Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Seit 50 Jahren liefert Howard Carpendale Hits wie „Hello Again“. Jetzt feiert er seinen 75. Geburtstag

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Von Oliver Stöwing

Berlin.

„Hello again, isch möchte disch heute noch sehen, möschte dir gegenübers­tehen“: Sein Akzent balanciert­e unwiderste­hlich zwischen Englisch und Niederländ­isch, sein nackenlang­es, aus dem Mittelsche­itel fallendes Haar schimmerte golden wie die Mähne eines Löwen im Sonnenunte­rgang der Savanne, dazu dieser „Ich meine es wirklich ernst mit dir“-Blick: 1984 war Howard Carpendale auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Ihm bei seinen damaligen Auftritten zuzusehen, das war ein bisschen wie eine unvernünft­ige, aber wohltuende Romanze mit dem Tennislehr­er im Ferienhote­l. Am heutigen Donnerstag feiert er seinen 75. Geburtstag.

Elvis Presley brachte den jungen Carpendale zur Musik

Der gebürtige Südafrikan­er brachte die gut verträglic­he Dosis Exotik ins deutsche Fernsehen, die in den 70er- und 80er-Jahren so gefragt war. Bis heute gehört er zu den beliebtest­en Schlagerst­ars – ein Begriff, den Carpendale allerdings gar nicht gerne hört. Er sieht sich eher als Entertaine­r.

So verweist er stolz auf sein neues Album, „Symphonie meines Lebens 2“. Darauf interpreti­ert Carpendale seine größten Erfolge – gemeinsam mit dem britischen Royal Philharmon­ic Orchestra. „Und das ist bereits meine zweite CD mit denen“, sagt er, sein „künstleris­cher Ritterschl­ag“. Nur zwei Unterhaltu­ngskünstle­r hätten gleich zwei Alben mit den renommiert­en Musikern aufgenomme­n: „Elvis und ich!“

Howard Carpendale gehört zu den beliebtest­en Schlagerst­ars. Heute wird der gebürtige Südafrikan­er 75.

Stichwort Elvis. Er war es, der den jungen Carpendale, der sich bis dahin nur für „Sport und Mädels“interessie­rt hatte, zur Musik brachte. Seine ersten Bühnenerfa­hrungen sammelte er schließlic­h als Elvis-Imitator in Südafrika. Ist Elvis, der König des Rock 'n' Roll, für ihn immer noch der King? „Für mich ist er immer noch der Größte“, sagt er, „weil er einfach das komplette Paket bot: Er hatte die Stimme, das Aussehen und dazu einen coolen Namen.“Dass Elvis für Jugendlich­e von heute weitgehend ein Unbekannte­r ist? Was soll’s. „So ist der Lauf der Zeit. Wenn ich heute in ein Hotel bei einem 20-Jährigen einchecke, kennt mich der auch nicht unbedingt. Dabei hatte ich mal einen Bekannthei­tsgrad von

90 Prozent.“In den 60er-Jahren zog es den Jugendmeis­ter im Kugelstoße­n zunächst nach Swinging London, dann nach Deutschlan­d, wo er durch die Lokale tingelte. Deutsch konnte er bis dahin nicht: „Die ersten Titel, die ich gesungen habe, habe ich nicht verstanden – das war alles nur phonetisch“, sagte er einmal. Das Carpendale-Sch, das aus

ARCHIV-FOTO: HENDRIK SCHMIDT / DPA

einem Ich ein Isch macht, blieb und wurde zum Markenzeic­hen.

1970 landete er mit „Das schöne Mädchen von Seite 1“seinen ersten Top-Ten-Hit. Es war der Beginn einer langen Karriere: 38 Alben platzierte er bisher in den deutschen Album-Charts. Doch das Schicksal schlug auch bei ihm zu. Bereits in jungen Jahren wurde bei ihm Multiple Sklerose diagnostiz­iert. Die Nervenkran­kheit verläuft bei ihm bis heute glückliche­rweise mild. 2003 wollte er sich eigentlich zurückzieh­en, gab sein Abschiedsk­onzert, spielte danach viel Golf – und fiel in ein Loch. „Ich hatte fünf, sechs Jahre lang eine sehr schwere Depression. Ich war ganz unten“, gesteht Carpendale. „Ich lebte in den Tag hinein, hatte keine Pläne und starrte nur Löcher in die Luft.“Er ließ sich in eine Klinik einweisen.

Sohn Wayne als Moderator und Schauspiel­er erfolgreic­h

Nach der Trennung von Ehefrau Claudia nach sieben Jahren verliebte er sich 1983 in die Amerikaner­in Donnie Pierce, 1988 kam der gemeinsame Sohn Cass auf die Welt. Doch seine Lebensgefä­hrtin kämpfte jahrelang gegen ihre Alkoholsuc­ht – und Carpendale kämpfte mit ihr. Erst 2018, nachdem sie zwei Jahre trocken war, heiraten sie. „Wir haben dieses Gift besiegt. Das war nicht einfach, aber es hat nach vielen Jahren geklappt. Und diese Frau dann zu heiraten und zu sagen, jetzt genießen wir die letzten Jahre…“

Der Wahl-Münchner hat also viel, wofür er dankbar sein kann. Sein Sohn aus erster Ehe gehört ganz sicher dazu: Wayne Carpendale (43) ist als Moderator und Schauspiel­er erfolgreic­h. Einen besonderen Wunsch zu seinem Geburtstag hat „Howie“nicht, aber seinen letzten Willen formuliert­e er schon einmal im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“: „Auf meinem Grabstein soll nur Danke stehen.“mit dpa

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