Namen wie Ether, Tether oder Ripple tragen, zusammengenommen über eine Billion Dollar wert.
Die als Zockerwährung verschrienen digitalen Münzen werden wieder ans Licht geholt – dieses Mal mit prominenter Unterstützung. Paypal etwa will Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren, ein „Ritterschlag für die Branche“, wie Finanzexperte Timo Emden findet. „Das schafft Vertrauen. Es ist ein Schlüsselmoment, durch den sich andere Unternehmen jetzt auch
Eine Marke der FUNKE MEDIENGRUPPE trauen und folgen“, sagt der Blockchain-Experte der Frankfurt School of Finance and Management.
Mit dem Vertrauen springen auch immer mehr Großinvestoren auf den Zug auf. Das hat Folgen. Während die klassischen Krisenwährungen Gold und Silber zwar bis August eine Rally hinlegten, danach aber wieder etwas zurückkamen, legten die Kryptowährungen mit der zweiten Corona-Welle im Herbst erst richtig los. Bitcoin scheint zur neuen Krisenwährung zu werden. Aber ist er schon das neue Gold?
„Gold und Bitcoin sind zumindest vergleichbar“, sagt Thu Lan Nguyen, Senior-Devisenstrategin bei der Commerzbank. „Beides sind knappe Güter und erfüllen nicht die klassische Definition von Geld, sie werden beispielsweise kaum für reale Transaktionen verwendet. Und beide werden von den derzeitigen Inflationsängsten, insbesondere aus den USA, befeuert.“Die expansive Geldpolitik wiederum befeuere die Inflationsängste weiter, und auch eine anziehende Konjunktur könne die Sorgen vor einer Geldentwertung schüren. Rosige Zeiten
8-tägige Flugreise nach Island also für Edelmetalle – und auch für ihre digitalen Pendants.
Während die Notenbanken immer mehr Geld drucken, ist der Bitcoin limitiert. Es wird nie mehr als
21 Millionen Stück geben, so sieht es der Code vor. 18,8 Millionen Bitcoin sind bereits auf dem Markt. Diese künstliche Knappheit lässt die Fantasie sprießen: Der leitende Analyst der Citibank, Thomas Fitzpatrick, ließ im vergangenen November verlautbaren, der BitcoinPreis könne auf bis zu 318.000 Dollar pro digitaler Münze steigen. Emden warnt: „Das ist irreführend. Es suggeriert, dass es eine sichere Wette ist. Das hat aber eher was mit Casino zu tun.“
In diesem Casino scheinen derzeit viele mitspielen zu wollen. Das freut auch die einstige Kernklientel des Bitcoins, dubiose Gestalten in der Unterwelt. Sicherheitsexperten sprechen schon von einer ganz eigenen „Branche“, der Bitcrime. Die IT-Analysten von Cybersecurity Ventures rechnen damit, dass 2021 rund 70 Prozent aller Kryptomünzen durch kriminelle Geschäfte erwirtschaftet werden.
Allein in der Asservatenkammer des Bundeskriminalamts landeten
2019 knapp 12,5 Millionen Euro beschlagnahmter Kryptowährung.
2018 waren es noch 5,5 Millionen. Die Ermittler gehen davon aus, „dass die Attraktivität von Kryptowährungen für Cyberkriminelle auch in Zukunft weiter ansteigen dürfte“, teilte das BKA auf Nachfrage unserer Redaktion mit.
Wolfsburg.
Die Corona-Krise hat den Verkäufen des VolkswagenKonzerns 2020 einen Dämpfer verpasst – bei E-Fahrzeugen geht es aber voran. Insgesamt sanken die Auslieferungen der weltgrößten Autogruppe um 15,2 Prozent auf rund 9,3 Millionen Fahrzeuge, teilte VW mit. Deutliche Zuwächse gab es bei Autos mit alternativen Antrieben: Für reine Elektrofahrzeuge meldete der Konzern 2020 mehr als eine Verdreifachung auf knapp 232.000 Stück, bei Plug-in-Hybriden eine Steigerung um 175 Prozent auf über 190.000 Exemplare.
In Summe machte der Nachfragerückgang den Wolfsburgern wie vielen anderen Herstellern zu schaffen. Besonders schwach waren die Auslieferungen in Westeuropa mit einer Abnahme um fast 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr, in Deutschland wurde der Konzern knapp 1,1 Millionen Wagen los (minus 19,5 Prozent). Auch in der Region Nordamerika war der Rückgang beträchtlich (17,4 Prozent), in den USA selbst lief es leicht besser (minus 12,1 Prozent).
Im wichtigsten Markt China (minus 9,1 Prozent) kamen die VWMarken etwas glimpflicher davon. In Südamerika mit Brasilien blieb die Lage mit jeweils knapp einem Fünftel weniger Absatz kritisch. Der Anteil elektrifizierter Autos legte in Deutschland von 1,5 Prozent im Vorjahr auf 11,6 Prozent zu.